Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Frage. »Die Völker galten schon einmal als besiegt und noch immer sind sie in der Welt außerhalb Alathas nicht vernichtet worden. Und Uluzefar ist ihrer auch nicht Herr geworden. Nehmen wir uns besser in Acht und kosten nicht schon den Sieg aus, bevor wir ihn errungen haben. Vieles kann noch bis dahin passieren, das wir nicht sehen können. Die Bedrohung, die du gesehen hast, mein Bruder«, sprach sie zu Scheitanas, »kann sie auch von den Nerolianern oder den geflohenen Ulkaldi herrühren?« Einen Moment schwiegen die Gedanken aller.
» Das ist mir verborgen«, sagte Scheitanas dann in die Stille. »Wir sollten sie jedoch noch viel stärker dezimieren, um sicherzugehen, dass sie sich nicht gegen uns stellen.«
» Wird der Krieg im Süden nicht sein Übriges tun?«, wollte Asmordus wissen und er fügte hinzu: »Sollten sie dort siegreich gewesen sein und alle Länder Vanafelgars gereinigt haben, können wir ja damit beginnen, sie zuerst in den Lehen Sharandirs zu vernichten. Jene, die aus den Kriegen heimkehren wollen und den langen Marsch nach Norden antreten, werden bei ihrer Ankunft nur noch die Knochen ihrer Verwandten beweinen können. Denn bei den Nerolianern kämpfen nur die Männer. Töten wir jedoch die Frauen und Kinder, dann löst sich das Problem von selbst.«
» Und die Verbliebenen zwingen wir dann, sich mit den Nird und den Ugri zu paaren. Das Volk, das hieraus entsteht, wird dann unser eigenes sein«, sagte Melilith dazwischen.
Alle waren mit diesem Vorschlag einverstanden.
»Wir könnten uns gar die Zeit damit vertreiben, einige der Nerolianer schon jetzt mit der Gründung unserer eigenen Rasse beginnen zu lassen.«
Wieder lachten alle durcheinander, denn der Plan Meliliths fand den Gefallen aller dunklen Sithar. Der Gedanke, ein eigenes Volk zu erschaffen, welches aller Dinge, die die Anyanar, Zwerge und Menschen ausmachte, entledigt war, gefiel ihnen. Denn sie waren die Kinder Uluzefars und so wie er Hand an das Werk der weißen Mächte legte und der ersten Biene einen Stachel gab, so wollten sie nun selbst Neues schaffen. Doch was Uluzefar einst tat, hatte einen tieferen Sinn. Er wollte damit den Kindern, die einst kommen sollten, das Leben abwechslungsreich und spannend machen. Er wollte es nicht leiden, dass sie in einer Welt aufwuchsen, in der das Glück sie erdrückte. Denn so hatten die weißen Mächte Alatha erdacht: ein Land voller Glück unter dem Segen der Mächte und die Völker dort in Unsterblichkeit vereint.
» Aber halten wir weiter Ausschau nach einer Bedrohung«, forderte Scheitanas und die Sithar hörten auf zu lachen. »Wir sollten gut in die Feuerlichter sehen, denn dort wird es sich früher oder später zeigen, was sich gegen uns stellen wird.«
Hätten die Sithar in jenem Augenblick gewusst, was Sharandir in seinem Irrlicht gesehen hatte, wäre die Welt eine andere geworden. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Ob im Guten oder Schlechten, würde sich jedoch erst noch zeigen müssen. Seltsam sind die Momente des Schicksals für jene, die sie nicht bemerken.
Die Reise beginnt
Schwarzenberg, 1. Tag des 2. Monats 2515
Nun war der Tag gekommen. Turgos hatte noch letzte Instruktionen erteilt, was in seiner Abwesenheit alles zu erledigen war. Ingold, der gegen die Reise des Barons war, hatte jedoch wie immer alles im Griff und wünschte seinem Herren eine gute Fahrt. Insgeheim hoffte er darauf, dass dem Baron nichts zustoßen möge. Denn er selbst hatte, wie viele in Schwarzenberg, das eigene Land noch nie verlassen. Der längste Weg, den er je an einem Stück zurückgelegt hatte, war der nach Wallstadt am Falltrau, der nördlichsten Stadt der Baronie von Schwarzenberg. Dort in der Wallstadt war auch das Heer stationiert, welches die Nordgrenzen sicherte. Die Lage der Wallstadt sprach für sich: Sie lag etwas östlich vom Zusammenfluss des Hell- und Falltraus, und alles Land um diese als Wehrsiedlung gegründete Stadt war sehr gut zu übersehen. So konnte kein Feind sich ihr ungesehen nähern.
Ingold ging davon aus, dass der Baron und die Frau aus Maladan diese Stadt durchqueren würden. Dort gingen viele Händler über die Holzbrücke nach Lindan. Auch von dort kamen ständig Reisende und zwei weitere arme Wanderer würden hier kein Misstrauen erwecken. Die Garnison, die in Lindan das Ufer des Falltraus bewachte, war seines Wissens auch nicht sehr motiviert und bestand nur aus zwölf Wachen, die sich um nichts kümmerten, als dem Trunke nachzugehen. Es gab
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