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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Einer der beiden Männer, die wir hier antrafen.«
    »Meinst du den Dicken? Oder denjenigen, der so aussah, wie Essig schmeckt?«
    Esk verdrängte die Vorstellungen, die ihr einen Simon zeigten, der eine kalte Wüste durchstreifte. Sie konzentrierte sich auf Grannys Frage und erwiderte: »Man bezeichnet ihn als Zauberer im Achten Rang und Dreiunddreißig-Grad-Magus.«
    »Mit anderen Worten: Er ist ziemlich krumm«, stellte Oma Wetterwachs energisch fest und seufzte. »Du hältst dich schon zu lange in der Nähe von Zauberern auf, Kindchen. Nimm sie nicht so ernst! Sie nennen sich alle Hoher Lord Sowieso und Erhabener Diesunddas. Das gehört einfach dazu. Selbst Magier schmücken sich gern mit solchen Titeln, obwohl man eigentlich mehr Vernunft von ihnen erwarten sollte. Sie halten sich gleich für viel wichtiger, wenn man sie mit Hochwohlerlauchter Obermeister Vom Ersten Magischen Stuhl anspricht. Wie dem auch sei: Wo hält sich der Herr Ich-bin-besser-als-alle-anderen jetzt auf?«
    »Bestimmt speist er gerade im Großen Saal«, sagte Esk. »Kann er Simon zurückholen?«
    »Ich schätze, dabei werden sich einige Probleme ergeben«, entgegnete Oma Wetterwachs. »Vermutlich fällt es uns nicht weiter schwer, irgend etwas zurückzuholen, das wie ein normaler Mensch spricht und geht. Aber ob es Simon ist, steht in einem völlig anderen Almanach.«
    Sie stand auf. »Laß uns nicht noch mehr Zeit vergeuden. Auf zum Großen Saal!«
    »Äh, Frauen sind dort nicht zugelassen«, gab Esk zu bedenken.
    Granny blieb auf der Türschwelle stehen, straffte die Schultern und drehte sich langsam um.
    »Was hast du da gesagt?«, fragte sie. »Trügen mich meine alten Ohren? Nein, nein, behaupte jetzt bloß nicht, ich sei schwerhörig, denn du weißt genau, daß das nicht stimmt.«
    »Entschuldige«, murmelte Esk. »Reine Angewohnheit.«
    »Offenbar hast du einige Vorstellungen entwickelt, die deiner nicht würdig sind«, sagte Granny kühl. »Bitte irgendeine deiner Kolleginnen darum, bei dem Jungen zu wachen.«
    Sie holte tief Luft, um sich in die richtige Stimmung zu bringen. »Und dann sehen wir uns den Großen Saal an, in dem Frauen angeblich nichts zu suchen haben. Ha, wär doch gelacht!«
     
    Die ganze Fakultät der Unsichtbaren Universität saß in der ehrenwerten Halle beim Essen, als sich plötzlich die breite Tür öffnete. Oma Wetterwachs erzielte nicht ganz die erhoffte Dramatik, denn einer der beiden Torflügel prallte an einem Kellner ab und stieß ihr ans Schienbein – was sie daran hinderte, den weiten Raum mit langen und eindrucksvollen Schritten zu durchqueren. Statt dessen hüpfte und humpelte sie über die Fliesen, wobei sie sich um einen Rest von Würde bemühte.
    Esk folgte ihr und spürte, wie sich Hunderte von Blicken auf sie richteten.
    Die lauten Stimmen verklangen, und selbst das klappernde Geschirr schien den Atem anzuhalten. Einige Stühle kippten um. Am einen Ende des Großen Saals saßen die ältesten und weisesten Zauberer an ihrem hohen Tisch, der knapp einen Meter über den Kacheln schwebte. Sie rissen die Augen auf und starrten wortlos her.
    Ein Zauberer im mittleren Rang – Esk erkannte ihn als einen Dozenten, der Angewandte Astrologie lehrte – eilte ihnen entgegen und ruderte aufgeregt mit den Armen.
    »Neinneinneinnein!«, rief er. »Ihr habt euch in der Tür geirrt. Kehrt sofort auf den Flur zurück!«
    »Wenn du nichts dagegen hast …«, erwiderte Granny gelassen und schob ihn beiseite.
    »Neinneinnein, das widerspricht der Tradition. Ihr müßt den Saal verlassen, auf der Stelle, Frauen sind hier nicht gestattet.«
    »Ich bin keine Frau, sondern eine Hexe«, meinte Granny. Sie sah Esk an. »Ist er wichtig?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete das Mädchen.
    »Na schön.«

Granny wandte sich an den Dozenten. »Bitte sag einem bedeutenden Zauberer, daß ich hier bin und eine Audienz wünsche. Und beeil dich!«
    Esk klopfte ihr auf den Rücken. Einige Magier, die sich von ihrer Überraschung schneller erholten als die anderen, eilten durch die geöffnete Tür und kehrten mit mehreren Pförtnern zurück, die nun drohend näherkamen. Die Studenten buhten und pfiffen sie aus. Eskarina hatte von jenen Männern, die in ihren kleinen Wachhäusern ein eher zurückgezogenes Leben führten, noch nie viel gehalten, doch jetzt taten sie ihr plötzlich leid.
    Zwei von ihnen streckten haarige Hände aus und griffen nach Grannys Schultern. Oma Wetterwachs’ Arm verschwand hinter ihrem Rücken, und es

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