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Das Erbe in den Highlands

Titel: Das Erbe in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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ihrem Ritter zu verbergen. Und seine Miene war mit jedem Tag düsterer geworden. Sie hatte ihn in dieser Woche kein einziges Mal lächeln sehen. Das war unerträglich! Als sie aus London nach Hause kam, war ihr klar gewesen, dass es Tränen geben würde. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, wie viele es sein würden. Welch schreckliche Fehleinschätzung. Vielleicht wäre es besser, ihn gar nicht zu haben, als auf diese Weise.
    Entsetzt schlug sie Hand vor den Mund. Hatte sie tatsächlich so etwas Fürchterliches gedacht? Sie drehte sich um und verließ eilends den Wehrgang. Ablenkung. Irgendwie musste sie sich ablenken. Kendrick verbrachte die meiste Zeit des Tages auf dem Turnierplatz. Vielleicht würde körperliche Anstrengung sie ruhiger machen. Ein Versuch konnte nicht schaden.
    Kendrick hatte ihr den Hinterausgang der Burg gezeigt: durch den geheimen Tunnel und unter der äußeren
    Burgmauer hindurch. Der Pfad hinunter zum Strand war steil, aber zu bewältigen. Trotz Nebel und bitterer Kälte schlängelte sie sich zwischen den Felsen hindurch. Ein Strandlauf. Das würde sie zwingen, sich mit ihren Füßen zu beschäftigen, statt mit ihrem Leben.
    Sie rannte, bis sie nach Luft japste und ihre Muskeln brannten. Der Nebel hatte sich in Regen verwandelt und prasselte auf sie herab. Das war ihr egal. Der Sand fühlte sich kalt und nass an, als sie sich keuchend auf Hände und Knie fallen ließ. Seit wann war sie so außer Form?
    »Die Beute kommt also zu uns?«
    Genevieve riss den Kopf hoch und erbleichte. Vor ihr standen zwei Männer, ganz in Schwarz gekleidet und die Gesichter hart vor übler Absichten. Einer der beiden griff nach ihr, und sie warf sich zurück, um sich aufzurappeln.
    »Oh nein, das lässt du lieber bleiben, Missy«, sagte der andere und verstellte ihr den Weg.
    Genevieve wechselte die Richtung und stürzte nach vorn, wobei es ihr gelang, zwischen den beiden Männern hindurchzuschlüpfen. Sie sprang auf und floh.
    »Lass sie nur rennen«, sagte der eine. »Die Luft tut mir gut. Merkst du nicht, wie gut die Seeluft hier oben ist, Davy?«
    Kendrick!, schrie Genevieve tonlos. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie Kendrick seine Aufmerksamkeit jäh von dem Ritter abwendete, der über den Turnierplatz auf ihn zudonnerte; Kendrick flog vom Rücken seines Pferdes und landete rücklings im Staub, die Füße in der Luft, da ihn die Lanze voll in die Brust getroffen hatte. Sie sah ihn aufspringen und hörte ihn nach Nazir und den anderen Gespenstern rufen, die sich im äußeren Burghof herumtrieben.
    Zu den Waffen!, brüllte er. Zu mir, Burschen! Seakirk!
    Genevieve schrie vor Schmerz auf, als ihre Verfolger genug von dem Spiel hatten, sie bei den Haaren packten und ihr damit beinahe das Genick brachen. Sie wurde zu
    Boden gestoßen, und die Männer standen lachend über ihr.
    »’ne hübsche Tussi, was, Davy? Ich sag, wir nehmen sie uns jetzt, und abliefern tun wir sie später. Was meinst du?«
    Der andere Mann grinste zahnlos. »Abgemacht, Al.«
    Al knallte dem anderen eine. »Hab doch gesagt, du sollst meinen Namen nich nennen, du Scheißkerl! Spinnst du?«
    Um sie herum wallte plötzlich Nebel auf. Die Männer wirbelten überrascht herum, wollten sehen, was die Sonne auf einmal so völlig verdeckte.
    Auf Hände und Knie und nach links, Gen. So weit und schnell du kannst!
    Das musste man ihr nicht zweimal sagen. Al und Davy hatten ihre Messer in der Hand, und der Gedanke, aufgespießt zu werden, gefiel ihr gar nicht. Sie krabbelte auf Händen und Knien davon und schrie auf, als sich eine Klinge neben ihrer Hand in den Sand bohrte. Rasch änderte sie die Richtung, bis sie ans Wasser kam und nicht weiter konnte. Erschöpft blieb sie in der Gischt liegen und betete.
    Rund um sie ertönte Kampfgetöse, und der Nebel war so dicht, dass sie die Sonne nicht sehen konnte. Gespenstische Gestalten schälten sich aus der Düsternis und verschwanden wieder in ihr, Männer in voller Kampfmontur schwangen ihre Schwerter und brüllten mit geisterhaften Stimmen. Die Schreie von Al und Davy gingen in dem Getöse unter. Genevieve legte die Hände über den Kopf und betete, dass die beiden Schurken sie für Treibholz halten und in Ruhe lassen würden. Warum holte Worthington denn nicht endlich die Polizei?
    Die Schreie verklangen mit der Zeit, und der Nebel lichtete sich. Genevieve hob den Kopf und schrie auf, als sie die dunkle Gestalt mit dem Gewehr in der Hand über sich gewahrte. Dann kam die Sonne durch die

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