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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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zwischen der vergletscherten Ostküste von Spitzbergen und der Westküste von Edgeøya trieb, einer kleineren Insel im norwegischen Meer.
    Annie starrte auf den zerbröckelten Eisteppich, der sich vor dem Bug erstreckte, so weit das Auge reichte. Sie hielt nach einem dunklen Punkt Ausschau, dem ersten Anzeichen für das, was die Schneemänner eine ›Rinne‹ nannten – eine Bresche im Eis, die sie in das tintenschwarze offene Gewässer bringen würde.
    Und dann würden sie schneller vorankommen.
    Trotz der zusätzlichen Tage, die sie dank ihrer überstürzten Abreise gewonnen hatten, machte sie sich wegen der Zeit und der Logistik Sorgen. Den ersten Teil der Reise – nordnordwestlich durch die Barentssee – hatten sie schnell geschafft. Murmansk blieb den ganzen Winter über eisfrei, da die Stadt von demselben Ausläufer der warmen Atlantikströmung umspült wurde, die die Route zur Westküste von Spitzbergen fast das ganze Jahr hindurch freihielt.
    Doch kaum hatten sie nach Osten abgedreht in Richtung der Storfjord-Passage, da steckten sie auch schon im Packeis. Und sobald sie in den Fjord gelangten, war das Eis noch dicker geworden, was bedeutete, dass sie sich stundenlang durch Festlandeis kämpfen mussten und nur langsam vorankamen. Der Hubschrauber hatte sich wiederholt auf die Suche nach Rinnen gemacht, die sie zu den Wasserkanälen bringen würden, die durch das Eis flossen wie Bäche durch Schneefelder.
    Aber jetzt hatten die Schneemänner dem ein Ende bereitet. Der Physiker, der auch als Pilot des Expeditionshubschraubers fungierte, beschloss, dass es besser war, Sprit zu sparen, um Nachschub zum Camp in Kopervik und wieder zurück zu bringen. Jetzt gab es nichts mehr zu tun, als sich durch das Eis zu pflügen und zu hoffen.
    Abgesehen von den Rinnen gab es auch freie Wasserflächen, praktisch wie Seen inmitten des ›ewigen Eises‹. Die Seen entstanden, wie Annie gesagt wurde, mehr oder weniger regelmäßig jedes Jahr an denselben Stellen. Ihre Größe und Position wurden auf speziellen Karten verzeichnet. Sie hatte sich am Morgen eine angesehen. Einer von der Mannschaft hatte ihr gezeigt, wo genau sie offenes Gewässer erwarteten. Auf der Karte erschien es als lange, fiedrige Form, die sich landeinwärts auf einen der wenigen schwarzen Punkte auf Edgeøya zuwand – das Bergwerkscamp von Kopervik.
    Das Problem war, dass die Karten erst seit wenigen Jahren angelegt wurden und daher niemand wusste, wann einer der ›Seen‹ vielleicht verschwinden und wieder zu Eis werden würde. Wegen des Eises wurde die Geschwindigkeit der Rex auf ein Minimum dessen gedrosselt, was sie bei voller Fahrt schaffen konnte. Wenn sie also die ganze Strecke durch Eis mussten … nun, dann würden sie lange brauchen.
    Wenn sie allerdings in den nächsten zwei Stunden das offene Gewässer erreichten, würden sie mit etwas Glück gegen Abend ihren Ankerplatz erreichen und am Morgen an Land sein.
    Gegen ihre Ungeduld war sie machtlos. Das Forschungsprojekt war ihre Idee gewesen, und sie war am Boden zerstört gewesen, als die National Science Foundation (NSF) den Antrag auf Finanzierung, trotz Doctor Ks Unterstützung, abgelehnt hatte. Nun da das Projekt doch noch genehmigt worden war, wollte sie die Forschungen durchführen – und zwar jetzt.
    Es ging darum, dem Lungengewebe der Bergarbeiter viröse Proben zu entnehmen. Sie und Doctor K würden mit einer modernen Methode namens Polymere Kettenrekonstruktion oder PKR das Virus im Labor wiedererschaffen. Wenn sie Glück hatten und genug Material erzeugen konnten, um die Virusvariante zu züchten, die die Bergleute getötet hatte, konnten sie natürlich einen Impfstoff herstellen (für den Fall, dass jemals einer gebraucht wurde). Aber noch wichtiger (nach Annies Dafürhalten) war, dass sie imstande wären, Doctor Ks Theorie zu verifizieren, dass es einen Zusammenhang zwischen bestimmten Arten von Proteinhüllen und der Virulenz verschiedener Influenzavirustypen gab. Das wäre ein gewaltiger Durchbrach …
    Es hatte Annie sehr überrascht, dass es um die Jahrhundertwende auf dieser Erde noch so unwirtliche Gebiete gegeben hatte, dass sie keiner souveränen Nation angehörten, so beispielsweise (bis 1920) der Archipel Svalbard mit der Insel Spitzbergen. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Archipel ein Teil von Norwegen wurde, waren die Inseln und damit die Bodenschätze praktisch jedem zugänglich, der bereit war, monatelange Dunkelheit und Isolation, ein lebensfeindliches Klima

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