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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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füllte, das sich in ihrem Inneren entfaltete und alle ihre Sinne zum Vibrieren brachte. »Dir ist vergeben, Lenise, und zusammen mit deinen Sünden soll auch deine Strafe von dir genommen werden.« Elyra berührte die Schläfen der jungen Frau sanft mit ihren Händen.
    »Im Namen der Göttin …«
    »Nein!«, rief Lenise aus und warf sich zur Seite, während der Wolf aufsprang und knurrte, um dann im nächsten Moment zu winseln. »Nein, Herrin, das nicht. Nicht … noch nicht!«
    »Was …?«, wollte Elyra verwirrt wissen und ließ die Hände sinken. »Ich wollte doch nur …«
    Die junge Frau richtete sich auf, ein schmerzliches Lächeln auf ihren Lippen.
    »Ich spürte die Macht in Euch, Priesterin der Mistral, Ihr seid wahrlich die Dienerin der Herrin der Welten. Niemand sonst …« Sie schüttelte den Kopf, wodurch sich eine der Blumen aus ihrem Haar löste, doch sie achtete gar nicht darauf.
    »Niemand hätte je geglaubt«, fuhr Lenise atemlos fort, während Astrak sie verständnislos ansah, »niemand hätte auch nur zu hoffen gewagt, dass die Göttin uns jemals wieder ihre Gnade zuwenden würde, aber Ihr dürft mich nicht von meiner Strafe erlösen. Noch nicht. Noch nicht …«
    Erneut sank Lenise langsam vor Elyra auf die Knie und hob ihr ihr Gesicht entgegen, als ob sie die Priesterin ansehen würde.
    »Seht, Elyra, Priesterin der Mistral, unser Leiden hat einen Sinn, auch wenn sich uns dieser erst spät entdeckte. Wir verloren viel …« Ihre zierliche Hand bewegte sich an die Stelle, an der sich ihre Augen hätten befinden müssen. »Doch wir erhielten auch etwas. Und das, was wir erhielten …« Lenise schluckte. »Ihr … wir werden es noch brauchen, in dem Kampf, der nun bevorsteht. Deshalb dürft Ihr uns nicht heilen, Sera, nicht bevor wir nicht unsere Bestimmung erfüllt haben!«
    »Ich verstehe nicht …«, begann Elyra.
    »Ich beginne zu ahnen, was sie uns sagen will«, sagte Astrak leise. Er kniete sich vor Lenise hin und nahm ihre Hand in die seine. »Ihr seid nicht alleine, nicht wahr? Es gibt noch andere Menschen hier, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Aber das ist nicht möglich«, flüsterte Elyra. »Wie kann das sein?«
    »Einige von uns überlebten und harrten aus«, antwortete Lenise, und ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen. »Großvater sagte immer, dass unsere Vorfahren einfach zu stur zum Sterben waren.«
    »Sturheit scheint eine Charaktereigenschaft der Lytarianer zu sein«, grinste Astrak. Dann wurde er wieder ernst. »Was … was wurde Euch gegeben, Sera?«, fragte er eindringlich. »Was habt Ihr für Euer Augenlicht erhalten?«
    »Die Gabe der Sicht, Astrak«, erklärte sie. »Könnte ich weinen, wäre Eure Hand vor Tränen nass, denn ich sehe, was war, was ist und was kommen wird. Könnte ich wieder durch meine Augen sehen, wäre die Strafe für den Hochmut Lytars zwar von mir genommen, aber dann wäre ich auch nutzlos im Kampf gegen den Prinzen der Nacht.«
    »Ihr meint Belior?«, erkundigte sich Elyra.
    »Den Prinzen der Nacht. Den Zerstörer, den Boten der Finsternis. Wie sein Name lautet, ist unerheblich.« Lenise wandte ihr Gesicht Elyra zu, während sie Astraks Hand so fest drückte, dass der sich darüber wunderte, woher sie nur so viel Kraft nahm.
    »Wir litten, wir starben, wir wandelten uns. Wir wurden durch die Verderbnis geläutert, verfluchten die Herrin und erduldeten ihre Strafe … doch wir verstanden sie nicht! Denn wir waren nicht diejenigen, die sich einst schuldig gemacht und den Frevel zugelassen hatten. Warum also traf uns Ihre Strafe? Über Generationen hinweg war dies das Schlimmste, was wir erdulden mussten. Die Frage, warum wir, die wir nichts anderes taten, als die Göttin zu verehren, obwohl sie uns wandelte, von ihr gestraft wurden.«
    »Und habt Ihr die Antwort auf diese Frage jetzt gefunden?«, forschte Astrak behutsam nach. »Ist es das, was Ihr uns sagen wollt?«
    »Ja. Als Ihr, Elyra, vor dem Schrein der Mistral im Norden der Stadt gesungen habt, an dem Tag bevor der Damm brach, erreichte mich Eure Stimme und mit ihr eine Vision. Ich sah Euch, Priesterin, hier im Tempel. Euch, Astrak, sah ich auch … nur einen Moment lang, danach sah ich eine Schlacht, die hier stattfinden wird. Der Prinz wird kommen. Über das Meer, zu Lande und durch die Luft. Nichts wird ihn von seinem Ziel abbringen, nichts kann das verhindern. Er wird hier stehen, dort wo Ihr jetzt steht, und wird die Krone verlangen … und Ihr, Elyra, werdet sie ihm geben. Und das wird der

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