Das erste Gesetz der Magie - 1
Strichmännchen. Die dargestellten Szenen jedoch waren nicht weniger gruselig. Die künstlerische Begabung des Zeichners spielte vermutlich keine Rolle. Was zählte, war die Botschaft.
Richard entdeckte einige Zeichnungen von verschiedener Hand, doch über das gleiche Thema. Eine Person, manchmal von einer Art Karte umgeben, immer jedoch mit einem Kreis, auf dem irgendwo ein Schädel und gekreuzte Knochen zu sehen waren.
Sperrzauber.
Aber wie sollte er seinen finden? Überall waren Zeichnungen. Er wußte nicht, wie die Zeichnung seines Zaubers aussah. Mit wachsender Panik suchte er die Höhlenwände ab, drang immer tiefer in die Dunkelheit vor. Im Vorübergehen strich er mit der Hand über die Zeichnungen, versuchte, jede einzelne zu betrachten, um seine nicht zu übersehen. Die Zahl der Zauber war überwältigend. Seine Augen schweiften ohne klares Ziel auf der Suche nach etwas Vertrautem hin und her.
Richard arbeitete sich in die Dunkelheit vor. Möglicherweise hatten die Zeichnungen irgendwo ein Ende, und vielleicht befand sich dort die letzte Zeichnung. Es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Er ging zum Eingang zurück, um eine der Schilfrohrfackeln zu holen, die er dort gesehen hatte.
Er war noch nicht weit gekommen, als er gegen die unsichtbare Mauer stieß. Mit wachsender Panik stellte er fest, daß er in der Höhle gefangen war. Die Zeit lief ihm davon. Die Fackeln waren außer Reichweite.
Er rannte zurück in die Dunkelheit, suchte die Wände ab. Er konnte die Zeichnungen kaum mehr erkennen, und immer noch war kein Ende zu sehen. Ihm kam ein Gedanke, der ihm überhaupt nicht behagte.
Sollte die Not je groß genug sein. Der Stein der Nacht.
Er hatte keine Zeit zu verlieren und zerrte den Lederbeutel aus seinem Bündel. Er betrachtete ihn in seiner Hand und überlegte, ob ihm der Stein helfen oder nur noch mehr Ärger bescheren würde. Noch mehr Ärger konnte er nicht gebrauchen. Er mußte an die Male denken, als der Stein den Beutel verlassen hatte. Jedesmal hatte es eine Weile gedauert, bis die Schattenwesen erschienen waren. Wenn er den Stein nur einen kurzen Augenblick herausholte, einen Blick in die Dunkelheit warf und ihn wieder zurücksteckte, hätte er vielleicht gerade genug Zeit, bevor ihn die Schattenwesen entdeckten. Er wußte nicht, ob es eine gute Idee war.
Sollte die Not je groß genug sein.
Er ließ den Stein in seine Hand fallen. Licht erfüllte die Höhle. Richard verschwendete keine Zeit mit einzelnen Zeichnungen, sondern eilte rasch tiefer hinein, um das Ende zu suchen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der erste Schatten Gestalt annahm. Er war immer noch ein gutes Stück entfernt, also lief er weiter.
Endlich hatte er die letzten Zeichnungen erreicht. Und die Schatten ihn – fast. Er stopfte den Stein zurück in den Lederbeutel. In der absoluten Dunkelheit hielt er mit aufgerissenen Augen den Atem an und wartete auf die qualvolle tödliche Berührung. Nichts geschah. Das einzige Licht war ein heller Punkt, der Eingang. Aber zum Erkennen der Zeichnungen reichte es nicht. Er mußte den Stein wieder herausholen.
Davor jedoch tastete er mit den Fingern durch die Taschen und entdeckte das klebrige, weiche Holzstück, das Zedd ihm gegeben hatte. Er nahm es fest in die Hand und holte den Stein wieder hervor. Das Licht blendete ihn eine Sekunde lang. Suchend drehte er den Kopf.
Dann sah er sie. Der Mann in der Zeichnung war so groß wie er selbst, der Rest der Zeichnung war wesentlich größer. Die Zeichnung war grob, und doch erkannte er sich sofort. Das Schwert in der rechten Hand trug das Wort Wahrheit . Um die Figur herum war eine Karte gezeichnet, ganz ähnlich der, die Kahlan auf den Boden gemalt hatte. Auf der einen Seite führten die Linien außerhalb der Umgrenzung am Callisidrin entlang und quer über die Brücke. Dort war er dagegen gelaufen.
Die Schatten riefen seinen Namen. Er sah auf und erblickte Hände, die nach ihm griffen. Er stopfte den Stein in den Beutel, preßte sich mit dem Rücken an die Wand, auf seine Zeichnung, und lauschte. Sein Herzschlag dröhnte in seinen Ohren. Zu seinem Entsetzen stellte er fest, daß die Zeichnung zu groß war, um den ganzen Kreis rings um ihn auszulöschen. Wenn er nur einen Teil wegwischte, konnte er unmöglich wissen, wo sich die Lücke befand oder wie er die Lücke an der Stelle erzeugen sollte, die seinem Standort in der Höhle entsprach.
Er trat ein Stück zurück, um beim nächsten Mal, wenn er den Stein hervorholte, einen
Weitere Kostenlose Bücher