Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Grund vermuteten.
Doch diesen gab es sehr wohl. Ein Lächeln huschte über Valralkas Gesicht, als sie an das Kleinod dachte, das dort verborgen zwischen ihren Kleidungsstücken auf seinen neuen Besitzer wartete. Große Mühen hatte es sie gekostet, das Schmuckstück zu beschaffen und umarbeiten zu lassen. Mit Schaudern dachte sie daran zurück, wie sie sich in die Schatzkammer der Könige von Maladan geschlichen hatte, um etwas Passendes zu finden, was sie Tankrond zum Geschenk machen konnte. Das war gar nicht so einfach gewesen. Die Wachen hatten sie zwar anstandslos passieren lassen, doch damit war noch nicht das Problem der Auswahl eines geeigneten Schmuckstücks gelöst.
In den Tiefen der hohen Schatzhallen des Schlosses ihres Vaters wurden nur solche Schmuckstücke aufbewahrt, deren Wert von höchstem Gewicht für das Haus der Vanäer war. Sie war zwar schon des Öfteren mit ihrer Mutter in den Schatzkammern gewesen, wenn diese für zeremonielle Zwecke einige der Gegenstände dort holen musste. Doch als sie zum ersten Mal allein dort war, erkannte sie schnell im Lichte der Fackeln, dass es hier wenig gab, was sie einem kleinen Jungen aus den Thainlanden zum Geschenk machen konnte.
Die Gemmen waren einfach zu prächtig, als dass Tankrond sie je würde offen tragen können. Selbst der kleinste Ring würde seinen Träger später der Gefahr aussetzen, dass er beraubt und dabei vielleicht sogar verletzt würde. Als sie die Suche nach einem geeigneten Geschenk für ihren Freund schon fast aufgeben wollte, erblickte sie in einer der hinteren Kammern etwas, das ihr sofort ins Auge fiel. Es war auf den ersten Blick nicht mehr als eine Metallplatte. Als sie sich ihr näherte, erkannte sie jedoch, dass sich auf ihrer Oberfläche Einlegearbeiten befanden, die an einigen Stellen herrlich im Lichte der Fackel leuchteten, die sie nun genau darüber hielt. Bei näherer Betrachtung hatte sie sich damals gewundert, dass diese Einlegearbeiten, die wohl Rubine sein mussten, so schlecht verarbeitet waren. Es war ihnen gleich anzusehen, dass der Goldschmied hier nicht mit der nötigen Sorgfalt gearbeitet hatte. Sie wirkten schlecht geschliffen und nicht gut verarbeitet, strahlten und funkelten nur an wenigen Stellen in dem ihnen eigenen roten Licht. Überhaupt schien das Schmuckstück nicht wirklich fertig zu sein. Als ob sein Meister mitten in der Arbeit die Lust an ihm verloren hatte. Sie hatte auf die drei Bänder aus Rubinen geblickt, die es fast ganz durchliefen, und festgestellt, dass das Hauptwerkstück, auf dem sich die Bänder befanden, leicht gebogen war. Dann hatte sie es in die Hand genommen, um es genauer in Augenschein nehmen zu können.
Und mit einem Male hatte sie gewusst, was zu tun war. Sie würde es zu einem Goldschmied bringen müssen, der es mit Silber überzog und daraus eine einfache Gürtelschnalle machte. Dies sollte ohne großen Aufwand möglich sein. Schon oft war sie mit ihrer Mutter bei den Goldschmieden gewesen, wenn diese Schmuckstücke ändern oder ganz umarbeiten ließ.
Ja, so soll es geschehen, hatte sie gedacht und das Kleinod in eine Tasche ihres Kleides gesteckt, um es vor den Augen der Wachen zu verbergen. Aber diese hatten keine Anstalten gemacht zu erfahren, was sie in der Schatzkammer getan hatte, und sie ohne Aufheben erneut passieren lassen.
Valralka war sich darüber im Klaren gewesen, dass sie besser keinen Goldschmied ihres Volkes aufsuchen sollte, um die Umarbeitung ausführen zu lassen. Denn dieser würde sich vielleicht an das unfertige Stück erinnern, und dann hätte jemand im Palast von ihrer Unternehmung erfahren können. Das sollte nicht sein, denn niemand durfte von Tankrond erfahren.
Noch am Nachmittag desselben Tages hatte sie daher einen Goldschmied vom Volke der Rana-Velul aufgesucht, die sich im Westen des Handwerkerviertels von Tharvanäa niedergelassen hatten. Auch unter den Menschen waren viele geschickte Handwerker, das Herstellen einer Gürtelschnalle sollte für sie sicher kein Problem darstellen. So war es dann auch gewesen. Als sie sich dann über den Preis einig gewesen waren, hatte sie die Werkstatt glücklich verlassen.
Valralka schaute wieder hinüber zu der Kiste, in der ihr Geschenk für Tankrond war. Langsam, um kein unnötiges Geräusch zu verursachen, stand sie im Dunkeln auf und nahm die Gürtelschnalle heraus, die noch in ein blaues Seidentuch gewickelt war. Seit ihrer Abreise aus Maladan hatte sie diese nicht mehr in Augenschein genommen. Doch
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