Das erste Buch der Traeume
hatte sich in mir festgehakt wie ein besonders hartnäckiger Ohrwurm.
In der anschließenden Französischstunde setzte sich dann vollkommen überraschend Persephone Affennase neben mich. »Hi, Liv! Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass Julie und ich die Plätze getauscht haben. Ich bin doch deine Patin und muss auf dich aufpassen.« Sie ignorierte meine verdutzte Miene und lächelte zuckersüß. »Reife Leistung, Liv – erst einen Tag an der Schule und schon im Tittle-Tattle-Blog.«
»Im was?«
»Die Brille steht dir übrigens super, das wollte ich dir gestern schon sagen. Das hat so was … äh … retromäßiges.«
Blöde Spinatwachtel. Ich wusste selber, dass die klobige schwarze Brille ein Fehlkauf gewesen war, ich hatte sie nur genommen, weil sie, riesig wie sie war, meine Nase optisch deutlich verkürzte. Was vielleicht, im Nachhinein betrachtet, nicht das ausschlaggebende Kaufargument hätte sein sollen. Aber jetzt war sie nun mal da, und ich musste das Beste draus machen.
»Danke. Emma Watson trägt das gleiche Modell«, sagte ich.
»Ach, ich wusste gar nicht, dass Emma Watson eine Brille trägt.«
Tat sie ja auch nicht.
Persephone beugte sich noch ein wenig näher und raunte: »Stimmt es, dass deine Mutter den Vater der Spencer-Zwillinge heiraten wird?«
Oh mein Gott. Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht. Von Heirat war bisher noch keine Rede gewesen. Aber wie die Dinge lagen, konnte man das wohl auch nicht ausschließen. »Sie sind jedenfalls … ein Paar«, sagte ich steif.
»Wahnsinn. Dann zieht ihr also bei ihnen ein?«
Ich nickte.
»Wahnsinn«, sagte Persephone noch begeisterter. »Der Tittle-Tattle-Blog ist wieder mal bestens informiert. Hach! Es hat garantiert Vorteile, die künftige kleine Schwester von Grayson Spencer zu sein.« Sie tätschelte meine Hand. »Natürlich kann er nicht selber mit dir zum Herbstball gehen, aber er und Florence werden sicher versuchen, dich mit einem ihrer Freunde zu verkuppeln. Die Frage ist nur, mit wem.«
»Was ist denn ein Tittle-Tattle-Blog?« Klang irgendwie unanständig. Und wieso konnte Grayson nicht mit mir zum Ball gehen? Nur rein theoretisch gefragt, natürlich.
»Für Jasper bist du zu jung – du bist doch auch erst fünfzehn, oder? – und wahrscheinlich nicht hübsch genug, und für Arthur – na ja, wer ist schon hübsch genug für Arthur?« Persephone seufzte tief, und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie gar nicht mehr mit mir sprach, sondern lediglich laut dachte. Und zwar ohne Luft zu holen oder sich an meinem verwirrten Gesichtsausdruck zu stören. »Bleibt noch Henry Harper – aber ob man den dazu bringen kann, eine Tanzveranstaltung zu besuchen? Ich kann ihn mir beim besten Willen nicht in einem Frack vorstellen. Im letzten Jahr hat er jedenfalls durch Abwesenheit geglänzt, und auf dem Abschlussball war er auch nicht. Natürlich weiß ich von dem Gerücht, dass er und Anabel Scott … aber ich meine, hallo ? Das glaubt doch nun wirklich niemand, Tittle-Tattle hin, Tittle-Tattle her.«
Oh Gott, was war mit ihr? Und war es vielleicht ansteckend? Ich rückte instinktiv ein Stück von ihr ab, aber Persephone rückte sofort nach. »Andererseits hat Secrecy bisher immer den richtigen Riecher gehabt. Sie wusste auch, dass Madison und Jasper Schluss gemacht hatten – sogar schon, bevor sie es selber wussten.«
Mrs Lawrence, die Französischlehrerin, hatte den Klassenraum betreten und bat um Ruhe, nur leider ließ Persephone sich davon nicht stören. »Wenn Florence sich der Sache annimmt, musst du garantiert mit Emily Clarks pickligem Bruder hingehen«, überlegte sie weiter. »Aber besser mit Pickel-Sam zum Ball als gar nicht. Ich war letztes Jahr mit Ben Ryan dort, und es hat mir nichts ausgemacht. Ich habe es so satt, darauf zu warten, dass Jasper sich endlich meinen Namen merkt oder mich überhaupt mal registriert. Als Mädchen, meine ich. Dieses Jahr gehe ich mit Gabriel hin, der ist Pandora noch was schuldig und auch in der Basketballmannschaft, und eins kannst du mir glauben: Ich werde dafür sorgen, dass es der schönste Abend seines Lebens wird. In der Umkleidekabine haben die Jungs nämlich keine Geheimnisse voreinander, und Gabriel wird Jasper so von mir vorschwärmen, dass der vor Neid ganz blass werden und mich nie mehr Aphrodite nennen wird …«
»Ich sagte, un petit peu de silence, s’il vous plaît , das gilt auch für Sie, Persephone!« Mrs Lawrence hatte sich mit gerunzelter Stirn vor uns
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