Das erotische Naschwerk
Beim Kaffee auf der Terrasse hatte er Claudia abgefangen. Der Inhalt seiner Worte war nicht zu ihr durchgedrungen, nur seine Stimme hatte sie aufmerksam wahrgenommen, sie war so überzeugend und fest gewesen.
Obwohl sie sich bei seinen Konversationsversuchen so dumm angestellt hatte, dass er denken musste, sie würde keine drei Worte geradeaus sprechen können, hatte er nicht locker gelassen. Bei der Verabschiedung dann drückte er ihr, ohne ein Wort zu sagen, seine Visitenkarte in die Hand.
Sie griff zum Hörer und wählte die Nummer, es dauerte nur einen kurzen Augenblick und seine feste Stimme ertönte. Claudias Herz raste. Ihr erster Impuls war, wieder aufzulegen. Schnell schaltete sich ihr Verstand ein, der sie vor einer kleinen Peinlichkeit bewahren wollte, denn ihre Nummer wurde bei jedem Anruf übertragen.
Leons Stimme verstummte und Claudia sammelte sich. Sie versuchte sämtlichen Mut, der sich irgendwo in ihr versteckte, zusammenzukratzen, auch wenn sie nicht genau wusste, wofür. Immerhin hatte sie die freie Wahl, sie konnte das Thema wählen und im Notfall jederzeit das Gespräch beenden.
„Hier ist Claudia, wir haben uns bei den Schneiders kennengelernt. Sie gaben mir ihre Visitenkarte beim Abschied“, sie brach ab und schüttelte den Kopf.
„Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich weiß gar nicht, warum ich angerufen habe. Ich weiß ja nicht einmal, warum Sie mir die Karte gegeben haben. Auf Wiederhören“, sagte sie und war dabei aufzulegen.
„Sie wissen doch genau, warum ich Ihnen die Karte gegeben habe. Und warum sie angerufen haben, das wissen Sie auch. Kommen Sie in das “Debüt“ in der Kaiserstraße, Zimmer 205“, sagte Leon und legte auf.
Claudia stand vor der Zimmertür und überlegte, wie sie hierher gekommen war. Ihre letzte bewusste Handlung war es gewesen den roten Knopf am Telefonhörer zu drücken, um das Gespräch zu beenden, ab da lag alles im Nebel.
Eine Autofahrt, eine nette Dame an der Rezeption, eine scheinbar endlose Fahrstuhlfahrt. Das alles waren Bilder von Erinnerungsfetzen der letzten halben Stunde, doch genauso gut hätten es Traumsequenzen der vergangenen Nacht sein können. Es war wie ein Befehl gewesen, als hätte er sie mit diesen paar Worten hypnotisiert.
Geh in das Hotel!
Nur dieser Satz, dieser Befehl war in ihren Gedanken gewesen. Er hatte alles andere ausgeschaltete und sie war ihm wie eine Schlafwandlerin gefolgt. Die Nervosität, die aufkeimte, als die Rezeptionistin mit ihr sprach, brachte sie in den Wachzustand zurück. Vielleicht hatte ihre Stimme die Hypnose gebrochen, wodurch alle Gefühle und ihr Verstand wieder freigelassen wurden. Was auch immer sie geweckt hatte, Claudia war froh ihre Sinne wieder beisammenzuhaben, auch wenn sich die Nervosität nicht gerade angenehm anfühlte. Trotz dieses Zurückgewinnens ihres Verstandes war sie weitergegangen, hatte sein Zimmer gesucht und gefunden. Es gab keinen logischen Grund dafür, keinen den sie benennen konnte. Ihr Herz oder ihre Seele, oder vielmehr die dunkle Seite ihrer Seele, hatte sie zu ihm geführt.
Jetzt stand sie wie eingefroren mit erhobenem Arm vor der Tür. Ein letztes Mal bäumte sich ihr gesunder Menschenverstand auf und erklärte ihr, dass es nicht besonders intelligent war, einfach so zu einem fremden Mann aufs Hotelzimmer zu gehen. Der andere Teil ihres Selbst flüsterte mit verführerischer Zunge, dass sie ihre Neugier auch befriedigen konnte, wo sie doch schon einmal da war.
Weggehen oder bleiben?
Bleiben oder weggehen?
Noch bevor sich der Gedanke zu bleiben in ihrem Verstand manifestieren konnte, hatte sie bestimmt und selbstsicher geklopft. Ein wenig verwundert über ihren eigenen Mut, ließ sie den Arm sinken und wartete. Es dauerte keine zehn Sekunden da öffnete sich die Tür und es war um sie geschehen.
Leon lächelte sie an. Das reichte vollkommen, um Claudia willenlos zu machen und ihr die Frage nach dem Warum zu beantworten. Sie war hier, weil dieser Mann sie fasziniert hatte. Seine Worte, seine Mimik, seine ganze Art hatten sie in seinen Bann gezogen. Auch wenn er ein Aufschneider war, so beherrschte er seine Kunst.
Claudia folgte ihm durch das Wohnzimmer ins Schlafzimmer, es war nicht nur ein einfaches Hotelzimmer, es war viel mehr eine Suite.
„Wohnen Sie hier?“, fragte Claudia.
„Sagen wir, es ist eine Art Zweitwohnung.“
Claudia sah sich um und schmunzelte.
„Sie vergeuden keine Zeit. Sofort führen Sie mich ins Schlafzimmer. Aber was, wenn
Weitere Kostenlose Bücher