Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
seinen Blick.
»Wir können ruhig schlafen, scheint mir«, sagte er, förmlich geschwollen von beinahe naiver Eitelkeit.
VIII.
Ein Appell in den Äther
Sehr traurig hatte Hauptmann Marcenay sich von der Expedition Barsac getrennt, besonders aber von derjenigen, die er einzig unter dem Namen Jane Mornas kannte. Gleichwohl hatte er sich ohne auch nur den Schatten eines Zögerns und zwar in Eilmärschen, wie ihm befohlen war, nach Ségou-Sikoro auf den Weg gemacht. Vor allem war Hauptmann Marcenay Soldat, und das Schönste am Waffenhandwerk ist vielleicht die vollkommene Selbstverleugnung und der passive Gehorsam, zu dem es zwingt zur Erreichung eines Zwecks, von dem man manchmal keine klare Vorstellung hat, aber von dem man immer weiß, daß er der Idee des Vaterlandes dient.
Wie sehr er sich auch beeilte, brauchte er aber doch immerhin neun Tage, um die vierhundertundfünfzig Kilometer zurückzulegen, die ihn von Ségou-Sikoro trennten, wo er erst zu später Abendstunde am 22. Februar eintraf, und erst am folgenden Morgen konnte er sich bei Oberst Sergines, dem Platzkommandanten, melden und ihm den Befehl des Obersten Saint-Auban übergeben.
Oberst Sergines las den Befehl dreimal hintereinander mit wachsendem Erstaunen durch. Er schien ihn nicht zu verstehen.
»Was für eine merkwürdige Idee! …« meinte er endlich. »Man holt Leute von Sikasso hierher, um sie nach Timbuktu zu schicken! … Einfach unvorstellbar! …«
»Sie haben nichts von unserer Ankunft gewußt, Herr Oberst?« fragte Hauptmann Marcenay.
»Kein Wort.«
»Der Leutnant, der mir diesen Befehl überbracht hat«, erklärte der Hauptmann, »hat mir gesagt, daß in Timbuktu Unruhen ausgebrochen seien und daß die Touareg Aoulimmiden sich auf bedrohliche Weise regten.«
»Das ist das erste, was ich darüber höre«, antwortete der Oberst. »Gestern noch hat Hauptmann Peyrolles … Sie kennen ihn vielleicht?«
»Jawohl, Herr Oberst. Wir haben vor zwei Jahren im gleichen Regiment gedient.«
»Nun, besagter Peyrolles ist auf dem Wege von Timbuktu nach Dakar hier bei uns durchgekommen. Er ist erst gestern wieder aufgebrochen und hat uns von alledem nichts gesagt.«
Hauptmann Marcenay konnte nur durch eine Handbewegung jede Verantwortung von sich weisen.
»Sie haben recht, Herr Hauptmann«, sagte Oberst Sergines. »Für uns gibt es nichts in Frage zu stellen. Der Befehl ist da, er muß ausgeführt werden. Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, wann Sie aufbrechen können.«
Tatsächlich hatte man große Mühe, diese unvorhergesehene Expedition in die Wege zu leiten. Mehr als acht Tage wurden darauf verwendet, die Pferde unterzubringen, die man befehlsgemäß in Ségou-Sikoro zurücklassen sollte, und das für den Transport notwendige Material sowie Lebensmittel in ausreichender Menge herbeizuschaffen. Erst am 2. März konnte Hauptmann Marcenay sich einschiffen und seine Fahrt nigerabwärts beginnen.
Die oft durch den niedrigen Wasserstand – eine Folge der letzten Monate der trockenen Jahreszeit – behinderte Reise nahm ihrerseits zwei lange Wochen in Anspruch, und die ehemalige Eskorte der Expedition Barsac konnte sich endgültig erst am 17. März in Kabara, dem etwa fünfzehn Kilometer von der Stadt entfernten Hafen von Timbuktu ausschiffen.
Als Hauptmann Marcenay sich bei Oberst Allègre, dem dortigen Kommandanten, meldete, zeigte dieser Vorgesetzte sich ebenso erstaunt wie sein Kollege in Ségou-Sikoro. Er bestätigte, daß keinerlei Unruhen in der Region festgestellt worden seien, daß er niemals Verstärkung angefordert habe und daß er sich nicht erklären könne, weshalb Oberst Saint-Auban ihm ohne vorherige Benachrichtigung hundert Mann schicke, die er nicht benötige.
Die Sache rückte dadurch in ein merkwürdiges Licht, und
Die oft durch den niedrigen Wasserstand – eine Folge der letzten Monate der trockenen Jahreszeit – behinderte Reise dauerte zwei lange Wochen.
Hauptmann Marcenay mußte sich schließlich fragen, ob er nicht von einem geschickten Fälscher genarrt worden sei. Aber warum? Zu welchem Zweck? Die Antwort ergab sich zwingend. So unerklärlich ein solcher Plan auch schien, konnte doch der Fälscher, falls ein solcher existierte, nichts anderes im Sinne haben, als die waffenlos gewordene Expedition Barsac zu vernichten. Nachdem Hauptmann Marcenay durch logische Überlegung zu diesem Schluß gekommen war, erfaßte ihn grausame Angst in dem Gedanken an die schwere Verantwortung, die in diesem
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