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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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denen eine Helmzier aus rotem Holz oder der Schnabel eines Raubvogels sitzt.
    Sie bewegen sich tanzend vorwärts, gefolgt von Gaffern und Kindern, die sie sich scheuen, mit ihren ›geweihten‹ Stöcken zu schlagen. Wenn sie an einer Hütte vorbeikommen, versorgt man sie reichlich mit ›dolo‹ (Hirsebier) und Palmwein. Wie man sich denken kann, sind sie nach einstündigem Umzug bereits vollkommen trunken.
    Eine halbe Stunde darauf sind wir in Bama selbst. Mit heuchlerischer Miene setzt Tchoumouki Hauptmann Marcenay auseinander, daß die Neger zu müde sind, um noch eine weitere Etappe zurückzulegen und den ganzen Tag in Bama zu bleiben wünschen. Der Hauptmann zuckt nicht mit der Wimper, und trotz der vielfachen Zeichen von Mißbilligung, die Tongané hinter dem Rücken seines Kameraden von sich gibt, setzt er eine erstaunte Miene auf und antwortet, die Bitte erfolge ganz unnötigerweise, da für diesen Tag bereits eine lange Ruhepause vorgesehen sei.
     

    Sie bewegen sich tanzend vorwärts …
     
    Tchoumouki zieht sich mit verdutzter Miene zurück, während Tongané die Arme zum Himmel emporwirft und Malik gegenüber seiner Empörung Ausdruck gibt.
    Wir benutzen diesen unerwarteten Halt, um das Dorf zu besuchen, und tun gut daran, denn es ist ganz verschieden von den bisher angetroffenen.
    Um hineinzugelangen, muß man zunächst auf das Dach einer Hütte steigen, und von dort aus führt man uns von Dach zu Dach bis zu der Behausung des ›Dougoutigui‹.
    Der ›Dougoutigui‹ ist ein alter Neger mit dickem Schnurrbart. Er sieht aus wie ein ehemaliger Feldwebel der Senegalschützen. Er raucht eine lange Kupferpfeife, deren Feuer von einem greulichen kleinen Negerjungen unterhalten wird.
    Er empfängt uns überaus freundlich und bietet uns ›dolo‹ an. Um es auch unsererseits an Höflichkeit nicht fehlen zu lassen, machen wir ihm ein paar kleine Geschenke, über die er hoch entzückt ist. Nach Erledigung dieser Formalitäten benehmen wir uns nur noch wie Touristen.
    Auf dem Platz betätigt sich ein Wanderbarbier unter freiem Himmel. Neben ihm sind junge Burschen mit Fußpflege und Maniküre beschäftigt, das heißt sie kürzen mit Hilfe alter Scheren den Leuten die Nägel an Füßen und Händen. Vier Kauri pro Person ist der Preis für ihre Dienste, aber sie müssen den Kunden die abgeschnittenen Nägel zurückgeben, die diese auf der Stelle mit größter Sorgfalt in kleinen Erdlöchern vergraben. Obwohl ich über Saint-Bérain, der sich einigermaßen verständlich zu machen versteht, Erkundigungen einziehe, gelingt es mir nicht, die Gründe für diesen seltsamen Brauch in Erfahrung zu bringen.
    Einige Schritte weiter behandelt ein ›Medizinmann‹ einen Kranken nach den Regeln des Negerkodex. Von weitem beobachten wir die ›Konsultation‹.
    Der Kranke ist ein abgezehrter Mann mit hohlen Augen und zitternd vor Fieber. Der Medizinmann heißt ihn sich mitten in einem Kreis von Neugierigen auf den Boden legen, und stellt dann, nachdem er sich mit darüber verteilter Asche das Gesicht geweißt hat – hier ist Weiß eine Art Fetisch –, neben ihm eine grobgeschnitzte kleine Holzstatuette auf, die einen wohlgesinnten Gott darstellt. Darauf vollführt er rings um den Patienten her einen tollen, von wilden Schreien begleiteten Tanz. Schließlich läßt er sich die kranke Körperpartie zeigen, massiert sie sacht und tut plötzlich unter Freudenschreien so, als zöge er einen Knochensplitter daraus hervor, den er vorher in seiner Hand verborgen gehalten hat. Der Patient erhebt sich alsbald und geht davon, während er sich für geheilt erklärt – ein neuer Beweis für die Wahrheit des Spruches: ›Der Glaube macht stark.‹
    War aber der des Kranken doch vielleicht nicht stark genug? Man muß es annehmen, denn die von ihm angekündigte Besserung hält nicht lange vor. Noch am gleichen Abend erschien er in unserem Lager. Da er von dem einen oder anderen unserer Neger gehört hatte, es halte sich bei uns ein ›Toubab‹-Arzt auf, kam er die Hilfe des weißen Zauberers erbitten, da es dem schwarzen nicht gelungen war, ihm Erleichterung zu verschaffen.
    Nach einer oberflächlichen Untersuchung verabfolgte Doktor Châtonnay ihm ganz einfach eine Dosis Chinin. Der ›Kunde‹ hielt mit ›barakas‹ (Dankesworten) nicht zurück, doch während er sich entfernte, schüttelte er skeptisch den Kopf, ganz als ob er nur wenig Hoffnung auf ein Heilmittel setze, dessen Wirksamkeit durch keine Beschwörung oder magische Formel

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