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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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ewig sind, hätte ich nicht gedacht, Euch jemals wieder zu sehen, und ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich froh darüber bin.«
    »Wenn du willst, gehe ich wieder«, sagte sie leise.
    Hinter der ledernen Maske war ein Seufzer zu hören. »Das würde ich nicht wollen«, gab Ariel schließlich zu. Meliande trat an ihn heran und hob die Hand, um seine Maske zu berühren, doch er fing ihren Arm ab und drückte ihn leicht zu Seite.
    »Nicht«, bat er leise. »Bitte nicht.«
    »Ares«, begann sie, doch er schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich bitte Euch … ich bitte dich. Ich will nicht, dass du mich so siehst.«
    »Aber ich sah dein Gesicht doch schon in diesem Zustand. Als es noch blutend und schwarz war …«
    »Ist das so?«, flüsterte er beinahe. »Ich hatte es vergessen. Du warst da, nicht wahr? Habt Ihr … hast du mich aus dem Palast gebracht? Warst du diejenige, die mich im Fieber hielt, als ich schrie und um all das weinte, was war?«
    »Wir haben alle geweint an diesem Tag«, teilte ihm Meliande sanft mit. »Wir haben alle etwas verloren.«
    »Ich habe die Stadt brennen sehen«, fuhr er gequält fort, »doch wie kann das sein? Wie kann ich mich an die Flammen erinnern, die Feuerbrände und Explosionen, an den glühenden Stein und das brodelnde Meer, wenn ich doch keine Augen mehr besaß?«
    »Ich hielt dich, als wir oben an der Brücke standen. Du befandest dich bereits in einem tiefen Heilschlaf, in den dich die Hohepriesterin versetzt hatte, um deine Schmerzen zu lindern, aber ich wusste nicht, dass du die Geschehnisse um dich herum deshalb trotzdem noch wahrnehmen konntest. Ich denke, du hast gesehen, was ich in diesem Moment sah. Ich versuchte mich an einer Magie, versuchte dir etwas zurückzugeben von dem, was mein verfluchter Bruder dir genommen hatte. Mehr vermochte ich leider nicht für dich zu tun.«
    »Ich erinnere mich … du hast eine Magie gewirkt, die so mächtig war, dass es dich bald selbst getötet hätte. Hast du mir die Gabe gegeben, durch die Augen anderer zu sehen?«
    Einen Moment stand sie nur da und blickte auf die lederne Maske mit ihren feinen, kunstvoll aufgezeichneten Gesichtzügen.
    »Ja«, meinte sie dann. »Ich hatte die Macht dazu, also nutzte ich sie.«
    »Dann war es keine Einbildung? Dieser dünne Reif … du hast in dieser Nacht die Krone getragen, als du sie alle aus der Stadt herausgeführt hast! Deshalb hast du auch diese Magie wirken können, die so mächtig war, dass sie mir sogar heute noch das Licht der Welt zu schenken vermag!«
    »Es war die Krone und die Macht und die Gnade der Göttin«, antwortete sie leise. »Ihr musst du danken, nicht mir. Ich war nur ihr Werkzeug.«
    »Danken?«, fragte er bitter. Die Maske wandte sich ihr zu. »Verfluchen könnte ich dich, dich und die Göttin. Warum hast du mich nicht sterben lassen?«
    »Während all der Jahren müsstest du den Fehler, der meiner Magie zugrunde lag, gefunden haben«, sagte sie bestimmt. »Und damit auch die Antwort auf deine Frage.«
    »Den Fehler …« Er holte tief Luft. »Ich weiß nicht, ob es ein Fehler oder eine Offenbarung ist, nur durch die Augen derer sehen zu können, die einen lieben. Aber hättest du mich wahrlich geliebt, hättest du mich sterben lassen.«
    »Das konnte ich nicht.«
    »Aber du konntest dich später, nachdem du die ältesten Familien Lytars gerettet und unsere Kinder geboren hattest, in diesen steinernen Sarg einschließen lassen!«,  rief Ariel verbittert aus. »Kannst du dir vorstellen, wie es für mich war, dich hinter all dem Stein und der Magie zu spüren? Zu wissen, dass du dort bei lebendigem Leib stirbst und dennoch weiterlebst, während ich nichts dagegen tun konnte, weil ich wach in diesem dunklen Schlaf gefangen war? Ich sah und hörte alles, doch ich konnte nicht aus der Dunkelheit ausbrechen. Der Tod wäre leichter zu ertragen gewesen. Und dann, als ich endlich erwachte … Wie konntest du unsere Kinder zurücklassen! Wie konntest du mich zurücklassen? Kannst du dir auch nur annähernd vorstellen, wie es für mich war, endlich aus dem dunklen Schlaf zu erwachen und zu erfahren, dass mittlerweile Jahre vergangen waren?«
    »Nein«, antwortete Meliande. »Das konnte ich nicht wissen. Niemand konnte es wissen. Ares, niemand wusste während deines Schlafs, ob du noch am Leben oder bereits gestorben bist! Selbst deine Schwester vermochte es nicht zu sagen! Auch wusste niemand, wie man dir helfen konnte. Die Hohepriesterin war diejenige, die dich in diesen Heilschlaf

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