Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
ihres Geistes mit den vielen Jahren, in denen sie aneinandergekettet waren. Ihre Leiber, wenn man ihre Auren denn so nennen wollte, hielten sich zwar an unterschiedlichen Orten auf. Doch ihr Geist war verbunden. In dieser Verbindung dachte und träumte zwar jeder für sich selbst, aber immer sah und hörten sie die Gedanken und Träume der anderen in ihrem Geist. Hätten sie einen Weg gekannt, der sie dazu befähigte, sich auch mit ihren Auren zu vereinen und nur noch ein einziges Wesen zu sein, so hätten sie ihn freudig gewählt. Denn die Sithar glaubten, das Uluzefar dies so für sie vorgesehen hatte. Doch wie das vor sich gehen sollte, hatten sie noch nicht zu ergründen vermocht. Sie wussten nur, dass der Eine die Mächte gezwungen hatte, aus sich heraus ihre Sithar zu schaffen. Auch die weißen Mächte hatten dies einst tun müssen. Diese Teilung der Macht sollte um den Willen der Kinder des Einen stattfinden. Bevor diese erwachten, mussten die Mächte ihre Kraft mindern, um diesen vor die Augen treten zu können. Hätten die Kinder des Einen die Mächte in ihrer alten Kraft und Herrlichkeit erblickt, so wären ihre Geister darüber zusammengebrochen. Vielleicht wären gar ihre Lichter verloschen. Denn die Mächte der Welt waren einst in ihrer Macht vollkommen. Nichts kam ihnen gleich, außer der Macht des Einen, aus der sie heraus geschaffen wurden. Uluzefar hatte ihnen dies angetan. Die Marter der Gedanken von ihresgleichen war eine schlimme Pein, die sie an den Rand der Verzweiflung trieb.
Vielleicht hatte Uluzefar einst vorausgesehen, dass es zwischen ihm und den Mächten zu einem Disput, besser einem offenen Krieg kommen mochte und wollte daher seine Macht, die größer als die der weißen Mächte zu sein schien, nicht geteilt sehen. Waren alle Mächte aus der Welt, würden seine dunklen Sithar, wenn sie sich denn vereinten, zum Mächtigsten aller Geschöpfe der Welt werden. Dann hätte er über seine Brüder und Schwestern obsiegt. Wohin Uluzefar jedoch entschwunden war, konnten sie nicht sagen. Doch sie wussten, dass die Mächte sich gegeneinanderstellten, denn unverkennbar war die große Macht im Äther zu spüren, als dieser Kampf begann. Ihr Schöpfer Uluzefar hatte ihn herausgefordert und die Mächte mussten ihn annehmen – ob sie es wollten oder nicht. Denn Uluzefar hatte einst Erlikas, den Varakuul, entfesselt und ihn gegen Alatha geschickt, auf dass er es verwüsten solle. Nur diese mächtige Kreatur, erschaffen aus den Mächten selbst heraus am Anbeginn der Tage, war stark genug, die Sithar der weißen Mächte zu vernichten und jene herauszufordern, die Uluzefar diesen Kampf verweigerten. In diesem Kampf, so wusste Uluzefar, würde er wieder eins mit seinem Schöpfer werden. Dies war sein einziges Streben in dieser Welt. Wie dieser Kampf letztendlich ausgegangen war, wusste jedoch niemand, nicht einmal die dunklen Sithar selbst.
Nur Erlikas war aus Alatha zurückgekehrt und hatte viel von seiner Kraft eingebüßt. Doch es war sicher, dass er den Mächten gegenüber gestanden hatte. Denn wer sonst könnte dieses Geschöpf erfolgreich in die Flucht geschlagen haben? Erlikas, der Varakuul, war, obwohl selbst von Uluzefar mit Geist erfüllt, nie eins mit ihnen in der Sphäre der Gedanken gewesen. Er hatte einen eigenen Willen und was er dachte, erschloss sich ihnen nicht. Auch nach was er strebte wussten sie nicht zu sagen. Doch groß war sein Hass gegen alles, was von Uluzefar erschaffen worden war. Er wütete gar schrecklich unter dessen Dienern. Auch über das Scheidegebirge war er gestiegen und hatte den Völkern Ilvaleriens eine Schlacht geliefert, bei der viele den Tod fanden. Doch war er wieder zurückgekommen und hatte sich angeschickt, gen Norden zu marschieren, direkt auf die Lande Sharandirs zu. Dies war der Augenblick gewesen, in dem den dunklen Sithar bewusst wurde, dass sie sich ihm entgegenstellen mussten. Fiele Sharandir seinem Feueratem zum Opfer, dann würden auch sie aus der Welt scheiden. Uluzefar hatte sie an diesen unwürdigen Wicht gebunden, sein Schicksal sollte das ihre sein.
An der Festung der Klippen war es dann zum Kampf gekommen, nur mit allergrößter Mühe hatten sie den Varakuul bezwingen können. Doch besiegen konnten sie ihn nicht, sie bannten ihn nur an dem Platz, an dem der Kampf stattfand. Bevor dies endlich vollbracht gewesen war, ging dessen Feueratem, der die Hitze der Zeit vor dem Erschaffen der ersten Sonnen in sich trug, über die Klippenfestung hinweg.
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