Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
Vom Netzwerk:
gebunden!«
    »Ja«, meldete sich jetzt Barius, der Priester des gerechten Gottes Loivan, das erste Mal zu Wort und legte ihr sanft seine gewappnete Hand auf die Schultern. Im unsteten Licht der Laternen, die das Zelt erleuchteten, schien es Garret für einen Moment, als ob er hinter den kantigen Gesichtszügen des Priesters einen gelben Totenschädel sehen könnte. Wie die anderen Hüter auch existierte der breitschultrige Mann nur noch, weil sein Schwur ihn über den Tod hinaus ans Leben band. »Aber genau deshalb bist du die Richtige dafür. Der Fluch bindet dich nicht mehr an diesen Ort, nur dein Schwur … aber es bestehen wohl kaum Zweifel, dass du ihm folgst, wenn du für diese Menschen sprichst! Der Alchimist hat Recht, Meliande, eine Geeignetere als dich wird sich wohl schwerlich finden lassen!«
    »Genauso sehe ich es auch«, bestätigte Meister Pulver. »Wir werden also Ralik damit beauftragen, den Pass neu zu besetzen, und die Sera Meliande und Hauptmann Hendriks in die Vorlande schicken, um mit den Söldnern zu verhandeln.«
    »So erfahre ich also auch schon von meiner Aufgabe«, merkte Ralik grimmig an. »Ist das nun deine Idee, oder ist es die Entscheidung des Rats?« Der Alchimist warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Weder noch. Es ist eine Notwendigkeit.« Er sah in die Runde, musterte Meister Braun, Hernul und Garen, Garrets Vater, der etwas weiter hinten saß und bislang noch kein einziges Wort gesagt hatte.
    »Oder ist jemand dagegen und hat einen besseren Vorschlag?« Sein Blick wanderte erneut über alle Anwesenden. »Niemand?«, fragte er dann. Und als sich noch immer niemand zu Wort meldete, nickte er befriedigt.
    »Gut, also gilt es als beschlossen.« Er legte Ralik die Hand auf die Schulter. »Zufrieden, alter Freund?«
    »Ja«, sagte Ralik und nahm seinen Helm und seinen Hammer wieder auf. »Zumindest damit.« Seine grauen Augen hielten die des Alchimisten fest. »Der Rat entscheidet.«
    Pulver erwiderte den Blick des Radmachers überrascht.
    »So ist es«, stimmte er ihm zu. »Der Rat entscheidet.«
    »So soll es auch sein. Das sollte hier niemand vergessen«, und mit diesen Worten verließ Ralik das Zelt.
    Pulver sah Ralik nach, als dieser aus dem Zelt stampfte. Dann richtete er seine Augen auf die Hüterin, die sich gerade mit dem Söldnerhauptmann Hendriks unterhielt. Einen Moment lang saß er nur so da und musterte die Freunde, vor allem die Bardin, die sich etwas abseits mit Elyra unterhielt. Er dachte nach und griff schließlich zu seinem Beutel, dem er eine kleine Goldmünze entnahm, die sorgsam in weiches Leder eingewickelt war. Er schlug das Leder auf und betrachtete die Münze, wie schon so oft in den letzten Tagen.
    Auf der einen Seite der Münze befand sich das Antlitz einer jungen Frau, neben der eine Harfe eingeprägt war, auf der anderen das Gesicht eines jungen Mannes, neben dem das Symbol eines Schwertes auftauchte.
    »Kunst und Wissen gegen Stärke und Kampf«, murmelte er. Er warf die Münze hoch und lachte. »Diese Wahl fällt nun gewiss nicht schwer!« Ein letztes Mal sah er nachdenklich zu Meliande hinüber und ließ seinen Blick lange auf ihr ruhen, dann packte er die Münze wieder sorgfältig ein und erhob sich, um sein Lager aufzusuchen. Der nächste Tag würde wieder viel Arbeit für ihn bereithalten.

 
Alte Freunde
     
    Dank der Gnade Mistrals stand eine scharf gezeichnete Sichel am nächtlichen Himmel. Selten war eine Nacht so klar gewesen, doch der Mann mit der Maske, der in seinen ledernen Umhang gehüllt an einem halb zerfallenen Turm lehnte, hielt den Kopf gesenkt, als trage er eine schwere Last. Statt seiner war es Hund, der in den Himmel blickte.
    »Du hast die Sterne schon immer geliebt«, kam eine leise Stimme aus der Dunkelheit. Hund sah in die Richtung, aus der sie kam, und beobachtete, wie die schlanke Gestalt sich näherte. Das Licht eines fernen Feuers spiegelte sich in ihrer altmodischen Rüstung, das Beste, was die Rüstungsschmiede des alten Lytar hatten fertigen können. Ihr langes Haar wehte in der leichten Brise, die vom Meer her kam, und ihre blauen Augen reflektierten das Licht des Feuers fast so sehr wie die Augen einer Katze. »Kannst du sie denn sehen?«
    Ariel schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein, seine Augen sind nicht dafür gemacht«, antwortete er mit rauer Stimme und deutete auf Hund. »Aber er kann sie für mich erahnen, und was er nicht sieht, füge ich aus der Erinnerung hinzu. So wie Euer Gesicht … nur während die Sterne

Weitere Kostenlose Bücher