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Das ermordete Haus

Das ermordete Haus

Titel: Das ermordete Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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im gleichen tadelnden Tonfall.
    »Séraphin!«
    Obwohl sie vor Kraft vibrierte, war diese Stimme doch leise und klang betrübt. Séraphin stellte fest, daß sie aus dem Gehölz unter ihm kam, aber er wußte nicht, ob er sie schon einmal gehört hatte.
    Ohne zu antworten, trat er geräuschlos an den äußersten Rand der Felsplatte vor. Er hielt sich an einem Zweig fest und beugte sich über den Abgrund, aber er sah nur das Auf und Ab der Baumkronen.
    »Séraphin!« rief die Stimme. »Vergiß alles, was er dir gesagt hat, hörst du, Séraphin? Vergiß alles! Wenn du es glaubst, bist du verloren! Hörst du, Séraphin? Verloren, verloren. Dann wirst du nie glücklich werden!«
    Séraphin rannte zu der Allee, zu den Steineichen und suchte nach einem Durchschlupf, um diesen Unglückspropheten stellen zu können. Aber er mußte bis zur Kirche am oberen Rand der Felsplatte entlanglaufen, der Fels bot keine einzige Spalte, durch die er hätte absteigen können.
    Als er unterhalb der Stelle, an der sich der Kalvarienberg befand, ankam, neben dem Waschraum der Mönche, fand er nur eine runde Stelle, an der das Gras niedergetreten war, und in der Luft hing noch ein leichter Geruch nach einer Mischung aus würzigen Kräutern und dem landesüblichen Tabak. Auch unter dem Laub der Baumkronen waren keine Spuren zu entdecken, der Pfad war zu trocken. Séraphin stürmte hinunter ins Tal, durch Brombeergestrüpp und Schneeballsträucher. Er walzte die Wiesen mit ihren Wermutkräutern und ihren Brennesseln nieder und riß sich die Haut an Hagebuttenranken auf, die ihn beim Vorbeirennen hinterlistig festhielten. Er taumelte von Gestrüpp zu Gestrüpp und von Stamm zu Stamm. Er rannte Böschungen hinunter, sprang über Geröllhaufen und landete auf Ginsterbüschen, die er mit seinem Gewicht niederdrückte. So erreichte er schließlich auf kürzestem Weg die Quelle, die am Wegrand direkt am Boden entsprang und an der der Prior eingeschlafen war. Er entdeckte sie zu spät und wäre fast mit den Füßen im Wasser gelandet, so vollständig war sie vom Gras verdeckt. Er suchte die Rinne, durch die sie sich in das tiefer liegende Becken ergoß. Der Rand war aus jenem besonderen Stein, der die Farbe von reifen Oliven hat und aus dem auch die Mörser hergestellt werden, in denen man Knoblauch zerdrückt. Auf einer Seite hatte die Fassung eine breite, längliche Einkerbung, die wie eine Mondsichel geformt war und wie die Klinge einer Sichel glänzte.
    Das war der Ort, zu dem seit jeher die Schnitter gekommen waren, um ihre Klingen zu schärfen, denn der Stein ersparte ihnen das Dengeln. Hier war es also …
    Séraphin stellte sich drei über die Quelle gebeugte Schatten vor, die in ihren Händen, die sie in der unsteten Strömung kaum ruhig halten konnten, ihre Messer hielten und sie mit langsamen Bewegungen wieder und wieder über die Einkerbung des olivfarbenen Steins zogen. Er sah sie an der Stelle seiner eigenen großen Silhouette, die sich im Wasser spiegelte, leibhaftig vor sich und hörte deutlich dieses an den Gesang von Zikaden gemahnende Geräusch, von dem der sterbende Prior gesprochen hatte.
    Er blieb lange an der Quelle. Er kniete sich sogar hin, um die Kerbe genauer zu betrachten und um sich davon zu überzeugen, daß der Mönch sie nicht in seinem Delirium erfunden hatte. Mit der Handfläche streichelte er den glattpolierten Stein.
    Der Mond war im Untergehen begriffen, als er Peyruis erreichte. Doch er spürte keine Spur von Müdigkeit. Sein Inneres war wie der Pfeil auf einem gespannten Bogen auf ein Ziel gerichtet, das er noch nicht genau ausmachen konnte.
    6
    BEI Regen und Schnee fuhr Séraphin fort, einen Stein nach dem anderen zu lösen, die herausgeschlagenen Mauerfüllungen auf den Hof hinunterzuwerfen und die Trümmer in die Durance zu karren, wo sie nun schon einen Damm zwischen den kleinen Inseln bildeten. Patrice, der Mann mit dem zusammengeflickten Gesicht, kam trotz der Unbilden der Witterung immer wieder vorbei, um ihn durch seine stumme Gegenwart zu unterstützen. Einmal, als er Séraphin lange genug zugesehen hatte, sagte er zu ihm:
    »Du mußt unbedingt einmal zu mir nach Hause zum Essen kommen. Das lohnt sich: Mich essen zu sehen ist ein Anblick für sich. Allerdings … Wir müßten einen Tag finden, an dem mein Vater nicht zu Hause ist.«
    Nachdenklich betrachtete er Séraphin, der seine bis zum Rand beladene Schubkarre, deren eisernes Rad bei jeder Umdrehung quietschte, an ihm vorbeischob.
    »Möchtest du nicht

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