Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Geiste Worte aus alten Tagen verkündet hatte, da stimmte sie das gar traurig. Gerne hätte sie noch länger den Worten gelauscht, die so oft in ihrem Geiste wiederholt worden waren, dass sie sie auswendig kannte. Sie schienen ihr in den Geist eingebrannt, doch war es nicht schmerzhaft gewesen. Der Schmerz überkam sie erst jetzt, da die Stimme verstummt war. Doch es war nur der Schmerz, der einen befiel, wenn man wusste, dass etwas vorbei war und niemals wiederkehren würde.
Glunir lächelte seine Königin noch einmal an, verneigte sich und ging zu Nerija, die sich jedoch sofort zu Valralka aufmachte, als sie sah, dass das Werk Glunirs zu seinem Ende gekommen war. Bevor Valralka Nerija etwas fragen konnte, beschied ihr diese, damit noch einige Tage zu warten. Die Worte der Mahnung sollten erst ganz von dem Geiste der Königin erfasst sein, bevor sie darüber mit ihr sprach. Sie sagte jedoch sehr eindringlich, dass Valralka ihr die Worte der Mahnung nie offenbaren dürfe, sonst könnten sie ihre Macht verlieren.
»Und was hätte das zur Folge?«
Die Kanzlerin dachte nach – darüber hatte sie sich eigentlich noch keine Gedanken gemacht. In der Welt ihres Geistes war es nicht möglich, eine Anordnung der hohen Mächte Alathas einfach zu missachten. Doch sie wusste nicht, was sie der Königin sagen sollte und bat um Aufschub in dieser Sache, ehe sie sich dazu äußerte. Sie musste darüber erst mit Eilirond und Othmar beraten. Sie war sich durchaus im Klaren darüber, dass sie Valralka in dieser Angelegenheit keinen falschen Rat geben durfte. Viel zu viel hing davon ab, wenn sie eine falsche Entscheidung träfe, die Worte der Mächte richtig zu deuten.
So verabschiedete sie sich von der Königin und die Frauen verblieben so, dass Nerija die Königin zu gegebener Zeit von den Beratungen, die sie zu führen gedachte, in Kenntnis setzen würde. Denn es konnte ja vielleicht nicht schaden, wenn Valralka selbst dabei anwesend sei, dachte Nerija.
»Wie sah Heron denn aus?«, wollte Valralka noch wissen.
Doch die Kanzlerin, schon im Gehen, drehte sich zu ihr um und sagte lächelnd: »Das weiß ich nicht mehr. Und keiner, der ihn je gesehen hat, weiß das mehr zu sagen.«
Das Neruval
Tharvanäa, 28. Tag des 12. Monats 2514
Als Valralka dann alleine in dem großen Thronsaal auf ihrem Thron saß, musste sie an den Abschied Tervaldors denken. Dieser hatte seine Nichte noch einmal aufgesucht, bevor er Tharvanäa verließ. Er hatte unter vier Augen mit ihr sprechen wollen. Es war am zweiten Tage nach den Krönungsfeierlichkeiten gewesen, Valralka hatte sich während dieser Tage jedoch sehr oft mit ihm, wenn auch nur kurz, unterhalten. Doch dann kam er des Abends wie verabredet in ihre Gemächer und sie war zum ersten Mal mit diesem stattlichen Krieger alleine. Viele Geschichten hatte sie schon über ihn gehört. Immer wurden seine Taten gerühmt, es gab kein Fest, an dem nicht auf ihn angestoßen wurde. Er war die einzige Hoffnung, die die Anyanar Maladans noch hatten und an der sie sich aufrichten konnten in diesen dunklen Jahren.
Tervaldor trug an jenem Abend nicht seine Rüstung, sondern einen normalen Gehrock. Er erschien ihr bei Weitem nicht so grimmig, wie sie sich ihn immer vorgestellt hatte. Sie war sehr gespannt gewesen, was er wohl unter vier Augen mit ihr zu besprechen hatte. Als sie dann an Valralkas kleinem Tisch, an dem sie auch immer frühstückte, Platz genommen hatten, kam er schnell zur Sache. Er erzählte ihr, dass im Königreich Maladan noch eine ganze Kiste voller Neruval stand. Valralka wusste, dass das Neruval in den Augen der Anyanar als ein verfluchter Stoff galt, lediglich am Richtschwert wurde es geduldet. Zu viel Leid war um dessen Besitz über die Völker gekommen.
» Kennst du seine Geschichte?«, wollte Tervaldor von ihr wissen.
Valralka kannte die alten Geschichten, in denen vom Neruval und seinem Fluch erzählt wurde. Was sie wusste, erzählte sie Tervaldor. »Angeblich fanden die Kleinzwerge unter König Artizir es in ihren Bingen weit unter den Bergen der Taras-Ziriag im Norden Ilvaleriens. Es war hernach ihr größter Schatz. Doch war es auch ihr größtes Übel. Denn Uluzefar, die dunkle Macht selbst, trachtete danach und ließ seine Heerscharen tief unter den Bergen gegen die Zwerge marschieren. Angeblich waren Riesen und noch viel Schlimmeres darunter, was gegen das Reich der Zwerge anrannte. Fast wären sie gefallen. Doch die Völker standen zusammen und so hielten die
Weitere Kostenlose Bücher