Das Erbe in den Highlands
nicht. Aber Genevieve brauchte Schlaf, und er beabsichtigte, ihr den zu verschaffen.
Er schlüpfte in die High-Top-Sneakers und nahm sein Schwert, das an der Truhe lehnte. Ein morgendliches Übungsgefecht mit Royce war genau das, was er brauchte. Dann könnte er vielleicht vorgeben, heftigen Muskelkater zu haben und Genevieve überreden, wieder mit ihm ins Badezimmer zu kommen. Das hatte sie verweigert, seit er sie geneckt hatte, wie laut sie in ihrer Leidenschaft war. Allein die Erinnerung an jenen süßen Nachmittag ließ heißes Blut durch seine Adern wallen.
Das Telefon klingelte, als er in die Küche kam. Vielleicht
hatte Royce ja doch seine Gedanken gelesen. Kendrick griff nach dem Hörer.
»Aye?«
»Lord Seakirk? Ähm, hier ist Inspektor O’Mally, Euer Lordschaft. Ich habe die zwei Burschen befragt, die Ihrer Lady vor vierzehn Tagen Ärger bereitet haben, und ich dachte, ich komme mal vorbei und erstatte Ihnen Bericht.«
Kendrick überlegte, konfrontiert mit zwei Alternativen. Die eine bestand darin, den Morgen damit zu verbringen, sich das Geschwafel des Inspektors über etwas anzuhören, woran er nicht denken wollte. Die andere war das Training mit Royce, die Zubereitung einer Mahlzeit für seine Liebste, Genevieve in die Bibliothek zu tragen und sie dann auf dem extragroßen Sofa im schalldichten Fernsehzimmer zu lieben.
Die Wahl fiel ihm leicht.
»Sie können es mir am Telefon erzählen.«
»Ich habe mit Worthington gesprochen, und er hat mich über Ihre Hochzeit und die kürzliche Genesung von Ihrem Leiden informiert.«
»Leiden?«, wiederholte Kendrick.
»Das Sie zwang, jegliche Berührung zu vermeiden?« Der Inspektor gluckste, wenn auch leise. »Um ehrlich zu sein, Euer Lordschaft, ich hatte den Gedanken erwogen, Sie könnten ein Gespenst sein.« Er schwieg mehrere Augenblicke. »Aber solche Dinge sind ja unmöglich. Schließlich leben wir im zwanzigsten Jahrhundert.«
Leiden? Typisch Worthington, es klingen zu lassen, als hätte er die verdammte Pest gehabt!
»Nun ja«, sagte Kendrick schroff, fieberhaft auf der Suche nach den passenden Worten, »’s ist das Wunder der modernen Medizin.«
»Ihre Geschichte, im dreizehnten Jahrhundert geboren zu sein, war wunderbar erzählt. Ich muss gestehen, dass ich sie vollständig geglaubt habe. Und was ich an jenem Tag in Ihrem Rittersaal sah ...«
»Spiegel«, log Kendrick. »Verschrobenheit des Adels und so weiter.«
»In der Tat«, gluckste der Inspektor. »Was nun diese andere Sache betrifft, wann könnte ich zu einem Besuch vorbeikommen?«
Hölle und Verdammnis, der Mann war hartnäckig. Kendrick seufzte tief.
»Am Telefon, Mann. Ich bin heute zu beschäftigt für eine Audienz.«
Der Seufzer von Inspektor O’Mally war leise, aber hörbar. »Also gut, Mylord. Anscheinend stammten die beiden Burschen aus einem Dorf in der Nähe und wurden von einem Mann aus London angeheuert. Sie wollten seinen Namen nicht preisgeben, und ich bin der Meinung, dass sie den auch gar nicht wussten. Er bezahlte sie mittels eines in London aufgegebenen Pakets. Festzustellen, wer das Paket versandt hat, wird so gut wie unmöglich sein. Sie erhielten einen Telefonanruf, den wir zu einer Telefonzelle in London zurückverfolgen konnten, nicht in eine Wohnung. Der Anrufer war ein Mann mit nasaler Stimme, die aber sonst keine weiteren charakteristischen Merkmale hatte.«
»London«, sinnierte Kendrick. »Dort kenne ich nur wenige. Haben Sie die überprüft? Jemanden gefunden, der über entsprechende Geldmittel verfügt und einen Grund hat, Genevieve tot sehen zu wollen?«
»Die einzige Person, die sowohl zu Ihnen als auch zu Lady Seakirk in Beziehung steht, ist Bryan McShane, Mylord. Ich habe seine Sekretärin angerufen und erfahren, dass er in der Woche, in der das Paket und die Anweisungen verschickt wurden, nicht im Büro war.«
Kendrick strich sich nachdenklich übers Kinn. Bryan McShane? Unmöglich. Der Mann war ein jämmerlicher Hasenfuß. Und er wurde viel zu gut bezahlt, um etwas Törichtes zu unternehmen. Wie hätte er davon profitieren sollen, Genevieve etwas anzutun?
»Nay, mein guter Mann, er hat keinen Grund, meiner Lady etwas anzutun. Es muss jemand anders sein.«
»Ich werde natürlich weitersuchen, aber ich werde den jungen McShane im Auge behalten, Mylord, wenn Sie nichts dagegen haben. Man weiß nie, was in einem verbrecherischen Hirn lauert.«
»Tun Sie das«, stimmte Kendrick zu. »Rufen Sie mich an, wenn es Neuigkeiten gibt.«
Er legte
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