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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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Aufgabe, das Tausendjährige Reich vorzubereiten, anstatt einfach nur rumzusitzen und zu warten, dass es kommt.«
    »Und wie bereitet man das Tausendjährige Reich vor?«, fragte Frank.
    »Man reinigt die Welt von der Sünde. Und das haben sie auch versucht, mit allen möglichen Werkzeugen, die sie gerade zur Hand hatten – Dolch, Spieß, Katapult, Armbrust. Man kann von Glück sagen, dass sie noch keine Bomben hatten.«
    »Die haben also wahllos Menschen umgebracht?«, fragte Annie.
    Sterns Augenbrauen schnellten hoch, und er zog eine Packung Camel aus der Brusttasche. Er zündete sich eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und sagte: »Sie haben Sünder getötet. Schließlich waren sie Vorbereiter des Tausendjährigen Reiches Christi auf Erden. Es war ihre Aufgabe, ihre Pflicht, ihre religiöse Pflicht, jeden zu massakrieren, der nicht zu ihrer Bewegung dazugehörte. Daran konnte man nämlich feststellen, dass er ein Sünder war. Das waren Fremde. Und deshalb wurden sie getötet. Und so wurde die Erde gereinigt.«
    »Mein Gott«, sagte Frank.
    »Genau.«
    Mit gespielt grimmiger Miene beugte sich Stern über den Überseekoffer, der als Couchtisch diente, und packte Annies Handgelenk. Mit einem bedrohlichen Zischen, das nur durch den halbkomischen Versuch abgemildert wurde, einen tschechischen Akzent nachzuahmen, flüsterte der nicht mehr ganz junge Doktorand: »Verflucht sei, wer sein Schwert nicht am Blute der Feinde Christi labt. Kein Mitleid für den Satan. Keine Gnade für das Böse. So spricht Jan der Fromme.«
    »Wow«, sagte Annie, zog ihren Arm zurück und rieb sich das Handgelenk.
    »Und die anderen Typen?«, fragte Frank.
    Stern blickte einen Moment verwirrt drein und sagte dann: »Ach – Sie meinen ›Mankind United‹. Die waren … anders.«
    »Sie haben gesagt, sie waren ähnlich.«
    »Nun ja. Aber sie waren fünfhundert Jahre auseinander, hinzu kommt die Entfernung, wie groß sie auch sein mag, vom mittelalterlichen Prag nach Santa Monica während der Weltwirtschaftskrise.«
    »Ziemlich groß, würde ich meinen«, sagte Frank.
    »Ich auch«, pflichtete Annie bei.
    »›Mankind United‹ entstand in den frühen dreißiger Jahren«, sagte Stern. »Angeführt wurden sie von einem Mann namens Arthur Bell, der eine Verschwörungstheorie über ›unsere heimlichen Meister, die internationalen Bankiers‹ ausheckte.«
    »Aha«, meinte Frank. »Es geht also wieder mal um die Juden.«
    Stern lachte. »Sie haben recht! Er war ein fanatischer Antisemit. Aber er berief sich auf das Tausendjährige Reich Christi, genau wie die Tabonten. Nur dass die Utopie für ihn eher mit Klimaanlagen als mit Landreform zu tun hatte.«
    Annie kicherte.
    »Doch er hatte dieselben Vorstellungen. Er sagte, es würde ein Blutbad geben, eine Naturkatastrophe, an die sich ein Armageddonartiger Krieg anschließen würde, der die meisten Menschen auf der Welt – wie viele genau, weiß ich nicht – töten würde. Und das wäre gut so, weil damit auf die Neue Zeit vorbereitet würde. Auch bekannt unter dem Namen ›tausendjähriges Reich‹. Nach diesem Krieg hätte jeder eine Klimaanlage, ein Haus für fünfundzwanzigtausend Dollar und eine Sechzehn-Stunden-Woche – es sei denn, man wollte sich zur Ruhe setzen, dann bekäme man natürlich Rente.«
    »Nix dagegen«, scherzte Frank.
    »Es gab viele Leute, die nix dagegen hatten. Bell wurde jedenfalls reich.«
    »Sie schreiben also darüber«, fasste Frank zusammen, »dass diese beiden Burschen, Jan der Fromme und Arthur der Klimatisierte, den gleichen Traum hatten.«
    »Genau«, sagte Stern. »Die beiden – und Millionen andere durch die Jahrhunderte hinweg. Sie alle hatten – oder haben – den gleichen dämlichen Traum. Noch einen Schluck Tee?«
    »Gerne«, sagte Frank.
    Stern füllte seine Tasse auf und wandte sich dann Annie zu. »So«, sagte er in einem Nun-zur-Sache- Tonfall, »was liegt an?«
    »Wieso?«, fragte sie.
    »Na ja«, sagte Stern, »ich weiß, dass du nicht angerufen hast, um mir zu sagen, wie gern du mich hast – und überhaupt, du hast gesagt, dass du an etwas arbeitest. Dass du und Frank zusammen an etwas arbeitet.«
    »Ach so, ja«, erwiderte Annie. »Das tun wir. Wir arbeiten an dieser … Sache.« Dann sah sie Frank an, lächelnd, und kam einem Augenklimpern so nahe, wie es einer Mikrobiologin nur möglich ist. Der schwarze Peter war wieder mal bei ihm gelandet.
    Frank seufzte und räusperte sich. »Wir interessieren uns für den ›Tempel des

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