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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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Lichts‹.«
    Einen Augenblick lang schien es Stern die Sprache verschlagen zu haben. Sein Körper verkrampfte sich kaum merklich, dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und betrachtete sie starr. Lange Zeit sagte er gar nichts. Endlich sah er Annie an, mit einem Blick, als hätte jemand versucht, ihm eine Rolex für fünfzig Dollar anzudrehen. »Was soll das?«, fragte er.
    Annie blinzelte. Frank runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«, fragte sie zurück.
    »Was ich damit meine? Meine Güte, Annie. Ich hab dich – wie lange? – zwei Jahre oder so nicht gesehen. Und dann rufst du mich aus heiterem Himmel an und sagst: ›Ach, übrigens! Das ist mein Bekannter, und wir interessieren uns für den Tempel des Lichts.‹ Soll das ein Scherz sein?«
    »Nein«, sagte Frank, »das ist kein Scherz.«
    Bis dahin hatte Stern Annie angesehen. Jetzt wandte er sich abrupt Frank zu. »Von wem kommen Sie?«, fragte er nüchtern.
    »Von wem ich komme?«, wiederholte Frank. »Ich komme von niemandem. Ich bin mit Annie gekommen.«
    »Er schreibt für die Post«, sagte Annie.
    »Ach wirklich!« Stern legte den Kopf schief. »Wie ist Ihre Telefonnummer?«
    »Meine Telefonnummer?«
    »Jawohl! Bei der Arbeit. Was passiert wohl, wenn ich bei der Post anrufe?«
    »Tja, eigentlich bin ich derzeit beurlaubt.«
    Stern verdrehte die Augen. »Für wie blöd haltet ihr mich?«
    »Ehrlich! Sehen Sie.« Frank holte sein Portemonnaie heraus und zeigte ihm seinen Presseausweis und seine Personalkarte von der Washington Post.
    »So was kann doch jeder fälschen«, sagte Stern. »Das ist rein gar nichts wert.«
    »Stimmt! Und das beweist, dass es echt ist: Die Post ist nämlich kniepig«, sagte Frank.
    »Das ist doch lächerlich«, erklärte Annie. »Ich bin’s, Ben! Was denkst du denn bloß?«
    Stern ignorierte sie, sah weiter Frank an. »Wenn Sie beurlaubt sind, was machen Sie dann zur Zeit?«
    »Ich habe ein Sam-Johnson-Stipendium.«
    »Und was ist das?«
    »Es gibt jedes Jahr so eine Art Ausschreibung. Journalisten legen Exposes vor, in denen sie darlegen, was sie machen würden, wenn sie ein Jahr über das schreiben könnten, was sie wirklich interessiert. Ich habe so ein Exposé eingereicht und … es hat ihnen gefallen.«
    Stern sah ihn unverwandt an. »Und das war über den ›Tempel des Lichts‹?«
    »Nein«, antwortete Frank, »es geht um neuartige Viren.«
    Die Furchen auf Sterns Stirn wurden noch tiefer.
    »Sie können die Foundation anrufen. Sie steht im Telefonbuch.«
    »Und wie soll ich wissen, dass der Verein keine Tarnung ist?«, fragte Stern.
    »Die Johnson Foundation? Für wen denn?«
    »Für den ›Tempel‹.«
    »Den ›Tempel‹?!«
    »Wieso nicht? Der ›Tempel‹ zahlt einem halben Dutzend Stiftungen Geld – dem Institut für religiöse Erfahrung, der Gaia-Stiftung. Sie machen keinen Hehl daraus, weil es gute Publicity bringt.«
    »Mag ja sein. Aber diese Stiftung bekommt jedenfalls kein Geld von ihnen. Glauben Sie mir. Der alte Coe würde glatt einen Herzinfarkt kriegen.«
    Stern betrachtete ihn weiter eindringlich, dann nickte er, als hätte er soeben eine Entscheidung gefällt. »Ich will euch was zeigen«, sagte er. Er stand auf, ging durch das Zimmer zum Schreibtisch, der am Fenster stand. Nachdem er einen Stapel Papiere beiseite geschoben hatte, nahm er ein Exemplar seines Rundbriefs in die Hand und kehrte damit zum Sessel zurück. »Seht euch das an«, sagte er und warf den Rundbrief auf den Überseekoffer zwischen ihnen. Dann setzte er sich wieder.
    Es war die Frühjahrsausgabe des Armageddon Watch – zweiunddreißig Seiten dickes Papier, in der Mitte geheftet. Auf dem Titelblatt wurden Berichte angekündigt über Scientology im Internet, eine Santena-Sekte im westlichen Louisiana und einen südindischen Ashram, in dem Gehirnwäsche betrieben wurde.
    Frank überflog die Seiten, bis er zu Seite acht kam. Dort entdeckte er, eingebettet in eine Kolumne mit der Überschrift PERSONALIA, ein Bild von Luc Solange, der in die Sonne blinzelte und ein Steuerrad umklammert hielt, vermutlich das der Crystal Dragon. Darunter stand: Steuermann.
    Frank zeigte es Annie. »Er sieht gut aus«, sagte sie, fast ein wenig erstaunt.
    Unter dem Foto war ein kurzer Text:
    Ein seltener Schnappschuss vom Guru des ›Tempels des Lichts‹, Luc Solange, auf hoher See an Bord seines Flaggschiffs, der Crystal Dragon. Nach fünfzehn Jahren in den USA ist der gebürtige Schweizer Solange erneut unterwegs. Im vergangenen November

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