Das Erbe in den Highlands
das sie außer der Wahrheit sagen konnte.
»Euer Schweigen antwortet für Euch, Mylady.«
»Oh, Kendrick, es liegt nicht an dir.« Dann merkte sie, dass sie errötete. »Na ja, eigentlich schon. So ungefähr.«
»Kein Gesetz verlangt, dass die Ehe morgen Nacht vollzogen werden muss.«
»Irgendwann muss es aber passieren.«
»Du schmeichelst mir. Nay, ich weiß«, sagte er barsch, als sie aufzustehen begann, »du hast es nicht so gemeint.«
Genevieve wollte etwas sagen, um ihn zu beschwichtigen, aber ihr fiel nichts ein. Die Schrecken dieses Tages hatten ihren Tribut gefordert, und das Wissen, morgen tatsächlich verheiratet zu werden, brachte das Fass zum Überlaufen. Nicht die Hochzeit machte sie nervös, sondern der Teil, der danach kam. Kendrick hatte sich den ganzen Tag über sehr anständig verhalten, vermutlich aber nur, weil er zu viel damit zu tun hatte, die Feuer zu löschen, um ihr allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Morgen würden alle fortgehen, und sie wäre mit ihm allein. Sie wusste, dass er ihr nie wehtun würde, doch er würde ihr bestimmt nahe sein wollen. Körperlich. Auf intime Weise.
Bei dem Gedanken hätte sie am liebsten Reißaus genommen.
Sie sah zu, wie Kendrick sich ans Feuer setzte und die langen Beine ausstreckte.
»Kendrick?«
»Aye.«
»Wird es wehtun?«
Er zögerte. »Ein wenig.«
Offensichtlich wusste er, wovon sie sprach. »Ein wenig?«, wiederholte sie.
»Irgendwas zwischen aua und schneid mir bitte die Kehle durch.«
Ach du großer Gott.
Kendrick stand am Altar der Kapelle und hielt die Hand seiner Lady in der seinen. Nie hatte er geglaubt, dass dieser Moment einmal kommen würde. Genevieve war die Seine. Verstohlen schaute er auf sie hinunter, und das Herz ging ihm über. Wie wunderschön sie in dem historischen Hochzeitskleid aussah, das Adelaide zur Verfügung gestellt hatte.
Aus ihrem hochgesteckten Haar kringelten sich ein paar Löckchen über den Nacken und die Schläfen. Kendrick juckte es in den Fingern, ihr das Haar zu lösen und seine Finger darin zu vergraben. Süße, süße Genevieve.
Ihm wurde gestattet, sie zu küssen, und er kam der Aufforderung nach, aber längst nicht so ausführlich, wie es ihm lieber gewesen wäre. Zum einen war sie steif wie ein Schwert in seinen Armen. Vielleicht lag es am Hochzeitsbibbern. Himmel noch mal, er hätte es wohl auch selbst verspürt, wenn er nicht so begierig darauf gewesen wäre, sie an sich zu binden. Doch Genevieve war anders. Er wusste, dass er sie nervös machte, hatte aber keine Ahnung, wie er ihre Ängste mindern konnte. Wenn sie nicht nur dem Namen nach verheiratet sein sollten, würde er mit ihr schlafen müssen. Obwohl ihm allein schon der Gedanke das Blut in strategische Teile seiner Anatomie trieb, würde diese Vorstellung ihr wahrscheinlich Angst durch die Adern jagen.
Geduld, Seakirk. Ihr zu zeigen, dass er ihr Wonne bereiten konnte, würde Geduld erfordern. Und er war ein geduldiger Mann. Er hatte siebenhundert Jahre auf sie gewartet. Was waren da ein paar Tage mehr?
Er hielt die eisigen Hände seiner Frau zwischen den seinen und bemühte sich, sie zu wärmen. Zwecklos. Sie war so scheu wie eine Stute in einem Stall voll brünstiger Hengste. Als gedächte er, sie auf der Stelle ins Bett zu zerren!
Geduld. Davon besaß er doch genügend, nicht wahr?
Am späten Nachmittag war er damit beschäftigt, alle aus dem Bergfried zu treiben. Worthington war davon überzeugt, Kendrick und Genevieve würden Hungers sterben, und hatte Adelaide das Versprechen abgenommen, alle zwei Tage nach ihnen zu schauen. Worthington plante eine Kreuzfahrt zu den griechischen Inseln und hatte angekündigt, aus jedem Hafen anzurufen. Kendrick versicherte ihm, das sei nicht nötig.
Royce freute sich darauf, vierzehn Tage oder länger als Hausgast bei Adelaide zu verbringen und allen heiratsfähigen Maiden aus der Umgebung vorgestellt zu werden. Er war als Erster aus der Tür, als die Zeit des Abschieds gekommen war. Nazir wiederum wollte überhaupt nicht gehen. Er war ganz und gar nicht begeistert davon, bei Mistress Adelaide unterzukommen, da er überzeugt war, die Frau würde ihn bei der erstbesten Gelegenheit vergiften. Bei den Blicken, die zwischen seinem tapferen Sarazenen und Mistress Adelaide gewechselt wurden, musste sich Kendrick ein Lächeln verkneifen. Er hoffte aufrichtig, dass ihr Laden versichert war, denn es war unvorhersehbar, welchen Unfug Nazir wieder anstellen würde.
Kendrick stand auf der obersten
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