Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
versammelten Volk. Die Worte, die er wählte, waren vielen noch aus den Krönungszeremonien von Curandor und Vanaron bekannt. Abgesehen von dem Namen sprach er den Text unverändert, wie es die Tradition verlangte. Das Volk war jedoch mehr daran interessiert, einige Worte von Valralka zu hören, als Eilirond zu lauschen. Doch dessen Rede währte nicht lange und so begann die Zeremonie, indem Eilirond an den Tisch ging und unter dem mittleren roten Tuch die silberne Krone Maladans, welche einem Lorbeerkranz nachempfunden war, vor sich in die Höhe hob. Valralka verließ nun Othmar und Nerija, die weiterhin an ihrem Platz stehen blieben, und ging links um den Tisch herum zu Eilirond. Einen Schritt neben ihm blieb sie stehen, wie sie es mit ihm und Nerija zuvor eingeübt hatte. Eilirond lächelte sie an und nahm ihr dadurch ein bisschen von ihrer Anspannung. Vor diesem Moment hatte sie sich mehr gefürchtet als in dem Sturm, den sie auf ihrer Heimreise von Schwarzenberg durchschiffen mussten. Die Herrscher Maladans mussten sich, anders als die der Varia, nicht hinknien, wenn sie gekrönt wurden. Das machte alles etwas leichter, hatte ihr Nerija gesagt. So bestand nicht die Gefahr, dass sie beim Aufstehen strauchelte, was am Königshof der Varia einmal passiert sein sollte. Die Krone, die ihr Eilirond nun aufsetzte, war angeblich von Antariya selbst auf Alatha gefertigt worden und durch die Berührung Herons, des Sithar der hohen Isia, hatte sie sich manifestiert. Niemand wusste bis heute zu sagen, aus welchem Material sie bestand. Sie war leicht wie eine Feder, glänzte wie Silber, nur viel heller, und war so leicht zu tragen, dass man sie fast nicht spürte.
Als Valralka sich schließlich zu ihrem Volk umwandte, damit ein jeder sie mit der Krone sehen konnte, waren alle Zuschauer ergriffen. Selbst der mächtige Tervaldor schien eine einzige Träne der Ehrfurcht zu weinen, denn später sagten dies viele, die ihn angesehen hatten. Die Prinzessin war nun, mit der Krone Maladans gekrönt, in aller Augen eine würdige Erste und Herrscherin über das Volk von Maladan.
Eilirond trat zurück und ging hinter den Tisch, wo er den Platz einnahm, den zuvor Valralka innegehabt hatte. Nach einem kurzen Augenblick ging Othmar nach vorne. Man spürte, wie sich die Menge regte, um den Zwerg besser sehen zu können, da er einen Kopf kleiner als Valralka war. Alle Bürger Maladans brachten dem alten Zwerg eine stillschweigende Hochachtung entgegen. Seinem Rang als oberster Richter schon in Solatwan und nun in den Landen Vanafelgars war er immer gerecht geworden. Und mehr als das: Seine Urteile, die oft große Diskussionen auslösten, waren hoch geachtet. Jeder Bürger, über den geurteilt wurde, konnte später in den Schriftrollen des Gerichtes nachlesen, warum das Urteil gegen oder für ihn ausgefallen war. Othmar nahm nun das zweite samtene Tuch vom Tisch, darunter kam das Zepter Maladans zum Vorschein. Auch dieses zierte ein umlaufendes Band von Lorbeerblättern aus Gold, während sein stabförmiger Körper, um den das Band geschlungen war, in einem blassen Blau gefertigt war. Auch dessen Werkstoffe waren unbekannt. Der Zwerg überreichte es der Königin und blieb noch einige Augenblicke neben ihr stehen.
Als Othmar auf seinen Platz zurückgegangen war, trat Nerija vor und hob das Letzte der roten Samttücher empor. Darunter befanden sich die Silberzweige Alathas. Einst waren es drei gewesen, doch bei der Krönung Curandors hatte Nerija festgestellt, dass einer der Zweige fehlte. Den Grund dafür kannte sie und bald würde sie ihn Valralka enthüllen müssen. Die Kanzlerin hatte nicht nur den Auftrag, die Befehle der irdischen Mächte auszuführen.
Nachdem sie Valralka die Silberzweige überreicht hatte, ging auch Nerija wieder auf ihren Platz zurück und die junge Königin stand alleine vor ihrem Volk. Diesen Augenblick hatte sie besonders gefürchtet. Doch jetzt, da sie ihn erlebte, war es anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Alle Angst des Versagens fiel von ihr ab, denn sie spürte, wie das Geschenk Tankronds, das kleine Pfefferkügelchen, wie sie es in ihren Gedanken nannte, sich im Saum ihres Unterkleides zu erwärmen begann. Auf unerklärliche Weise veränderte dies ihre Stimmung. Mit einem Mal hörte sie sich frei zum Volke sprechen:
» Volk von Maladan, meine Brüder und Schwestern«, begann sie ihre Rede. Alle wunderten sich über den Klang ihrer Stimme, denn diese schien nicht von einem dreizehnjährigen Mädchen
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