Das erste Gesetz der Magie - 1
Das ist der einzige Grund. Außerdem hat er nie davon gesprochen, er wolle es ächten. Er will nur verhindern, daß andere wie sie verletzt werden. Es ist doch nicht verkehrt, wenn man niemanden verletzen will.«
Sie sah ihn von unten her an. »Es schien ihm nichts auszumachen, dich zu verletzen.«
Richards Ärger ließ nach. Er atmete tief durch. »Ich weiß, so sah es aus. Aber du verstehst ihn nicht. So ist er nun mal. Absichtlich würde er mich nie verletzen.« Richard zog die Knie vor die Brust und schlang die Arme darum. »Nach dem Tod unserer Mutter hat Michael immer mehr Zeit mit seinen Freunden verbracht. Er freundete sich mit jedem an, den er für wichtig hielt. Einige dieser Leute waren überheblich und arrogant. Vater mißfielen einige seiner Freunde, was er ihm auch sagte. Darüber gab es Streit.
Einmal kam Vater mit einer Vase nach Hause, auf deren Rand kleine Figuren zu tanzen schienen. Er war sehr stolz auf sie. Er sagte, sie sei alt und er könne eine Goldkrone für sie bekommen. Michael meinte, sogar noch mehr. Sie stritten sich, bis Vater Michael die Vase zum Verkaufen überließ. Michael kehrte zurück und warf vier Goldkronen auf den Tisch. Mein Vater starrte sie nur unglaublich lange an. Dann sagte er, wirklich vollkommen ruhig, die Vase sei keine vier Goldkronen wert, und er wolle wissen, was Michael den Leuten erzählt hätte. Michael meinte, er hätte ihnen erzählt, was sie hören wollten. Vater streckte die Hand aus, um die vier Goldkronen einzustecken, aber Michael hielt seine Hand auf die Münzen. Er nahm drei und sagte, für meinen Vater sei nur eine, denn mehr hätte er nicht erwartet. Dann fügte er hinzu: ›Das ist der Wert meiner Freunde, George.‹ Das war das erste Mal, daß Michael ihn ›George‹ nannte. Mein Vater gab ihm nie wieder etwas zum Verkaufen.
Und weißt du, was Michael mit dem Geld getan hat? Als Vater das nächste Mal auf Reisen ging, hat er damit den größten Teil der Familienschulden bezahlt. Für sich selbst hat er nichts gekauft.
Michael kann manchmal recht grob sein, wie zum Beispiel heute, als er allen von unserer Mutter erzählt und dabei auf mich gezeigt hat, aber … aber im Grunde seines Herzens will er nur das Beste für alle. Er möchte nicht, daß jemand durch Feuer verletzt wird. Das ist alles. Damit niemand das gleiche durchmachen muß wie wir. Er versucht nur zu tun, was allen am meisten nutzt.«
Kahlan hielt den Blick gesenkt. Sie stocherte mit dem Stock in der Erde herum, dann warf sie ihn ins Feuer. »Tut mir leid, Richard. Ich sollte nicht so mißtrauisch sein. Ich weiß, wie sehr es schmerzt, seine Mutter zu verlieren. Du hast sicher recht.« Endlich sah sie auf. »Vergibst du mir?«
Richard nickte und lächelte sie an. »Natürlich. Wenn ich das gleiche erlebt hätte wie du, würde ich wahrscheinlich auch immer das Schlimmste vermuten. Tut mir leid, ich wollte dich nicht so anfahren. Iß erst zu Ende.«
Er hätte gerne den Rest ihrer Geschichte gehört, wartete jedoch ab und sah ihr eine Weile beim Essen zu, bevor er fragte: »Die Streitkräfte D’Haras haben also die gesamten Midlands erobert?«
»Die Midlands sind groß, und die Friedensarmee des Volkes hält nur einige der größeren Städte besetzt. In vielen Teilen des Landes mißachten die Menschen den Bund. Rahl kümmert das eigentlich nicht. Er hält das für unbedeutend. Seine Aufmerksamkeit hat er auf etwas anderes gerichtet. Die Zauberer fanden heraus, sein eigentliches Ziel sei die Magie, vor der der große Zauberer den Rat gewarnt hatte, jene Magie also, die sie um ihrer eigenen Habgier willen mißbraucht hatten. Bekommt Rahl den Zauber, nach dem es ihn gelüstet, ist er Herrscher über alles und braucht niemanden mehr zu bekämpfen.
Fünf der Zauberer erkannten ihren Irrtum. Der große Zauberer hatte eben doch recht gehabt. Um seine Vergebung zu erlangen, setzen sie sich zum Ziel, die Midlands und Westland vor den Folgen dessen zu bewahren, was geschehen würde, falls Darken Rahl die Macht über den gesuchten Zauber gewinnen sollte. Also machten sie sich auf die Suche nach dem großen Zauberer. Doch den sucht Rahl ebenfalls.«
»Du hast von fünf Zauberern gesprochen. Wie viele gibt es denn?«
»Sie waren zu siebt, der große Zauberer und seine sechs Lehrlinge. Der Alte ist untergetaucht, und einer der anderen hat sich bei einer Königin verdungen, was für einen Zauberer eine sehr ehrenvolle Sache ist.« Sie hielt inne und dachte einen Augenblick darüber nach.
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