Das erste Gesetz der Magie - 1
sie wieder abnehme.« Sie zeigte auf die offenstehende Tür. »Für die nächste Stunde möchte ich, daß du alles daransetzt, durch diese Tür zu gelangen. Wenn du nicht dein Bestes gibst, wirst du für den Rest der Stunde folgendes tun.« Sie drückte ihm den Strafer seitlich an den Hals, bis er vor Schmerzen schreiend auf die Knie sackte und sie anflehte, aufzuhören. Sie nahm den Strafer fort und befahl ihm, anzufangen. Dann lehnte sie sich an die Wand und verschränkte die Arme.
Als erstes versuchte er einfach, zur Tür zu gehen. Der Schmerz knickte ihm die Beine unter dem Körper weg, bevor er die Kette auch nur ein winziges bißchen unter Spannung setzen konnte, und ließ erst wieder nach, als es ihm gelang, rückwärts zurück zum Stuhl zu kriechen.
Richard versuchte den Ring zu greifen. Der magische Schmerz verkrampfte seinen Arm, bis er vor Anstrengung, den Ring packen zu wollen, zu zittern begann. Der Schweiß rann ihm übers Gesicht. Er versuchte, rückwärts an den Stuhl heranzukommen und sich dann umzudrehen, aber bevor seine Finger den Ring erreicht hatten, riß ihn der Schmerz wieder zu Boden. Er kämpfte gegen die Schmerzen an, reckte sich, wollte den Stuhl greifen, doch er kam nicht gegen die Schmerzen an. Vor Anstrengung brach er Blut spuckend zusammen. Als es vorbei war, hielt er sich mit einer Hand aufrecht. Tränen tropften ihm vom Gesicht, während er sich mit der anderen Hand zitternd den Bauch hielt. Aus den Augenwinkeln sah er, daß Denna die Arme löste und sich aufrichtete. Er versuchte es ein weiteres Mal.
Sein Plan war eindeutig zum Scheitern verurteilt. Er mußte sich etwas anderes einfallen lassen. Er zog das Schwert, in der Absicht, damit die Kette ein Stück anzuheben. Für einen winzigen Augenblick gelang es ihm unter größten Mühen, die Kette mit der Klinge zu berühren. Der Schmerz zwang ihn, das Schwert fallen zu lassen. Nur durch das Zurückstecken des Schwertes in die Scheide ließ sich der Schmerz unterbinden.
Er hatte eine Idee. Er legte sich auf den Boden und trat den Stuhl unter der Kette weg, bevor der Schmerz ihn paralysieren konnte. Der Stuhl schlitterte über den Boden, prallte gegen den Tisch und kippte um. Die Kette war frei. Das Siegesgefühl dauerte nur einen winzigen Augenblick. Jetzt, wo die Kette vom Stuhl heruntergeglitten war, erreichte der Schmerz einen ungekannten Grad. Schwer atmend, keuchend, zog er sich mit letzter Kraft an den Fingernägeln über den Steinboden. Mit jedem Zentimeter wuchs die Pein, bis er von ihr geblendet wurde. Seine Augen schienen aus dem Kopf gedrückt zu werden. Er war gerade mal einen halben Meter weit gekommen. Er wußte nicht, was er machen sollte. Der Schmerz verhinderte jede Bewegung, jeden Gedanken.
»Bitte, Herrin Denna«, brachte er unter größter Anstrengung hervor, »helft mir. Bitte helft mir.« Er stellte fest, daß er weinte, aber das war ihm egal. Er wollte nur, daß die Kette wieder auf dem Stuhl hing, damit der Schmerz nachließ.
Er hörte, wie ihre Stiefel auf ihn zukamen. Sie bückte sich, hob den Stuhl hoch, stellte ihn wieder hin und hängte den Ring wieder an den Stuhl. Der Schmerz ließ nach, und er wälzte sich auf den Rücken. Aber aufhören zu weinen konnte er nicht.
Sie stand über ihm, die Hände in die Hüften gestemmt. »Das waren erst fünfzehn Minuten, aber weil ich dir helfen mußte, fängt die Stunde von vorne an. Wenn ich dir noch mal helfen muß, werden es zwei Stunden werden.« Sie bückte sich und bohrte ihm den Strafer in den Magen. Schmerz schoß ihm durch den Unterleib. »Verstanden?«
»Ja, Herrin Denna«, greinte er. Er hatte Angst, daß es eine Möglichkeit gab, hatte Angst, was geschehen würde, wenn er sie fand, Angst, es unversucht zu lassen. Wenn es am Ende der Stunde einen Weg gab, dann hatte er ihn nicht gefunden.
Sie kam und stellte sich über ihn. Er stützte sich auf Hände und Knie. »Hast du es jetzt kapiert? Begreifst du jetzt, was geschehen wird, wenn du versuchst, zu fliehen?«
»Ja, Herrin Denna.« Er hatte tatsächlich verstanden. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht für ihn. Hoffnungslosigkeit hüllte ihn ein, schien ihn ersticken zu wollen. Er wollte sterben. Dann dachte er an das Messer in seinem Gürtel.
»Steh auf.« Sie sprach leise, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Falls du glaubst, du könntest deine Zeit als mein Spielzeug beenden, denk noch einmal nach. Die Magie wird es verhindern, genauso wie sie verhindert, daß du die Kette vom Stuhl nehmen
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