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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Schreibtisch Platz. Wobei er es absichtlich versäumte, seinem Gast einen Sitzplatz anzubieten. Einen kurzen Moment meinte der Graf Empörung in den Augen des Baron aufblitzen zu sehen, und so lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und wartete. Schon bevor der Baron zur Tür hereingekommen war, hatte der Graf gewusst, wie er mit ihm verfahren wollte, aber erst jetzt, nachdem er den Mann vor sich hatte, war er sich auch sicher, dass er es nicht bereuen würde. Kein Wunder, dass dem Grafen von Berendall nachgesagt wurde, er habe wenig Geduld mit seinen Baronen. Er, Lindor, hätte wohl gar keine gehabt.
    »Was wünscht Ihr?«, fragte er nach einer längeren Pause, die den Mann sichtlich irritierte.
    »Ich bin gekommen, um dem Kanzler des mächtigen Reiches Thyrmantor meine Dienste anzubieten«, antwortete der Baron in gesetzten Worten, als auch ihm klar wurde, dass die erwartete Einladung, Platz zu nehmen, wohl ausbleiben würde.
    »Warum?«, fragte Lindor.
    Der Baron blinzelte, eine solche Frage hatte er nicht erwartet. Doch er fing sich schnell wieder. »Weil es die bessere Wahl ist!« Er beugte sich mit einem vertraulichen Lächeln vor. »Und ich mich gerne auf der Seite des Gewinners befinde.«
    Das glaube ich dir sofort, dachte Lindor. »Das meinte ich nicht«, wies er den Mann zurecht. »Ich wollte eher wissen, warum der Kanzler, Eurer Meinung nach, Eure Dienste in Anspruch nehmen sollte?«
    »Ich verstehe nicht …«, stammelte der Baron überrascht. »Ich bin hier, um meinen Lehnseid auf den Kanzler abzulegen.«
    »Ich weiß. Doch noch einmal, warum sollte der Kanzler Eurer bedürfen?«
    »Nun«, begann er, »ich verfüge über ausgedehnte Ländereien und eine schlagkräftige Armee. Zum anderen kenne ich die anderen Barone und habe Zugang zum Grafen von Berendall. Ich versichere Euch, ich bin bereit, den Kanzler in vollem Umfang zu unterstützen. Zu lange schon haben diese Lande unter der unsicheren Herrschaft des Grafen gelitten.«
    »Das sind klare Worte«, bemerkte Lindor scheinbar anerkennend. »Und Ihr seht aus wie ein Mann, den man beim Worte nehmen kann. Nun gut, ich erwarte daher, dass Ihr uns als Zeichen Eurer Zuverlässigkeit vierzig Ochsen und zehn Wagen mit Mehl zukommen lasst. Danach reden wir weiter. Ihr seid entlassen.«
    Einen Moment lang stand der Baron regungslos, dann aber plusterte er sich auf wie ein Frosch. »Guter Mann, habt Ihr eine Ahnung, mit wem Ihr hier sprecht?«
    »Ja, mit einem zweitklassigen Baron, der seine Ländereien ausbluten lässt. Einem Mann mit schlechtem Geschmack und einem Heer unzuverlässiger Söldner. Ihr wollt Thyrmantor dienen? So tut es. Ich erwarte Eure Lieferung in Bälde.«
    »So könnt Ihr nicht mit mir reden!«, beschwerte sich der fassungslose Mann.
    »Ich tue es doch gerade«, meinte Lindor und stand auf. »Die Audienz ist hiermit beendet. Ihr könnt gehen. Aber wenn Ihr es wünscht, kann ich es auch einrichten, dass man Euch aus dem Lager eskortiert. Der Götter Segen mit Euch.«
    »Aber …«, begann der Baron, doch Lindor ignorierte ihn.
    »Heskel!«, rief er, worauf die Tür aufsprang und der Leutnant im Türrahmen strammstand. »Der Baron möchte gehen. Geleitet ihn hinaus.«
    Der Baron schüttelte sich wie ein nasser Hund und warf Lindor einen giftigen Blick zu.
    »Das, Graf«, sagte er mit schneidender Stimme, »war Euer größter Fehler.«
    Wohl kaum, dachte der Graf. Es ist nicht Euer Antlitz, das mich in meinen Träumen verfolgt.
    Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Baron um und stapfte aus dem Zimmer. Leutnant Heskel schloss die Tür hinter ihm und musterte den Grafen neugierig.
    »Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Mann in so kurzer Zeit so viele Feinde zu schaffen vermochte«, wagte er dann anzumerken.
    »Meint Ihr damit ihn oder mich?«, fragte der Graf belustigt.
    »Euch. Mit Verlaub, Ser!«
    »Wie ich sehe, habt ich auch den Mut, freiheraus zu sprechen. So ist es gut Heskel, denn ich schätze es nicht, wenn lange um den heißen Brei herumgeredet wird!« Lindor lachte leise. »Und Ihr habt sicherlich Recht, mit dem, was Ihr sagt. Aber ich mag einfach keine Stutzer, das werdet Ihr sicher bereits bemerkt haben.«
    »Es ist mir aufgefallen«, bemerkte Heskel, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich werde jedweden Brokat aus meinem Schrank verbannen.« Er seufzte übertrieben. »Es wird gewiss nicht einfach sein, besitze ich doch hunderte solcher Wämser.«
    Der Graf lachte erneut.
    »Ihr seid ein Mann ganz nach meinem Geschmack, Heskel,

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