Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
durchaus, denn mit einem Dirndl ist man immer passend angezogen. Aber ich bleibe hier bei Buttercup.«
    »Was? Du willst uns da allein hingehen lassen?«, rief Mia.
    Lottie schwieg.
    »Oh, ich verstehe – Mr Spencer hat dich nicht eingeladen«, schlussfolgerte ich und hatte plötzlich ein äußerst ungutes Gefühl im Magen.
    Mia riss empört ihre Augen auf. »Dieser blö…«
    Sofort begann Lottie, Ernest zu verteidigen: »Das wäre auch äußerst unpassend. Schließlich bringt man zu so einer … Familienangelegenheit nicht die Nanny mit.«
    »Du gehörst aber doch zur Familie!« Mia zerbröselte ein Vanillekipferl, und Buttercup hob hoffnungsvoll den Kopf. »So ein blöder, arroganter Sack.«
    »Nein, das ist er keineswegs«, widersprach Lottie. »Mr Spencers Verhalten mir gegenüber ist immer absolut tadellos. Er ist ein sehr netter und anständiger Mann, und ich glaube, seine Gefühle eurer Mutter gegenüber sind aufrichtig und ehrlich. Er hat sich wirklich sehr bemüht, eine Lösung zu finden, nachdem sich herausgestellt hat, dass das Cottage unbewohnbar ist. Ohne seine Hilfe hätten wir diese Wohnung nicht bekommen, und ihr wärt niemals auf der Frognal Academy aufgenommen worden – sie sollen da eine ellenlange Warteliste haben. Ihr solltet also allmählich anfangen, ihn zu mögen.« Sie sah uns streng an. »Und ihr werdet euch heute Abend anständig anziehen.«
    Das Problem war, dass Lottie genauso wenig streng gucken konnte wie Buttercup gefährlich. Das lag an diesen süßen braunen Hundeaugen, die sie beide hatten. Ich hatte sie in diesem Augenblick so lieb, dass ich vor Zuneigung hätte platzen können.
    »Na gut«, sagte ich. »Wenn du mir dein Dirndl leihst.«
    Mia kicherte unbändig. »Ja, das passt doch immer!«
    »Nicht mein Dirndl passt immer, ein Dirndl passt immer.« Lottie setzte einen überlegenen Blick auf, warf ihre braunen Locken (Buttercup hatte ganz ähnliche) in den Nacken und fuhr dann auf Deutsch fort: »Ich will dich ja nicht desillusionieren, mein Herzchen. Aber für mein Dirndl hast du einfach noch nicht genug Holz vor der Hütt’n. Host mi?«
    »Holz vor der Hütt’n« war dann wohl das Gegenteil von »platt wie ein Bügelbrett«. Mal schauen, wann ich mit diesem Ausdruck im Deutschunterricht glänzen konnte.
    Ich wollte lachen, aber irgendwie kam nur ein komisches Schnauben heraus. »Ich hab dich lieb, Lottie«, sagte ich, viel ernster als beabsichtigt.

5.
    Ich hatte Ernest Spencer ein viel protzigeres, größeres Heim zugetraut und war beinahe enttäuscht, als das Taxi vor einem vergleichsweise bescheiden aussehenden Backsteinhaus in der Redington Road hielt. Traditionelle Bauweise, weiße Sprossenfenster, mehrere Giebel und Erker, verborgen hinter hohen Hecken und Mauern, wie die meisten Häuser hier. Es hatte aufgehört zu regnen, und die Abendsonne tauchte alles in goldenes Licht.
    »Ganz hübsch«, flüsterte Mia überrascht, als wir Mum über den gepflasterten Weg zur Haustür folgten, vorbei an blühenden Hortensien und zu Kugeln getrimmten Buchsbäumen.
    »Du auch«, flüsterte ich zurück. Das stimmte: Mia sah zum Anbeißen aus mit ihrer niedlichen Flechtfrisur, auf der Lottie bestanden hatte, zum Ausgleich für die Jeans, die Mum uns (sehr zu Lotties Unmut) erlaubt hatte. Vor allem wohl auch deshalb, weil sie ihr frisch gebügeltes Teestundenkleid selber anziehen wollte.
    Mum hatte die Türklingel betätigt, und wir hörten einen harmonischen Dreiklang durch das Haus hallen. »Seid bitte nett ! Und versucht euch zu benehmen.«
    »Soll das etwa heißen, wir dürfen bei Tisch nicht wie sonst immer mit dem Essen um uns werfen, laut rülpsen und unanständige Witze erzählen?« Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Lottie hätte mir auch die Haare geflochten, aber ich war wohlweislich so lange in der Badewanne geblieben, dass keine Zeit mehr dafür gewesen war. »Mum, ehrlich, wenn hier jemand ermahnt werden sollte, sich zu benehmen, dann bist du das!«
    »Genau! Wir haben nämlich tadellose Manieren. Guten Abend, mein Herr.« Mia machte einen koketten Knicks vor der mächtigen Steinfigur, die neben der Haustür stand, eine Mischung aus Adler (Kopf bis Brustkorb) und Löwe (der Rest), ziemlich dick geraten. »Gestatten, mein Name ist Mia Silber, das ist meine Schwester Olivia Silber, und die mit der gerunzelten Stirn ist unsere Raben-Mum, Professor Dr. Dr. Ann Matthews. Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe?«
    »Das ist der Fürchterliche Freddy, auch

Weitere Kostenlose Bücher