Das Erbe von Glen Crannach
Dinge aufgeworfen, die die Grundlagen all dessen erschütterten, woran sie bisher geglaubt hatte.
Nachdem Camilla und Greg den alten Turm drei Stunden lang sorgfältig durchsucht hatten, sah es aus, als wäre ihre Reise umsonst gewesen. Sie hatten in jedem Zimmer und jeder Nische nachgesehen, aber keine Spur des Goldnebels gefunden.
Dennoch ließ Camilla sich nicht davon abbringen, dass der Schmuck hier war.
“Er muss irgendwo in der Nähe sein, beharrte sie. “Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür, dass du den schrecklichen Unfall vorgestern überlebt hast.”
Greg zuckte nachsichtig die Schultern. “Wenn du so sicher bist, dann suchen wir eben weiter.”
Eine halbe Stunde später waren sie froh darüber.
Camilla hatte noch einmal alle wahrscheinlichen Verstecke wie Schränke, Kamine und Vertiefungen überprüft. Da kam sie auf den Gedanken, ihre Suche auch auf weniger appetitliche Orte auszudehnen – zum Beispiel das Abflussrohr, das von der Küche in einen Entwässerungsgraben führte. Also wuchtete sie das schwere Eisengitter hoch, das darüber lag, ging in die Knie und schob die Hand so weit wie möglich in das Rohr.
Zuerst griff Camilla ins Leere, doch sie gab nicht auf. Ein schwer erklärbares Gefühl sagte ihr, dass sie auf der richtigen Spur war. Als ihre Finger einen festen Gegenstand berührten, stockte ihr der Atem.
Es fühlt sich an wie eine Schachtel, dachte sie aufgeregt und versuchte, das Ding zu fassen. Es rutschte weg.
Sie sprang auf. “Greg! Greg! Komm schnell!”, rief sie. “Ich glaube, ich habe etwas gefunden.”
Er kam angelaufen. “Wo denn?”
“Hier drin.” Camilla deutete auf den offenen Abfluss. “Ich habe etwas gefühlt, aber mein Arm ist nicht lang genug, es zu fassen.”
“Lass mich mal.” Greg ging in die Hocke, schob seinen Ärmel hoch und griff in das Rohr. Camilla wartete mit angehaltenem Atem. Plötzlich begann Greg zu lächeln. “Du hast recht. Hier ist tatsächlich etwas.”
Vorsichtig zog er den Gegenstand heraus. Er war völlig verschmutzt, aber sie erkannte sofort die geschnitzte Schatulle, die den Goldnebel enthielt. Oder vielleicht enthalten hatte. Mit klopfendem Herzen sah Camilla zu, wie Greg den silbernen Schlüssel herumdrehte und den Deckel öffnete. Der Schmuck lag unbeschädigt auf seinem Kissen aus blauem Samt.
“Ich hab’s gewusst!” Vor Freude machte Camilla einen Luftsprung. Am liebsten hätte sie Greg umarmt. Ihre blauen Augen leuchteten triumphierend. “Ich hab’s gewusst, dass der Goldnebel hier ist!”
Greg strahlte übers ganze Gesicht. Er machte kein Hehl daraus, dass er sich ebenso freute wie sie.
“Das ist also die berühmte weibliche Intuition. Ich bin froh, dass ich ausnahmsweise einmal darauf gehört habe. Danke, Camilla”, sagte er. “Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich nie daran gedacht, hier zu suchen.”
“Aber wie ist der Schmuck hierhergekommen? Wer hat ihn aus Schloss Crannach entfernt?” Camillas Miene wurde nachdenklich. “Es muss der junge Mann gewesen sein, von dem Davie gestern erzählt hat. Wer um alles in der Welt kann das sein?”
Greg schüttelte lächelnd den Kopf und klappte die Schatulle wieder zu. “Ich möchte noch keinen Namen nennen, aber ich habe einen gewissen Verdacht. Wir werden bald herausfinden, ob ich recht habe. Am wichtigsten ist jetzt, dass ich den Schmuck wiederhabe, und das verdanke ich dir.” Ehe sie sich’s versah, hatte er ihr die Hand unters Kinn gelegt. “Nimm das als Zeichen meines Dankes”, murmelte er und küsste Camilla sanft auf den Mund.
Es war der netteste Kuss, den sie je bekommen hatte – weich, warm und liebevoll. Doch hinter der Sanftheit verbarg sich eine Leidenschaft, die ihr den Atem nahm. Als Greg die Finger durch ihr seidiges Haar gleiten ließ, wurde ihr heiß, und ihr Herz begann heftig zu schlagen.
Plötzlich zog er sie fest an sich und küsste sie leidenschaftlicher. Seufzend schloss sie die Augen. Dieser Kuss schien das Natürlichste der Welt zu sein.
Schließlich hob Greg den Kopf und betrachtete Camilla zärtlich. “Ich schlage vor, du machst jetzt deine Aufnahmen. Es ist die einzige Gelegenheit für dich, den Goldnebel an seinem ursprünglichen Platz zu fotografieren.”
Sie räusperte sich und nickte. “Daran habe ich auch schon gedacht.”
Genau genommen stimmt das gar nicht, gestand sie sich ein, als sie ihre Kamera holen ging. In Wahrheit bin ich in Gedanken noch bei Gregs Kuss gewesen und habe mir gewünscht, er hätte
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