Das erste Gesetz der Magie - 1
besseren Überblick zu haben. Er stieß an die unsichtbare Wand. Sein Herz schien einen Schlag auszusetzen. Die Wand hatte sich fast um ihn geschlossen. Er hatte keine Zeit mehr.
Er riß den Stein heraus und machte sich sofort daran, das Schwert auszuradieren, in der Hoffnung, damit seine Identität zu löschen und den Fluch von sich zu nehmen. Die Linien ließen sich nur unter großer Mühe entfernen. Er trat einen Schritt zurück, um besser sehen zu können, und stieß an die Wand. Die Schatten griffen nach ihm, riefen verführerisch seinen Namen.
Er steckte den Stein zurück in seine Tasche und stand schwer atmend in völliger Dunkelheit. Das Gefühl, eingesperrt zu sein, brachte ihn an den Rand der Panik. Das Schwert zu ziehen und während der Arbeit an der Zeichnung die Schatten zu bekämpfen, kam nicht in Frage. Er hatte schon einmal gegen die Schatten gekämpft, und es hatte ihm alles abverlangt. Seine Gedanken rasten. Er wußte nicht, was er tun sollte. Er hatte das Schwert fortgewischt, aber das hatte nicht gereicht. Offenbar erkannte der Zauber ihn noch immer. Er konnte unmöglich alle Linien fortwischen, die ihn umgaben. Er keuchte verzweifelt.
Hinter ihm flackerte Licht auf. Er wirbelte herum. Ein Mann mit einer der Schilfrohrfackeln kam auf ihn zu, ein öliges Grinsen auf seiner Visage. Es war James, der Künstler.
»Ich hab’ mir gedacht, daß ich dich hier finde. Ich bin gekommen, um zuzusehen. Kann ich dir irgendwie helfen?«
Seine Lache verriet Richard, daß er keinesfalls die Absicht hatte, ihm zu helfen. Im Licht der Fackel war die Zeichnung gut zu erkennen. Die unsichtbare Mauer drückte gegen seine Schulter und schob ihn gegen die Wand. Bei der Berührung durchfuhr ihn eine Welle aus Übelkeit und Schwindel. Er war jetzt nur noch einen Schritt von der Höhlenwand entfernt. In wenigen Augenblicken würde er eingeschlossen, zerdrückt oder vergiftet werden.
Richard wirbelte zur Zeichnung herum. Mit der einen Hand machte er sich an die Arbeit, mit der anderen kramte er in seiner Tasche. Er zog den Stock hervor, von dem Zedd behauptet hatte, mit ihm ließe sich die Zeichnung verändern.
James beugte sich blöde glucksend vor und sah ihm bei der Arbeit zu.
Das Glucksen verstummte. »Was machst du da?«
Richard antwortete nicht. Er entfernte die rechte Hand der Figur.
»Laß das!« brüllte James.
Richard achtete nicht auf ihn. Er radierte weiter. James warf die Fackel zu Boden und zog einen eigenen Zeichenstock hervor. Der Künstler warf rasch einige Striche hin, sein fettiges Haar fiel ihm ins Gesicht. Er zeichnete eine Figur. Einen weiteren Zauber. Eine zweite Chance würde Richard nicht bekommen, sollte James zuerst fertig werden, soviel stand fest.
»Hör auf damit, du Narr!« brüllte James, der sich rasend beeilte, seine Zeichnung fertigzustellen.
Die unsichtbare Wand preßte Richard an die Höhlenwand. Er hatte kaum noch genug Platz, seine Arme zu bewegen. James zeichnete ein Schwert und begann, es zu beschriften. Wahrheit .
Richard nahm seinen Zeichenstock und verband die beiden Handgelenke der Figur zu einem Stumpf, genau wie James ihn besaß.
Als er fertig war, ließ der Druck in seinem Rücken nach und auch die Übelkeit.
James schrie auf.
Richard drehte sich um und sah, wie er sich auf dem Boden der Höhle wand und sich kotzend zusammenkrümmte. Schaudernd ergriff Richard die Fackel.
Der Künstler sah mit flehendem Blick zu ihm auf. »Ich … wollte dich nicht töten … nur einfangen…«
»Wer hat dich beauftragt, diesen Zauber für mich zu zeichnen?«
James grinste ihn dünnlippig und böse an. »Die Mord-Sith«, flüsterte er. »Du wirst sterben…«
»Was ist das, eine Mord-Sith?«
Richard hörte, wie ihm die Luft aus dem Leib gepreßt wurde, hörte das Krachen von Knochen. James war tot. Richard konnte nicht behaupten, daß es ihm leid täte.
Was eine Mord-Sith war, wußte er nicht, er hatte aber auch nicht vor zu bleiben, bis er es herausgefunden hätte. Er kam sich plötzlich allein und verletzlich vor. Sowohl Zedd als auch Kahlan hatten ihn gewarnt. In den Midlands gab es vieles, viele magische Wesen, die gefährlich waren und von denen er nichts wußte. Er konnte die Midlands nicht ausstehen, haßte alle Magie. Er wollte einfach nur noch zurück zu Kahlan.
Richard rannte zum Eingang der Höhle, die Fackel warf er unterwegs fort. Er stürzte hinaus in die Sonne, hielt sich die Hände schützend vor die Augen und blieb abrupt stehen. Blinzelnd erkannte er
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