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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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und bat ihn herein. Er zeigte ihr seinen Presseausweis und sagte: »Ich hatte gehofft, mir das Anwesen ansehen zu können, aber das Tor ist geschlossen.«
    Die Frau entschuldigte sich und erklärte, dass das Tor immer geschlossen sei: Ohne vorherige Anmeldung dürfe niemand das Grundstück betreten.
    »Wen kann ich denn anrufen, um einen Termin zu bekommen?«, fragte Frank.
    »Ich fürchte, den müssen Sie vorher schriftlich beantragen«, antwortete sie.
    »Sie meinen, ich kann mit niemandem sprechen?«
    »Derzeit nicht.«
    »Was ist denn mit ihm?«, fragte Frank und deutete mit dem Kinn auf ein Foto an der Wand. Das Bild zeigte einen Mann Mitte dreißig, der auf einem Berg stand und in die Kamera lachte. Hinter und unter ihm lag die Welt.
    »Das ist Solange«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ich glaube nicht, dass er zur Verfügung steht. Aber da Sie Journalist sind, könnten Sie unser Büro für Öffentlichkeitsarbeit anrufen – nur ich glaube, da ist heute keiner. Soweit ich weiß, sind alle auf einer Demo in Buffalo.«
    »Aber –«
    »Wir haben eine Website – Sie könnten ihnen eine E-Mail schicken, wenn Sie möchten. Sie müssen nur unsere Website aufrufen und dann ›Öffentlichkeitsarbeit‹ anklicken.« Sie reichte ihm eine Broschüre, die auf steifem grauen Papier gedruckt war. »Da steht alles drin«, sagte sie, »die Postanschrift und die E-Mail-Adresse.«
    Er dankte ihr.
    »Und wenn Sie sich ein bisschen umschauen möchten, unser Besucherzentrum hat drei Abteilungen: Inspiration, Information und den Laden. Aber Sie müssen sich beeilen«, fügte sie entschuldigend hinzu, »wir schließen in einer halben Stunde.«
    Frank versprach, sich zu beeilen.
    Das Erste, was ihm auffiel, als er den ›Inspirationsraum‹ betrat, war der Geruch von Weihrauch und brennenden Kerzen. Dann sah er das auffällige Schwarzweißfoto, das die gesamte rückwärtige Wand einnahm.
    Es zeigte einen Mann – Solange – am Strand, der genau an der Wasserlinie entlangging, die Hosenbeine hochgekrempelt, einen Hund neben sich, der Himmel strahlend hell. Über ihm segelten Möwen in der Luft, und ein kalligraphisches Spruchband gebot: F OLGE MIR . W ANDLE IM L ICHT .
    Als Frank näher an das Bild herantrat, fiel ihm erstmals die Musik auf. Ein Knabenchor sang eine betörende Melodie in einer Sprache, die er nicht identifizieren konnte. Rumänisch oder Bulgarisch oder so. Die klaren Stimmen umfingen ihn, erfüllten die Luft. Klasse Sound, dachte Frank.
    Die Wände des Raumes waren mit weichem grauen Stoff bezogen und rundherum mit kleinen Fotografien behängt, jede ungefähr im Posterformat. Wie das große Bild waren sie schön gerahmt und kunstvoll ausgeleuchtet. Frank betrachtete die Motive der Fotos: ein Spinngewebe mit Tautropfen darin; ein lichtdurchfluteter Kiefernwald; Kinder, die Hand in Hand dem Sonnenuntergang entgegengingen.
    Was allen Bildern gemein war, so erkannte er, war Licht – wunderbar fotografiertes Licht. Frank ging von einem Exponat zum anderen, schritt durch den Wasserfall der Musik. Er fühlte sich … gut. Ja, sogar irgendwie erbaut.
    Zu ein paar Fotos – denen mit Solange – gab es Tonmaterial. Frank nahm sich einen Kopfhörer und drückte auf einen Knopf.
    Er betrachtete ein Foto von Solange, der in einem Weizenfeld stand. Er hatte die Sonne im Rücken, und fast sah es so aus, als hätte er einen Heiligenschein. Und auch der Weizen war in Sonnenlicht getaucht, auf den Ährenspitzen funkelten Lichtersterne. Als Frank den Knopf drückte, schien sich der Weizen zu bewegen, zu wogen und sich zu biegen, wie vom Wind. Er beugte sich vor und sah, dass das Bild selbst unbeweglich blieb, dass aber dahinter eine Vorrichtung sein musste, die das Licht funkeln und schimmern ließ. Über die Kopfhörer kam plötzlich das Rauschen von Wind in einem Feld, was die Wirkung noch steigerte. Und dann sprach eine Stimme über den Wind hinweg.
    »Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume auf Erden, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist. Und es geschah so. Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.« [I. Mose 1,11-13]
    Frank ging an einigen weiteren Bildern vorbei und nahm das nächste Kopfhörerpaar. Er stand jetzt vor

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