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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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getrogen. Boltera fühlte sich sehr geschwächt und schwindelig. Ich stützte ihn und nahm ihn mit in unser Lager. Es dauerte kaum einen weiteren Tag, und sein Leib behielt nichts von dem bei sich, was ich ihm einzuflößen versuchte; ein weiterer Tag, und er war außerstande, seine Liegestatt in unserem Lager zu verlassen. Nimmermehr sollte er sich erholen. Boltera starb in Thalfink einen elendigen Tod, Die Cholera raffte ihn unter Pein und Krampf dahin. Ich selbst war derjenige, der ihn dort am Rande des Waldes unter einer alten Tanne bestattete und die Gebete für ihn sprach. An diese Stelle legte ich einen Stein und ritzte die Buchstaben G und B mit meinem Messer hinein. Gustavo Boltera verfolgte mich nicht mehr.
    Nun war ich frei. Aber er hatte einen Keim in meine Seele gesät; das schlechte Gewissen, jenes unbestimmte Gefühl, vielleicht unrecht gehandelt zu haben, wollte mich nicht mehr frei sein lassen.
    Bereits in der nächsten Nacht, nach Bolteras Beerdigung, verließ ich die Truppe. In der Dunkelheit schlich ich mich fort vom Lager und machte mich auf meinen eigenen beschwerlichen Weg. Stetig ging es bergauf und irgendwann erreichte ich den höchsten Punkt. Einen Bergrücken hatte ich erklommen, und endlich ging es wieder bergab. Durch hohe Wälder und dichtes Unterholz. Ich fühlte mich wieder gesund, fühlte mich erstarkt, und meine Muskeln waren nun daran gewöhnt, längere Strecken zu bewältigen. Mein schlimmes Bein schmerzte noch immer, aber es war zu ertragen. Irgendwann erreichte ich den Quell eines Baches. Sprudelnd, glucksend und klar sprang das jungfräuliche Wasser die Hügel hinab. Und ich folgte diesem Bachlauf. Wie ich später erfuhr, war es der Idarbach, und ich wanderte nun durch den Idarwald. Bald würde ich mein Ziel erreicht haben. Nicht mehr als Jacques, der Dragoner, sondern als Jacob, der Steinmetz. Dann, endlich, hatte ich den Weg tatsächlich bewältigt, Idar, die Stadt der Edelsteinschürfer und -schleifer, lag vor mir. Und für eine Weile sollte ich einer von ihnen werden. Wie viele Wochen wohl ins Land gezogen waren seit meiner Abreise aus Trier, fragte ich mich, und wie viel war geschehen? Aber nun, nun würde für mich ein neues Leben beginnen, und nie wollte ich mehr zurückdenken an all das, was vorher war.
    „Dies habe ich damals geschworen und nun durch Euch gebrochen“, beendete Jacob seine Erzählung an de Largillière gewandt.
    Der Maler wollte bestürzt den Mund auftun, aber Jacob winkte ab. „Seid versichert, ich bin Euch nicht gram, vielmehr bin ich Euch zutiefst dankbar, dass Ihr all die Erinnerungen in mir an die Oberfläche gebracht habt; so wie ich zu jener Zeit die Edelsteine. Zum ersten Mal seit vielen Jahren verspüre ich, dass mein Herz wieder rein und eins mit sich werden könnte.“
     

Kapitel 24
     
    „Komm schon, du weißt, wir sind seit Wochen verabredet …“ Anne redete mit Engelszungen auf Hannes ein. „Es bringt doch nichts, nur noch den Kopf in den Sand zu stecken.“ Sie schaute ihn aufmunternd an, doch ihr Freund blickte weiter missmutig drein. Besondere Lust habe ich allerdings auch keine, dachte Anne und gab Hannes insgeheim recht. Hannes kam nur mühsam von der Couch hoch, versuchte sich mit den Fingern die verstrubbelten Haare zu glätten und stöhnte. Er gab sich geschlagen. „Hast ja recht. Okay, fahren wir!“
    Hannes und Anne waren bei Jutta eingeladen. Zum Essen. Sie und Michael wollten aufwendig kochen, und bei dieser Gelegenheit sollte Anne Michael auf lockere und entspannte Weise besser kennenlernen. Jutta spürte instinktiv, dass Anne noch immer ein gänzlich falsches Bild von ihrem Freund hatte. Schließlich hatte Michael auf Annes „Verdächtigen-Liste“ bezüglich des Einbruchs in ihre Wohnung im vergangenen Sommer eine ganze Zeit lang auf Nummer 1 gestanden. Und Anne mochte Michael nicht. So sehr Jutta ihn auch vergötterte, Michael blieb Anne suspekt, sie traute ihm nicht, und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass dies nach dem heutigen Abendessen anders werden würde. Aber Jutta zuliebe fuhr sie hin. Doch ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen, Lust hatte sie ebenso wenig wie Hannes, aber nun waren sie einmal unterwegs und würden versuchen, das Beste daraus zu machen.
    Jutta empfing sie aufgelöst an der Wohnungstür. Es sei ihr furchtbar peinlich, entschuldigte sie sich, aber da könne man nun mal nichts machen. Das müsse man verstehen. Schließlich hätte Michael einen wichtigen Job. Da müsse man auch mal

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