Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
mit halblauter Stimme. Trotz meiner Reporterohren habe ich bislang nur ein paar belanglose Worte aufschnappen können.
Die dritte und letzte Gruppe repräsentiert einzig Leutnant Lacour in Person. Dieser Leutnant Lacour ist ein Mann von kleiner Statur und scheint mir ein wenig umgänglicher Herr zu sein.
Der Leutnant schreitet aufrecht wie ein Pfahl …
Er hat blaßblaue Augen, die stahlhart wirken, wie man so sagt, und nicht gerade Wohlwollen der Menschheit gegenüber ausdrücken. Er ist nicht redselig, eher scheu. Den ganzen Nachmittag über habe ich ihn nur zweimal aus seinem Zelt herauskommen sehen und offenbar nur zu dem Zweck, seine Leute zu inspizieren. Dieser Vorgang verläuft ein für allemal in der gleichen Weise. Sobald die Schützen ihren Chef auftauchen sehen, nehmen sie in einer Reihe Aufstellung. Der Leutnant schreitet aufrecht wie ein Pfahl ihre Front ab, während sein eisiger Blick sie von Kopf bis Fuß überprüft. Dann verschwindet er wieder in seinem Zelt, ohne an jemanden das Wort gerichtet zu haben. Um es möglichst positiv auszudrücken, wage ich immerhin zu behaupten, daß dieser elegante Offizier zum mindesten kein fröhlicher Kumpan ist.
Mademoiselle Mornas habe ich den ganzen Tag nicht gesehen.
Ebensowenig ist mir Tchoumouki vor Augen gekommen, was bedeutet, daß mein Artikel noch immer in meiner Tasche steckt.
15. Februar. – Heute früh beim Erwachen merke ich nichts von irgendwelchen Aufbruchsvorbereitungen. Ich erkundige mich bei Tongané, der mir mitteilt, daß wir uns den ganzen Tag nicht von der Stelle rühren werden. Nach der gestrigen Rast kommt diese Ruhepause mir seltsam vor.
Zufällig begegne ich Leutnant Lacour, der mir immer noch ebenso steif und in ebenso eleganter Aufmachung entgegenkommt. Ich spreche ihn an und frage nach dem Grund für diesen zusätzlichen Halt.
»Befehl von Monsieur Barsac«, antwortet er mir lakonisch.
Vier Worte, nach denen er militärisch grüßt und auf dem Absatz kehrtmacht. Leutnant Lacour ist nicht gerade ein brillanter Causeur.
Warum läßt der Expeditionschef uns in dieser Weise auf der Stelle treten? Sollte er es aufgeben, die Forschungsreise mit dieser um vier Fünftel verringerten Begleitmannschaft fortzusetzen? Die Sache beschäftigt mich. Aber sie beunruhigt mich auch, denn ein solcher Entschluß würde den Schlußpunkt einer Reportage bedeuten, von der ich zur Zeit gerade annehmen darf, daß sie endlich sensationell werden könnte.
Punkt zehn Uhr sehe ich Monsieur Barsac. Er wandert mit großen Schritten, die Hände auf dem Rücken, die Augen zu Boden gesenkt, auf und ab und sieht nicht aus, als ob er guter Dinge wäre. Der Augenblick ist vielleicht nicht sehr gut gewählt, um ihn nach seinen Plänen zu fragen. Diese Überlegung vermag mich jedoch nicht zurückzuhalten. Ich riskiere ein Interview.
Monsieur Barsac wird nicht ärgerlich. Er bleibt stehen und mißt mich ein Weilchen schweigend mit den Blicken.
»Vor ein paar Tagen, Monsieur Florence«, sagt er schließlich zu mir, »haben Sie mir schon einmal die gleiche Frage gestellt. Ich habe Ihnen damals keine Antwort gegeben. Heute antworte ich Ihnen, daß ich selber nicht weiß, was ich Ihnen antworten soll.«
»Sie haben demnach noch keinen Entschluß gefaßt, Herr Abgeordneter?«
»Nein, keinen. Ich überlege, ich taste, ich wäge das Für und das Wider gegeneinander ab …«
Erneutes Schweigen. Dann aber hat Monsieur Barsac plötzlich eine Idee.
»Warum eigentlich«, ruft er aus, »sollten wir die Frage nicht gemeinsam prüfen? Sie sind ein Mann der Praxis und verfügen über einen gesunden Menschenverstand. (Vielen Dank, Monsieur Barsac.) Sie wissen vielleicht für mich einen Rat.«
Ich verbeuge mich.
»Ich stehe ganz zu Ihren Diensten, Herr Abgeordneter.«
»Prüfen wir zunächst einmal«, fährt Monsieur Barsac fort, »wie weit diese Reise ohne Bedenken fortgesetzt werden kann, oder anders ausgedrückt, ob sie noch möglich ist.«
»Vielleicht wäre es besser«, gebe ich zu bedenken, »sich zunächst einmal zu fragen, ob sie von Nutzen ist.«
»Nicht doch«, antwortet Monsieur, »ihr Nutzen steht außer Zweifel.«
Wer jetzt staunt, das bin ich. Monsieur Barsac indessen fährt in seiner Rede fort.
»Also lautet das Problem nur: ist diese Reise tunlich? Gestern noch stellte es sich nicht, denn bisher hatte kein wesentlicher Zwischenfall unseren Vormarsch behindert. Sie sind doch auch dieser Meinung, nicht wahr?«
»Durchaus.«
»Der erste
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