Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
viel schöner ausgesehen hatte als je zuvor. Thirun jedoch hatte diesen Sieg, wie viele andere auch, mit seinem Leben bezahlt. Noch heute erinnerte sie sich gut daran, wie sie gramgebeugt seinen Scheiterhaufen entzündet hatte. Seit diesen Tagen hatte sie sich keinem Manne mehr genähert. Ihren Gedanken stand es nach anderem, und so lebte sie viele Jahre nur für sich alleine. Es war ihr, wie vielen aus ihrem Volke, niemals vergönnt gewesen, Kinder zu haben. Erst in den letzten Jahrhunderten hatte sie ein Verlangen nach Kindern in sich verspürt. Doch wusste sie auch, dass diesen in den Tagen, die da kommen würden, nur noch Leid und Tod bevorstünden. So verdrängte das Wissen um die Dinge in der Welt auch den Wunsch nach Kindern in ihr.
Während sie nun neben Turgos einherging, er hatte sich wieder an ihre Seite begeben, fand sie, dass er für einen Menschen sehr groß war. Er war sogar noch etwas größer als sie selbst. Es gab wenige Menschen, die eine solche Größe erreichten. Er war stark, nicht nur an Körper-, sondern auch durch seine Willenskraft. An Durchsetzungsvermögen mangelte es dem Baron auch nicht. Eigentlich war er der ideale Anführer der Menschen der Thainlande, so wie sie sich das vorstellte. Ihm fehlte es vielleicht noch etwas an Weisheit. Doch diese würde im Laufe der Jahre schon hinzukommen. Wenn er denn nu r wirklich ihren Forderungen nachkommen würde. Whenda war nicht blind und sie erkannte die Zweifel, die an Turgos’ Herz nagten, nun, da sich alles auf eine Entscheidung zubewegte. Aber sie war hier in Schwarzenberg und vielleicht auch nur deshalb, um ihm diese Zweifel zu nehmen, sollte der Moment dafür gekommen sein.
Die Beistandsverträge, die die Königin von Maladan ihr mitgegeben hatte, waren in den Augen des Barons nichts wert. Das sagte er zwar nicht, doch sie konnte es in seinen Gedanken lesen. Mit dieser Einschätzung lag er nicht ganz daneben. Welche Unterstützung konnte Maladan Schwarzenberg schon angedeihen lassen, wenn das Kriegsglück nicht auf seiner Seite war? Es war alleine an ihm, für sein Volk das Richtige zu tun. Whenda wusste jedoch aus irgendeinem unerfindlichen Grund, dass er sich für den Krieg entscheiden würde, wenn die Stunde der Wahrheit gekommen war. Auch Turgos war einer jener Menschen, die der Zukunft mehr abgewinnen konnten als der Gegenwart, das machte ihn stark in ihren Augen. Für die Zukunft zu kämpfen war schon immer der stärkste Antrieb einer Streitmacht. In ihr konnte dann auch jeder einzelne Soldat das sehen, was ihm am liebsten war. Das machte ein Heer stark, streitbar und siegreich.
Nun hatten Turgos und Whenda die Schießstände erreicht. Viele Menschen scharten sich um einige ihrer Leute, die diese die Kunst der Bogenführung neu erlernen ließen. Die Soldaten Schwarzenbergs waren darin zwar geübt, wie sie vorgaben. Doch als sie die Schießkünste der Bogenschützen aus dem Osten bewundern durften, waren sie außer sich vor Erstaunen. Die Schwarzenberger trafen noch einigermaßen zielsicher auf einhundert Schritte. Aber die Soldaten Maladans vollbrachten noch über Distanzen von dreihundert Schritten wahre Meisterschüsse. So hörten die Soldaten Schwarzenbergs aufmerksam den Anleitungen ihrer neuen Bogenmeister zu, wenn diese ihnen ihre Technik erklärten. Doch es lag nicht nur an der Schießkunst.
Die Bögen aus Maladan übertrafen einfach jene der Schwarzenberger in Kraft und Geschwindigkeit bei Weitem. Sie waren besser verarbeitet und die Spannkraft ihrer Sehnen war doppelt so hoch wie bei den Bögen der Männer des Barons. Auch die Art und Herstellungsweise der Pfeile war gänzlich eine andere. Die Pfeilspitzen aus Maladan waren mit rasiermesserscharfen Schneiden versehen, die spitz zulaufend die Spitze verstärkten, die hierdurch eine enorme Durchschlagskraft bekam. Schnell war man übereingekommen, dass die Schwarzenberger neue Bögen haben mussten, um den Vorteil, den Bogenschützen brachten, auch voll ausnutzen zu können. Und auch bei den Pfeilen musste mehr Wert auf die Qualität der Hölzer und Stahlspitzen gelegt werden. Ein Pfeil durfte weder zu leicht noch zu schwer sein, um seine Aufgabe gut zu erfüllen. Deshalb übten die Männer nun auch nur mit den Bögen der Soldaten aus Maladan. Viele Männer waren ausgesandt worden, um in Schwarzenberg nach dem richtigen Holz für den Bogenbau Ausschau zu halten. Doch bisher waren sie noch nicht zurückgekehrt. Whenda hatte zwar fast 500 Bögen und die dazugehörigen Pfeile
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