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Das ermordete Haus

Das ermordete Haus

Titel: Das ermordete Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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umschrieb mit einer ausholenden Bewegung die Abrißstelle, die hinter ihm lag.
    Patrice zuckte mit den Schultern. »Jeder hat seine Verstümmelungen. Dir haben sie dein Innenleben auseinandergenommen. Aber … Warum duzt du mich nicht? Wir kommen aus der gleichen Gegend …«
    »Das bring ich nicht fertig«, sagte Séraphin. »Sie sind der Sohn vom alten Dupin.«
    »Aber ja, das hätte ich fast vergessen! Ich bin der Sohn vom alten Dupin! Und wer weiß? Vielleicht sogar eines Tages der Sohn des conseiller général Dupin. Der einst der Schmied von Les Mées war wie seine Vorfahren schon, solange man denken kann. Nur wurde dieser Dupin 1914 plötzlich Heereslieferant. Er lieferte Hufeisen, Kochgeschirre und Gott weiß was noch alles. Und schließlich auch Granaten. Erst hat man ihm eine Drehbank hingestellt, dann zwei. Darauf hat er so viele Granaten gedreht, wie auf uns heruntergeregnet sind … Er hat damit mehr Millionen gemacht, als ich dort Flicken habe, wo bei anderen das Gesicht sitzt! Als er mich gesehen hat, wollte er sie zurückgeben! Ehrlich! Nur – er wußte nicht, wem!« Er brach in ein Gelächter aus, in dem das Flickwerk seiner Gesichtszüge wie eine düstere Sonne aufschien. »Natürlich hat er sich mit der Zeit damit abgefunden. Sieh her! Als Entschädigung hat er mir das gekauft!« Er zeigte auf das rote Automobil, das unter den Lorbeerbäumen stand und mit dem unverschämten Glanz seiner Chromteile alles um sich herum überstrahlte.
    »Ich muß wieder an die Arbeit«, sagte Séraphin, »ich habe nur meinen Sonntag. Danke.«
    »Ja, du hast recht, du mußt wieder an die Arbeit.« Patrice nahm noch eine Zigarette aus seinem Etui und zündete sie an.
    »Komm mich doch einmal besuchen«, sagte er, »ich habe keine Freunde … Ich wohne da drüben.« Mit einer unbestimmten Geste zeigte er auf das Land jenseits der Durance. »Richtung Les Pourcelles«, sagte er. »Mein Vater hat sich dort ein Haus gekauft. Es heißt Pontradieu. Er hält es für ein Schloß und macht auf adlig. Zu komisch!«
    Unvermittelt streckte er Séraphin die Hand entgegen. Séraphin ergriff sie. Seine riesige Pranke, die aussah, als sei sie dazu bestimmt, zu quetschen und zu zermalmen, war schlaff wie der Flügel einer toten Taube.
    Er wird mich niemals mögen, dachte Patrice traurig. Für ihn werde ich immer nur der Sohn vom alten Dupin sein.
    Er setzte sich ans Steuer. Séraphin stand unter der Zypresse und sah zu, wie er wegfuhr. Dann stieg er mit den bedächtigen Bewegungen, die ihn kennzeichneten, wieder die Leiter hinauf.
    Eines Abends erschien ein anderer Besucher. Es war ein Abend wie auf einem Gemälde. Ein kurz zuvor niedergegangenes Unwetter hatte den ganzen Lubéron schwarz eingefärbt, und darunter duckte sich die Senke von Manosque wie unter einem Rabenflügel.
    Séraphin hockte auf der Außenmauer. Er hatte gerade einen runden Steinbrocken, eine Art von steinernem Ei, das gut vierzig Kilo schwer war, aus der Mauerfüllung herausgehackt und schickte sich an, es in die Tiefe zu schleudern. Als er sich aufrichtete, bemerkte er unter der Zypresse einen Mönch, der ihn mit auf die Hüften gestützten Händen beobachtete. Séraphin ließ den gewaltigen Brocken los, und der Mönch sah zu, wie er auf dem Schutthaufen zerbarst. Dann sah er wieder zu Séraphin hinauf.
    »Séraphin!« rief er. »He, Séraphin! Komm doch einmal von deinem verdammten Ausguck da oben herunter! Ich habe dir etwas mitzuteilen!«
    »Mir?« rief Séraphin.
    »Ja, ganz richtig, dir!«
    »Ist es dringend?« rief Séraphin. »Ich habe nämlich nicht mehr viel Zeit, bevor es dunkel wird.« Er zeigte in die Höhe, auf den sich allmählich verfinsternden Himmel.
    »Ja!« rief der Mönch. »Es ist schrecklich dringend.«
    Séraphin zögerte einen Augenblick. Er betrachtete den zerschlissenen Wollstoff der Mönchskutte. Er betrachtete das magere Gesicht, in dem sich die Haut über den Knochen spannte, die Augen, die tief in ihren Höhlen lagen. Aus Mitleid stieg er hinunter.
    Als er aber vor dem Klosterbruder stand, kam der ihm munterer und weniger bemitleidenswert vor, als er von oben ausgesehen hatte. Aus der Nähe betrachtet wirkte er sogar ausgesprochen gut genährt und leutselig.
    »Du kennst mich nicht«, sagte der Mönch. »Ich bin Bruder Calixtus. Ich komme von dort oben.« Mit dem Kinn wies er auf die höchste Stelle der Hochfläche hinter La Burlière, wo das Kloster als kleiner weißer Fleck nur mit Mühe auszumachen war. Er fügte hinzu: »Ich war

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