Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
war so hitzig gewesen, dass niemand das Kommen des alten Zwerges bemerkt hatte. Doch Othmar schien nicht über die Reden erzürnt zu sein, die er hier hören musste. So kam es Eilirond jedenfalls vor, als er den Zwerg betrachtete, der im großen Bogen zur Eingangshalle von Nerijas Amtsräumen stand.
» Meine Herrschaften«, erhob er nun laut seine Stimme. Alle sahen sofort zu ihm hin und unterbrachen ihre Reden. »Meine Herrschaften«, wiederholte der Zwerg, »es ist sehr spät und Zeit, zu Bett zu gehen.«
Obwohl Eilirond zuerst nicht glaubte, dass diese Worte bei den Streithähnen irgendetwas ausrichten würden, schloss sich Elardor ihnen zuerst an. »Ja, du sprichst wohl, Herr des Rechtes«, sagte er zu Othmar. Ohne weitere Zeit zu verlieren, wünschte er den anderen eine gute Nacht und verließ den Raum.
Auch Tervaldor sagte schließlich, dass es spät sei, und verließ, ohne sich zu verabschieden, die Besprechung. Eilirond folgte ihm, doch erst, nachdem er sich von der Kanzlerin und dem alten Zwerg freundlich verabschiedet hatte, die alleine dort zurückblieben.
Die Königin Maladans
Tharvanäa, 19. Tag des 3. Monats 2514
Da Eilirond der Erste der Gesprächsrunde war, der im Saal der Beratung, wie dieser Raum genannt wurde, eingetroffen war, ging er zu einem Fenster und schaute hinunter auf die Stadt. Selbst aus dieser Entfernung glaubte er zu erkennen, dass das Volk beschwingt war. Die Rede Valralkas hatte viele Herzen gestärkt und nur im Kreise der Berater war sie nicht so wahrgenommen worden. Doch Eilirond wusste, wie er nun viel Ungesagtes mit wenigen Worten aus der Welt schaffen konnte. Er wollte nicht, dass die erste Beratung mit der neuen Königin Maladans in einen Disput mit ihren obersten Beratern mündete. Auch ärgerte er sich über sich selbst, weil auch er nicht zu sagen wusste, ob es wirklich die Worte Nerijas und vielleicht auch ein bisschen jene Whendas waren, die Valralka am Vortag auf dem Platz der Altvorderen gesprochen hatte. Er hätte sich mehr mit der jungen Frau abgeben sollen, fand er nun. Es war nicht recht, dass er über die Königin urteilen wollte, obwohl er ihre Beweggründe noch gar nicht kannte. Dann hätte er auch gewusst, ob sie eine eigene Meinung hatte oder nur die Worte der Kanzlerin sprach. Irgendetwas jedoch war ihm an der Königin sonderbar erschienen. Er konnte es zwar nicht einordnen, doch als er sie am heutigen Tage kurz erblickt hatte, war ihm wieder so gewesen. Sie war gerade vom Dienst an den Altvorderen zurückgekehrt, bei dem ein neuer Herrscher der Gefallenen gedachte, die im Kriege für Maladan ihr Leben gegeben hatten. Irgendetwas hatte die Königin an sich, das er nicht zu ergründen vermochte. Es war für ihn nicht mit Worten zu beschreiben. Doch diese Aura schien jeden zu berühren, der sich in ihrer Nähe aufhielt. Sie stimmte alle froh und stärkte ihr Gemüt.
Nun betrat Nerija in Begleitung Othmars und Whendas den Raum. Eilirond wusste, dass dies von Tervaldor und Elardor missbilligt werden würde. Doch inständig hoffte er, dass die beiden ihren Disput nicht vor der Königin mit Nerija austragen würden. Alle Worte, die er sich zurechtgelegt hatte, um die Gemüter etwas zu beruhigen, waren mit dem Erscheinen W hendas in dieser Runde obsolet geworden. Als dann auch die Herren des Nordens in den Raum kamen, lag sofort ihre unverhohlene Abneigung gegen Whenda und Nerija in der Luft. Man konnte fast spüren, wie viel Kraft es sie kostete, nicht ihrem Ärger darüber freien Lauf zu lassen. Einer der Herolde Valralkas betrat jedoch direkt hinter Tervaldor den Raum und kündete vom baldigen Erscheinen ihrer Königin.
» Setzen wir uns«, meinte Othmar sehr bestimmend. Alle folgten seiner Aufforderung, nur Whenda zögerte kurz, da sie erst darauf wartete, welchen Platz ihr Nerija zugedacht hatte. Nerija sah jedoch erst fragend zu Othmar hinüber, der zeigte, wo Whenda sich niederlassen sollte. Als Stellvertreter der Königin oblag Othmar die Sitzordnung. Alle Anwesenden wussten, dass Nerija dessen Erlaubnis haben musste, Whenda mit zu dieser Beratung zu bringen. Selbst Eilirond war ein wenig überrascht, als er sich dessen besann.
Als Valralka den Raum betrat, erhoben sich alle und neigten zum Zeichen ihrer Hochachtung das Haupt. Sie hielt sich jedoch nicht lange mit Grußformeln auf, sondern begab sich sofort an ihren Platz am Ende des Tisches. Othmar saß zusammen mit Tervaldor und Elardor zu ihrer Rechten, Nerija, Whenda und Eilirond zu
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