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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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Männer. Sie gaben ihm Wasser und führten ihn in einen anderen Raum, der sich krass vom ersten unterschied.
    »Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«, fragte Solange. »Sie sehen aus, als könnten Sie eine Kleinigkeit gebrauchen.«
    Sie saßen einander gegenüber, an einem langen Eichenholztisch, der auf einem schönen alten Buchara-Teppich stand, in einem Raum, der ein wahres Meisterwerk in Holz war. Er hatte eine kunstvolle Kassettendecke, Bücherregale vom Fußboden bis zur Decke, rollbare Bibliotheksleitern, und an einer Wand standen niedrige Schränke, über denen sich Sprossenfenster erhoben. Unter einem wunderbar gemeißelten Kaminsims züngelte fröhlich ein Feuer. Es gab zwei Türen in dem Raum, darüber fächerförmige Oberlichter aus bernsteinfarbenem Glas. Jede Tür wurde von einem Mann und einer Frau flankiert, die jeweils Bluejeans und ein weißes Hemd trugen. Sie hielten Waffen in der Hand, die, so fand Frank, aussahen wie Ingram-Maschinenpistolen. Es waren sehr kleine Waffen, schwarz, kompakt, effizient wirkend. Keine der Wachen hatte ihn auch nur eines Blickes gewürdigt. Sie waren so teilnahmslos wie die Beefeater vor dem Londoner Tower.
    Frank war seit über einer Stunde in diesem Raum, an einen Stuhl gefesselt. Schließlich war Solange gekommen und hatte sich gesetzt.
    »Wo ist Annie?«, fragte Frank.
    Solange lehnte sich zurück, sodass sein Stuhl leicht nach hinten kippte und auf zwei Beinen balancierte. Frank konnte es ihm nicht gleichtun. Seine Hände waren zwar frei, aber seine Beine waren mit dicken Plastikriemen, die Schnappschnallen hatten, an die Stuhlbeine gebunden, und zwar so, dass seine Oberschenkelmuskulatur so angespannt war wie ein Eisenband. Infolgedessen saß er die ganze Zeit über leicht nach vorne gebeugt da, um die Spannung zu lockern. Vor Solanges Ankunft hatte der Stuhl in der Mitte des Raumes gestanden, und Frank war gezwungen gewesen, einen kontinuierlichen, prekären Balanceakt zu vollführen. Wenn er sich nämlich nicht vorbeugte, wurde der Schmerz in seinen Oberschenkeln unerträglich. Wenn er sich aber zu weit vorbeugte, würde er mit dem Stuhl umkippen und aufs Gesicht fallen.
    Als Solange eintrat, wurde der Stuhl zum Tisch getragen – eine riesige Erleichterung für Frank, denn nun konnte er sich vorbeugen, ohne befürchten zu müssen, das Gleichgewicht zu verlieren.
    Auf dem Tisch zwischen den beiden Männern standen ein Servierbrett mit Käse und Obst, eine Karaffe Wein und zwei leere Gläser. Solange goss Wein in eins der Gläser, schwenkte es, roch daran und nahm schließlich einen kleinen Schluck, den er genüsslich im Mund rollen ließ. Er sah Frank an, und gespielte Sorge kräuselte seine buschigen Augenbrauen. »Sie wollen wirklich nichts?«, sagte er. »Das ist wirklich ein vorzüglicher Rotwein.«
    »Wo ist sie?«, fragte Frank.
    »An Ihrer Stelle würde ich nicht nein sagen, Frank«, sagte Solange. »Man sollte die Dinge genießen, solange man kann.«
    »Und Sie sollten sich verpissen.«
    Solange verzog das Gesicht, dann schüttelte er nachsichtig den Kopf, als wäre Frank ein trotziges Kind. Ein Schlückchen Wein, ein Seufzer. Dann sprang er auf und schlenderte zum Kamin hinüber. Er hatte einen Gang wie eine Raubkatze, tänzelnd auf den Fußbällen. Er stellte den Ofenschirm beiseite, kniete sich nieder und arrangierte geschickt die Holzscheite mit dem gusseisernen Kaminbesteck. Bald schoss ein Funkenregen in die Höhe, und das Feuer, das nur noch geglimmt hatte, loderte erneut auf. Solange legte das Kaminbesteck wieder an Ort und Stelle, rückte den Ofenschirm zurecht und betrachtete sein Werk. Ohne den Kopf zu wenden, hob er auffordernd eine Hand, und eine der Wachen, ein sommersprossiger Bursche, der so jung war, dass die Ingram in seinen Händen aussah wie ein Spielzeug, trat näher. Solange sagte etwas, und der Bursche verließ das Zimmer.
    Solange kehrte an seinen Platz gegenüber Frank zurück und setzte sich. Er schob den Wein beiseite, verschränkte die Hände und stützte das Kinn darauf. Er betrachtete Frank neugierig forschend.
    »Sie interessieren mich, Frank. Warum sind Sie hergekommen? Ich meine – was haben Sie sich dabei gedacht? Wir sind ja nicht undankbar, aber … wirklich!« Seine Augen funkelten angriffslustig.
    Frank sagte nichts.
    »Wirklich keinen Wein? Er würde Sie entspannen.«
    Die Tür öffnete sich, und Frank wandte sich um, weil er hoffte, es wäre Annie. Aber es war ein dünner, beinahe skelettöser Mann, der

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