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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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entflieht ein dritter Fluch. Ich springe dem Gefangenen an die Kehle, während mein Gefährte ihm den Arm festhält.
    Halb erwürgt muß Moriliré von sich geben, was er soeben verschluckt hat. Leider spuckt er nur die Hälfte wieder aus. Mit seinen stahlharten Zähnen hat er das Verdachtsobjekt durchgebissen, und die eine Hälfte ist nun in seinem Magen verschwunden.
    Ich betrachte meine Eroberung. Es ist ein kleines Blatt Papier, auf dem etwas geschrieben steht.
    »Halten Sie diesen Halunken fest«, sage ich zu Saint-Bérain.
    Saint-Bérain beruhigt mich darüber mit einem Wort, und ich hole schleunigst Hauptmann Marcenay. Dieser sorgt als erstes dafür, daß Moriliré wohlverschnürt in einem Zelt abgelegt wird, um das er vier Mann postiert, denen er strengste Weisungen erteilt. Darauf begeben wir uns alle drei in das Zelt des Hauptmanns, sehr begierig zu erfahren, was auf dem Papierfetzen steht.
    Beim Schein einer Laterne stellen wir fest, daß es sich um arabische Schriftzeichen handelt. Der Hauptmann, der ein ausgezeichneter Kenner des Arabischen ist, würde keine Mühe haben, die Zeichen zu lesen, wenn die Schrift deutlicher und das Dokument noch intakt erhalten wäre. Die Schrift jedoch ist äußerst unbeholfen, und außerdem besitzen wir ja, wie ich bereits sagte, nur einen Teil des Textes. Im gegenwärtigen Zustand stellt er nur eine Art Rebus dar, das wir bei dem ungewissen Licht, das die Laterne spendet, nicht zu lösen vermögen. Wir müssen warten, bis es Tag geworden ist.
    Am Morgen jedoch überlegen wir uns, daß es wahrscheinlich verschwendete Mühe sein wird. Alles deutet darauf hin, daß Moriliré, da er nicht länger hoffen kann, uns zu täuschen, sich nunmehr unsere Nachsicht wird sichern wollen und infolgedessen vermutlich sein Vergehen eingesteht und uns seinerseits eine vollständige Übersetzung des Dokuments liefert.
    Wir begeben uns zu dem Zelt, das ihm als Kerker dient, und treten ein …
    Verdutzt bleiben wir am Eingang stehen: die Fesseln des Gefangenen liegen am Boden. Das Zelt ist leer.

IX.
Auf höheren Befehl
    (Nach den Aufzeichnungen von Amédée Florence)
     
    Am gleichen Tag. – Soeben habe ich mich unterbrechen müssen, da Hauptmann Marcenay mich rief, um mir die Übersetzung des Fetzens von dem Dokument zu zeigen, das wir Morilirés unersättlichem Appetit wieder entrissen haben. Ich setze hier den chronologischen Bericht der Begebenheiten fort.
    Wir finden das Zelt also leer vor. Von Moriliré keine Spur. Nichts als die Stricke, die am Boden liegen. Wütend stellt Hauptmann Marcenay die Wachen zur Rede. Aber die armen Burschen sind ebenso erstaunt wie wir. Sie behaupten, ihren Posten nicht verlassen und keinerlei verdächtiges Geräusch gehört zu haben. Es ist nicht zu begreifen.
    Wir kehren in das Zelt zurück, und da erst bemerken wir, daß oben an der Spitze ein Loch gebohrt worden ist, groß genug, um einem Menschen Durchgang zu gewähren; darüber gewahrt man einen kräftigen Bombaxast. Jetzt wird alles klar. Der nicht gut genug gefesselte Moriliré hat sich von seinen Banden auf irgendeine Weise befreit, ist an dem Mittelpfahl hinaufgeklettert und hat auf dem Luftweg die Freiheit wiedergewonnen.
    Sollen wir ihm nachlaufen? Aber wozu? Der Flüchtling hat eine Stunde Vorsprung, und wie soll man im übrigen im Busch inmitten des hohen Graswuchses einen Mann entdecken? Man würde Hunde dafür benötigen.
    Da wir uns darüber einig sind, ergeben wir uns ins Unvermeidliche. Der Hauptmann läßt das Zelt abschlagen, das sich für Moriliré als Kerker so schlecht bewährt hat, schickt die vier Schützen fort, nachdem er ihnen unter Androhung strenger Züchtigung eingeschärft hat, über alles, was sie gesehen haben, tiefstes Stillschweigen zu bewahren, und verschwindet in seinem Zelt, wo er sich mit dem geheimnisvollen Schriftstück zu beschäftigen gedenkt. Ich selber widme mich der Niederschrift meiner Notizen. Während dieser Zeit wird Saint-Bérain unsere Gefährten über die Vorgänge dieser Nacht informieren – falls er es nicht vergißt.
    Eine Stunde darauf läßt Hauptmann Marcenay mich holen, wie ich bereits sagte. Ich treffe ihn in Monsieur Barsacs Zelt, in dem alle Europäer sich versammelt haben. Ihre Gesichter drücken durchweg begreifliche Verwunderung aus. Was hat in aller Welt Morilirés Verrat zu bedeuten? Sollte er doch im Auftrag eines Dritten handeln, dessen Einmischung ich für meine Person ja schon längst geargwöhnt habe? In einigen Minuten werden wir

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