Das erste der sieben Siegel
Sie in Hammerfest vom Schiff abgeholt und in den Wagen bugsiert hat. Er ist beim FBI.«
Sie holte tief Luft und erhob sich. »Ich muss rein«, sagte sie.
Frank wollte sie festhalten, aber sie riss sich los. »Annie –«
»Ich kann nicht darüber reden.«
»Hören Sie, Annie, das ist eine Story, die in die Zeitungen muss – und sie wird Schlagzeilen machen. Die Öffentlichkeit muss davon erfahren. Sie können nicht den Kopf in den Sand stecken.«
Sie blieb vor der Tür stehen. »Ich weiß«, sagte sie.
»Also, warum –«
»Es ist nicht so, wie Sie glauben.«
»Was meinen Sie?«
»Ich muss rein.«
»Nein, einen Moment noch. Was haben Sie eben gemeint? Die Expedition wurde vom Geheimdienst gefördert. Keine Frage. Das lässt sich an fünf Fingern abzählen. Als die NSF Ihren Antrag ablehnte –«
Annie schüttelte den Kopf.
»– ist Kicklighter zur CIA gegangen.«
»Nein. Ist er nicht. So ist es nicht gewesen.«
»Okay, dann ist die CIA eben zu Ihnen gekommen! Was macht das für einen Unterschied? Der springende Punkt ist doch der, dass es um Biowaffenforschung geht – und das ist illegal. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie da mit drinstecken.«
»Tu ich auch nicht. Und es ist auch nicht so, wie Sie glauben.«
»Ach, hören Sie doch auf, Annie – man hat Sie benutzt. Ich weiß es – aber das wird ihnen sonst niemand glauben. Reden Sie mit mir!«
Sie schüttelte traurig den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich kann nicht …« Sie holte einen Schlüssel aus ihrer Handtasche, öffnete die Tür und wollte ins Haus gehen. Plötzlich sanken ihre Schultern herab, und sie drehte sich zu ihm um. »Es war neulich wirklich ein wunderschöner Abend mit Ihnen«, sagte sie. Dann brach sie in Tränen aus, ging ins Haus und schloss die Tür hinter sich.
Er saß an seinem Schreibtisch, trommelte mit den Fingern aufs Holz und versuchte, sich auf alles einen Reim zu machen, doch Annies Zurückhaltung ergab für ihn einfach keinen Sinn. Was konnte er sonst noch tun? Nach einer halben Stunde sah er auf den Bildschirm, wo die Dinge aufgelistet waren, die er noch erledigen wollte. Es war eine sehr kurze Liste:
1. Kolp anrufen
2. Flugpapiere überprüfen
Punkt eins war eine Pflichtübung in defensivem Journalismus. Kolp anzurufen würde ihn nicht weiterbringen. Der Mann würde sehr wahrscheinlich nicht reden. Aber versuchen musste er es, sonst würden die Anwälte ihn in der Luft zerreißen, sobald die Story veröffentlicht wurde. Sie haben den Mann nicht angerufen? Sie sind einfach davon ausgegangen, dass er nicht reden würde?
Also rief er bei Kolp an, und es lief in etwa so, wie er erwartet hatte.
»Der General ist im Moment nicht in seinem Büro. Können Sie mir sagen, worum es geht?« Wie jede gute Vorzimmerdame versuchte Kolps Sekretärin Informationen aus ihm herauszulocken, während sie gleichzeitig ihren Boss abschirmte.
»Mein Name ist Frank Daly. Von der Post. Na ja, eigentlich bin ich derzeit beurlaubt und arbeite für eine Stiftung … Ja, ja, ich weiß, es ist kompliziert, also – sagen Sie ihm einfach, es geht um Kopervik.«
Dann legte er auf und nahm Punkt zwei der Liste in Angriff: Flugpapiere überprüfen.
Er wollte wissen, was mit den Leichen der Bergleute geschehen war – wohin man sie gebracht hatte und wie sie dort hingekommen waren. Die NSF hatte Kicklighters Antrag abgelehnt, weil sie zu hohe Risiken befürchtete. Und da Frank sich für die von Annie getroffenen Vorsichtsmaßnahmen interessiert hatte, konnte er sich gut daran erinnern, was ihrer Darstellung nach auf Kopervik passieren sollte.
Zunächst einmal sollten die Wissenschaftler in Hochsicherheitsschutzanzügen die Leichname aus den Särgen nehmen, in formalingetränkte Laken einwickeln und in hermetisch verschließbare Überführungskisten legen. Ein Hubschrauber würde die Kisten dann zur Rex Mundi transportieren, wo sie im Laderaum, genauer gesagt im Kühlraum, bei einer Dauertemperatur von minus fünfzehn Grad für die Dauer des Transportes aufbewahrt werden sollten. Nach der Ankunft in Hammerfest stand ein Hubschrauber bereit, um die Kisten zum Militärflugplatz in Tromsø zu fliegen. Dort würde die Expedition von einer C-131-Militärtransportmaschine abgeholt, die ohne Ladung aus Bosnien kam, um zurück in die Staaten zu fliegen. Die C-131, die ebenfalls mit Kühlgeräten ausgerüstet war, sollte Annie, Kicklighter und die Leichentransportkisten zum Luftwaffenstützpunkt in
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