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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Rüstung des Gegners, und nur sein Grinsen erinnerte Vanessa noch an den jungen Mann von früher. Noch vor wenigen Wochen hatte sie ihn kaum ernst genommen, obwohl sie gewusst hatte, dass er sich für sie interessierte. Das hatte sich nun geändert. Dennoch vermisste sie sein schallendes Lachen, die Art, wie er sie immer aufgezogen hatte, und das freche Grinsen, das sie mehr als einmal vor die Wahl gestellt hatte, ihn entweder zu ohrfeigen oder zu küssen.
    »Wie geht es dir?«, fragte er nun leise. Vanessa bewegte vorsichtig ihre Schulter. Helge, der Heiler der Söldner, hatte sie nach dem Kampf notdürftig verarztet und ihr gesagt, dass es möglich wäre, dass sie nie wieder ihre volle Bewegungsfreiheit zurückgewinnen würde. Zu schwer war die Wunde, die der Kronok ihr geschlagen hatte.
    Doch Marten hatte sie noch in derselben Nacht nach Lytara zurückgeflogen und zu Barius, einem der Wächter und Priester Loivans, gebracht, der sich ihrer angenommen und seinen Herrn um Heilung für sie gebeten hatte. Tatsächlich hatte die Wunde danach sofort zu heilen begonnen.
    »Barius sagt, dass die Gnade seines Gottes die Heilung beschleunigt hat. Er meint, ich müsste meinen Arm bald wieder verwenden können. Die Narben werden aber bleiben«, fügte sie mit einem vorsichtigen Blick in Garrets Richtung hinzu.
    Garret schien ihn jedoch nicht zu bemerken. Statt dessen blickte er interessiert zu dem Platz vor der alten Börse hinüber, auf dem die Lytarianer ihr Lager aufgeschlagen hatten und von dem aus man nun, nachdem die einst stattlichen Häuser, die ihn umstellt hatten, in sich zusammengefallen waren, einen guten Blick bis hinunter zum alten Hafen besaß.
    Zwar konnte er nicht hören, was gesprochen wurde, aber Garret besaß gute Augen, und so entging ihm nicht, wie sich Pulver von Argors Vater abwandte und langsam zum Lager zurückging, während sich der Zwerg zu einem weiteren Haufen Gefallener begab und die Leichen zur Seite zerrte, um zu sehen, ob Argor vielleicht unter ihnen lag.
    »Barius sagt, dass Loivan den Verwundeten ihre Narben lässt, damit sie sich mit Stolz daran erinnern können, einen gerechten Kampf gefochten zu haben«, antwortete er schließlich doch noch und zog sie sachte an sich heran. »Ich danke den Göttern dafür, dass du lebst, da werden mich ein paar Narben wohl kaum stören!« Er blickte ihr tief in die Augen. »Nur wäre es mir recht, wenn keine weiteren mehr dazukämen.«
    »Das wird sich zeigen. Wenn ihr noch einmal ausgesandt werdet, werde ich euch jedenfalls wieder begleiten«, teilte sie ihm entschlossen mit. »Und weder du noch Tarlon werdet mich davon abbringen können.«
    »Tarlon wird es nicht einmal versuchen«, sagte Garret sanft und zog sie fester an sich.
    »Und du?«
    Garret warf ihr einen gespielt überraschten Blick zu. »Ich? Ich bin froh, wenn wir jemand bei uns haben, der mich verteidigt«, grinste er, und dieses Mal fiel ihr die Wahl nicht schwer. Sie küsste ihn.
     
    Tarlon und Hernul tauschten Blicke, während sie den letzten Tisch vom Wagen hoben. »So ganz weiß ich nicht, was ich davon halten soll«, vertraute sich Hernul seinem Sohn an, der daraufhin nur mit den Schultern zuckte und eine der schweren Bänke alleine vom Wagen hob. Nur noch drei Bänke, dann waren sie fertig. »Es war unausweichlich, Vater«, sagte Tarlon und griff nach der nächsten Bank. »Die beiden sind schon umeinander herumgeschlichen, als sie dir noch nicht einmal bis zur Hüfte gingen.«
    Hernul lachte leise. »Das hört sich an, als ob du selbst nie so klein gewesen wärst«, sagte er dann und wischte sich den Schweiß ab. Auch er blickte zu dem Platz vor der alten Börse hinüber, und eine steile Falte tauchte auf seiner Stirn auf. Trotz der frischen Brise, die vom Meer her zog und die Zeltbahnen leicht im Wind wehen ließ, war es einer dieser Sommertage, an denen die Göttin es gut mit ihnen meinte. Über ihnen erstreckte sich ein strahlend blauer Himmel, und es war angenehm warm. Zwar stand hier und dort noch ein Wölkchen am Firmament, aber ansonsten deutete nichts mehr darauf hin, dass gestern noch einer der schlimmsten Stürme über sie hinweggefegt war, den Hernul je erlebt hatte. Die Freude über das schöne Wetter wurde jedoch durch den Blick auf den Berg von Leichen getrübt, der dort unten immer größer wurde. Mittlerweile musste man sich sogar schon fragen, woher man nur all das Holz nehmen sollte, um die Toten zu verbrennen.
    Tarlon folgte seinem Blick, nickte seinem Vater

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