Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
aus, als Barsac geendet hatte. »Wie? So soll Harry Killer sich aufgeführt haben?! …«
»Das ist noch nicht alles«, sagte Barsac, der nun von dem abscheulichen Zwang berichtete, dem Jane Buxton unterworfen war, und der Ermordung der beiden Neger, des einen durch ein Lufttorpedo, des anderen durch einen Aeroplan, der ihn mit einer Art Zange erfaßte und auf die Plattform des Turmes schleuderte, wo er zerschmettert liegenblieb.
Marcel Camaret war tief bestürzt. Zum ersten Mal vielleicht verließ er die Sphären der reinen Abstraktion und nahm den Kontakt mit der Wirklichkeit auf. Seine ihm innewohnende Redlichkeit litt sehr bei dieser Begegnung. Wie denn! Er, der kein Insekt hätte zerquetschen können, hatte ahnungslos lange Jahre in der Nachbarschaft eines Menschen verbracht, der solcher Grausamkeiten fähig war?!
»Das ist furchtbar … grauenhaft! …« sagte er.
Der Abscheu, mit dem ihn Barsacs Bericht erfüllte, war ohne jeden Zweifel ebenso aufrichtig wie tief. Wie ließ sich soviel Sensibilität, soviel zuverlässig vorhandene moralische Rechtlichkeit mit seiner Gegenwart in einer Stadt in Einklang bringen, die durch den Charakter ihres Oberhaupts etwas derart Dubioses an sich hatte?
»Aber schließlich, Monsieur«, gab Barsac, der sicher die Gedanken aller Anwesenden richtig interpretierte, zu bedenken, »ein Mann, der kalten Blutes solche Handlungen vollbringt, hat sicherlich auch noch andere Verbrechen auf dem Gewissen. Sie wissen offenbar nichts?«
»Und Sie, Sie wagen mir eine solche Frage zu stellen!« empörte sich nunmehr Camaret. »Gewiß, natürlich weiß ich darüber nichts, so wie ich auch von denen nichts wußte, die Sie mir soeben enthüllten, noch von jenen schrecklicheren, die ich jetzt zu argwöhnen beginne. Da ich kaum je diese Fabrik verlasse, deren Betrieb vollkommen auf meinen Schultern ruht, damit beschäftigt, zum Teil, wie ich sagen darf, tatsächlich erstaunliche Dinge zu ersinnen, habe ich nichts gesehen und nichts gewußt, wahr und wahrhaftig nichts.«
»Wenn wir Sie richtig verstehen«, sagte Barsac, »würden Sie damit indirekt wenigstens teilweise eine Frage beantworten, die wir uns stellen, seitdem wir hierher gekommen sind. Uns alle erstaunt es aufs höchste, daß diese Stadt und das sie umgebende Land etwa das Werk eines Harry Killer sein sollten. Wenn man bedenkt, daß sich hier vor zehn Jahren noch ein Ozean aus Sand ausgebreitet hat! Zu welchem Zweck sie auch ins Werk gesetzt worden sein mag, ist diese Umwandlung jedenfalls etwas Fabelhaftes. Nun aber würde ja, selbst wenn Harry Killer mit wirklich hervorragendem Verstand begabt sein sollte, doch dieser Verstand durch Alkohol weitgehend zugrunde gerichtet sein, und daher erklären wir uns nicht, wie dieses verkommene Subjekt der Schöpfer solcher Wunder sein kann.«
»Er! …« rief Marcel Cameret von jäher Empörung überwältigt aus. »Er! … Dieses Nichts, diese Null! … Was denken Sie denn! … Das Werk ist wirklich trefflich gelungen, doch um es zu verwirklichen, bedurfte es eines anderen als eines Harry Killer.«
»Und wer würde somit der Urheber sein?« fragte Barsac.
»Ich! …« verkündete emphatisch, mit einem vor Stolz glühenden Gesicht Marcel Camaret. »Ich habe alles geschaffen, was hier existiert. Ich habe wohltätigen Regen über den trockenen, verbrannten Wüstenboden ausgegossen. Ich habe ihn in grünendes, fruchtbares Ackerland verwandelt. Ich habe aus dem Nichts, so wie Gott das Weltall aus dem Nichts erschaffen hat, diese Stadt aufgebaut!«
Barsac und seine Gefährten warfen einander beunruhigte Blicke zu. Während er, von einem krankhaften Enthusiasmus geschüttelt, diesen Hymnus seines eigenen Ruhmes sang, sandte Marcel Camaret zum Himmel, als suche er dort den, dem er sich zu vergleichen wagte, irre Blicke empor. Hatte man etwa nur den einen Wahnsinnigen gegen einen anderen ausgewechselt?
»Wie aber haben Sie«, meldete sich nun seinerseits Dr. Châtronnay nach einem Augenblick der Stille, »wenn Sie der Schöpfer von allem sind, was wir hier gesehen haben, Ihr Werk einfach Harry Killer preisgeben können, ohne sich um den Gebrauch zu kümmern, den er davon machen würde?«
»Hat die ewige Allmacht«, antwortete wiederum von hoher Warte herab Camaret, »als sie die Gestirne in das All geschleudert hat, sich um das Böse gesorgt, das daraus entstehen würde?«
»Sie bestraft es zuweilen«, murmelte der Doktor.
»Und ebenso werde ich es bestrafen, wenn es geschieht«,
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