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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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technische Raffinesse, dass es die Nummer des jeweiligen letzten Anrufers zeigte. Gott sei Dank hatte er, als er von Annies Apparat aus anrief, aufgelegt, bevor das System sich einschaltete. Er hetzte die Treppe hinauf, und die Nummer war noch in der Anzeige. Eine 914er Vorwahl.
    Er wollte zu seinem Computer, um die Nummer in seinem Telefonverzeichnis auf CD-ROM zu suchen. Und dann fiel ihm wieder ein, dass er ja keinen Computer mehr hatte.
    Carlos zögerte lange, bevor er Frank hereinließ, doch dann öffnete er mürrisch die Tür. Carlos war nämlich der ultimative Computerfreak, und innerhalb von zwei Minuten hatte er die Nummer für Frank rausgesucht. »Ein Anschluss in Poughkeepsie«, sagte Carlos mit seiner schrillen Stimme. »Im Staat New York. Martin Kramer Associates. Kennst du die?«
    »Allerdings«, sagte Frank. »Ich kenne den Typen.« Frank dachte zurück an ihren gemeinsamen Lunch bei ›Fernacci’s‹. Zwei Spinner, hatte Kramer über die Bergmans gesagt. Sie waren bigott. Paranoid. Dass sie nicht unter den Teppich geguckt und nach Landminen gesucht haben, war alles.
    »Willst du die Adresse haben?«, fragte Carlos.
    »Nein, danke«, sagte Frank. »Ich weiß, wo der wohnt.«

28
    Er überlegte, ob er das FBI verständigen sollte, doch nach der Katastrophe von Waco hegte er nicht gerade großes Vertrauen in dessen Fähigkeiten zur Lösung von Geiselnahmen. Er wollte es anders versuchen.
    Eine halbe Stunde später verschloss er mit Heftklammern einen wattierten Umschlag. Darin befand sich die Diskette aus dem Kühlschrank mit sämtlichen Informationen zum ›Tempel‹, der Spanischen Grippe und Luc Solange. Beigefügt war ein Memo, das er hastig auf Carlos’ Computer heruntergetippt hatte und in dem er Informationen zusammenfasste, die nicht auf der Diskette waren – darunter auch Annies Aussagen über die WRMMs, ihre Vermutung, dass die Grippeepidemien der letzten Zeit Verteilertests gewesen waren, ihre Entführung und seine eigenen Pläne. Da er Gleasons unerbittliche Skepsis kannte, gab er zusätzlich seinen Voicemailcode an, damit der FBI-Mann sich die Drohnachricht des ›Tempels‹ selbst anhören konnte. Frank hatte sie natürlich nicht gelöscht.
    Carlos (der Bürger) Rubini gelobte feierlich, den Umschlag am nächsten Morgen in Gleasons Büro abzugeben. Carlos war ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung, als Frank beteuerte, je weniger er wisse, desto sicherer sei es für ihn. Carlos sollte unbedingt darauf bestehen, dass Gleason den Umschlag persönlich in Empfang nahm. Falls Gleason nicht da wäre, sollte Carlos klarstellen, dass die Sache von höchster Dringlichkeit sei, eine Frage der nationalen Sicherheit, und dass der Umschlag sofort an Gleason weitergeleitet werden müsste.
    »Verlass dich drauf, Frank«, sagte Carlos mit leuchtenden Augen. »Ich sorge dafür, dass Mr. Gleason die Sachen kriegt. Hab doch gewusst, dass das kein einfacher Einbruch war. Mir macht man so schnell nichts vor.«
    Nachdem er sich derart abgesichert hatte, erwog Frank, über die Staatsgrenze nach Virginia zu fahren und sich eine Waffe zu besorgen. Aber er verwarf die Idee. Schließlich konnte ihm eine Waffe nur dann etwas nützen, wenn seine rechte Hand einsatzfähig war. Und schon allein das Auto fahren würde ihm Probleme bereiten.
    Außerdem beschloss er, nicht mit dem Saab zu fahren. Was, wenn der irgendwo unterwegs endgültig den Geist aufgab? Zudem war ein Automatikwagen leichter zu bedienen. Also nahm er ein Taxi zum Bahnhof, mietete sich bei Budget einen Wagen und fuhr los. Nach Norden.
    Als er Delaware erreichte, peitschte dichter Regen auf die Frontscheibe. Die Seitenfenster beschlugen immer wieder. Der Wagen schlitterte über Wasserpfützen. Ihn trieb das irrationale Gefühl an, dass Annie, solange er ihr folgte und ihre Rettung plante, unversehrt bleiben würde. Es war reines Wunschdenken, aber es hielt ihn aufrecht, während er unbeirrt weiter durch den Regen Richtung Norden raste.
    Er kämpfte gegen die Bilder an, was ihr wohl zugestoßen sein mochte. Er kämpfte gegen Benny Sterns Stimme in seinem Kopf an. Das einzige, was sie nicht versucht haben, war, mich umzubringen. Aber sie hätten mich erledigt, wenn ich für sie nicht bloß ein kleines Ärgernis gewesen wäre. Er drehte die Musik aus dem Radio auf volle Lautstärke und konzentrierte sich aufs Fahren. Dann und wann donnerte ein dicker Sattelschlepper vorbei, ließ Wasser auf die Frontscheibe prasseln, sodass er so gut wie nichts mehr sah.

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