Das Erbe in den Highlands
ein paar Tagen würde sie nach Hause fahren, und wenn er wollte, dass sie die Schriftstücke Unterzeichnete, würde sie es tun. Falls nicht, würde sie ihn umarmen, so gut es ging, und ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte.
Sie fuhr hinauf in ihre Suite. Die Räume waren wunderschön. Sie musste Kendrick unbedingt den Prospekt mitbringen, damit er es selbst sehen konnte. Er würde überrascht sein über den Unterschied zu dem Gasthaus, in dem das dreiste Frauenzimmer Royce den Harnisch geklaut hatte.
Das Telefon klingelte.
Genevieve sah es an und wusste, ohne abheben zu müssen, wer am anderen Ende der Leitung war. Sie wischte sich die Hände an den Jeans ab und holte tief Luft. Für Nervosität gab es keinen Grund. Es war doch nur Kendrick. Sie hatte schon früher mit ihm gesprochen. Damit konnte sie umgehen. Nur hatte sie das Gefühl, an der Schwelle zu etwas ziemlich Folgenschwerem zu stehen. Sie ging zum Nachttisch und sah auf das Telefon hinunter.
Es läutete immer noch.
Sie griff nach dem Hörer.
»Hallo?«, sagte sie atemlos.
»Hast du eine Ahnung, wie viele verdammte Hotels, Gasthöfe, Jugendherbergen, Pensionen und Mietzimmer es zwischen Seakirk und London gibt?«
Sie sank aufs Bett. Ihre Knie waren der Aufgabe, Genevieve aufrecht zu halten, nicht gewachsen.
»Hab ich nicht, aber ich fürchte, du schon.«
»Genevieve, ich weiß gar nicht ...«
»Kendrick, du brauchst nicht ...«
»Bitte«, sagte er heiser, »lass mich ausreden. Was ich dir angetan habe, war unverzeihlich. Ich könnte es dir nicht verübeln, wenn du mich nie wieder sehen willst. Wenn ich Seakirk verlassen könnte, würde ich dir die Burg überlassen und nie wieder auf deiner Schwelle erscheinen.«
»Kendrick, wirklich ...«
»Ich werde dir alles kaufen, was du für einen Neuanfang brauchst. Such dir eine Stadt aus, ein Haus und alles, was dazu gehört, und ich sorge dafür, dass du es bekommst. Ich werde deinen Ruf als allerbeste Restaurierungsexpertin nah und fern verbreiten. Du wirst so viel zu tun haben, dass du eine Heerschar von Mitarbeitern zur Unterstützung brauchst. New York wäre vielleicht am besten, aber falls du zurück nach San Francisco willst, sorge ich dafür, dass du dein altes Zuhause wiederbekommst. Oder ich suche dir ein neues, wenn du willst. Was dir lieber ist.«
Genevieve spürte, wie die Benommenheit an ihrem Haaransatz begann und sich nach unten ausbreitete. Damit hatte sie nicht gerechnet. Er sollte sie doch zurückhaben wollen, statt sie noch weiter wegzuschicken.
»Verstehe«, sagte sie mit tonloser Stimme.
»Das kann natürlich nie ersetzen, was ich dir genommen habe, doch leider sind meinen Möglichkeiten für Schadenersatz gewisse Grenzen gesetzt.«
»Verstehe«, wiederholte sie und fragte sich, wieso ihr nichts anderes zu sagen einfiel. »Dann willst du also, dass ich in die Staaten zurückkehre.«
»Ich weiß ja, dass du nicht wieder hierher kommen willst.«
Sie schwieg. Der Schmerz klebte wie bittere Galle in ihrem Rachen. Er wollte sie nicht zurückhaben. Sie blinzelte heftig, um die Tränen aufzuhalten.
»Ich schicke deine Sachen, wenn du möchtest. Ich weiß, dass du nicht herkommen willst, um sie zu holen ...«
»Gut, aber allwissend bist du noch nicht, oder?«, fauchte sie und knallte den Hörer auf. Hol ihn der Teufel. Er hätte
sich entschuldigen, ihr dann ewige Liebe schwören und ihr sagen sollen, dass er ein Leben ohne sie nicht ertragen könne, dass der Gedanke an einen weiteren Tag ohne sie an seiner Seite mehr sei, als er verkraften könne. Er hätte sie nicht anzurufen brauchen, um ihr zu sagen, sie könne sich die Mühe sparen, ihre Sachen persönlich abzuholen. Warum knallte er das ganze Zeug nicht gleich draußen vor den Burggraben?
Das Telefon läutete erneut. Sie ließ es gut zwanzig Mal klingeln, dann riss sie den Hörer hoch.
»Was ist?«
Zuerst kam nur Schweigen, dann hallte der Klang einer tiefen Stimme in ihrem Ohr wider.
»Komm nach Hause.«
Keine Frage, keine Bitte, nur eine Forderung.
Die süßeste Forderung, die sie je gehört hatte. Genevieve atmete langsam aus.
»Selbstverständlich, Mylord.«
Noch mehr Schweigen.
»Ich liebe dich.«
»Oh, Kendrick«, sagte sie und tastete nach einem Papiertuch. »Ich liebe dich auch.«
Er räusperte sich schroff. »Noch höre dich aber nicht packen.«
Genevieve schlang die Arme um sich. Wozu brauchte sie blumige Redewendungen, wenn zu Hause ein anspruchsvoller, arroganter, unmöglicher Ritter auf sie wartete? Sie
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