Das erste Gesetz der Magie - 1
den beiden. Es prallte deutlich spürbar gegen ihn und erleuchtete ihn im Augenblick des Aufpralls, als wäre er mit Kahlan durch einen Faden lebendigen Lichts verbunden. Es hüllte ihn in einen fahlblauen Glanz. Der Zauberer spürte die vertraute Berührung der additiven Magie und das unbekannte Prickeln der aus der Unterwelt. Er wurde einen Schritt zurückgeschleudert, und das Netz, das ihn gefesselt hatte, zerbarst. Er war frei. Der Lichtfaden erlosch wie von selbst.
Zedd drehte sich zu Chase um und zertrennte die Taue mit einem raschen Zauber. Chase stöhnte vor Schmerzen auf, als seine Arme plötzlich wieder frei waren.
»Zedd«, flüsterte er, »was im Namen der Propheten geht hier eigentlich vor? Was hat sie getan?«
Kahlan fuhr mit den Fingern durch das fahlblaue Licht, das sie umgab, streichelte es zärtlich, badete darin. Demmin Nass und einer seiner Männer beobachteten sie dabei, wichen jedoch nicht von der Stelle und warteten ab. Kahlans starrer Blick war auf Dinge gerichtet, die sie nicht sehen konnten. Ihre Augen waren in einer anderen Welt. Ihre Augen, das wußte Zedd, sahen die Erinnerung an Richard.
»Man nennt es Con Dar. Den Blutrausch.« Zedds Blick schwenkte langsam von Kahlan zum Grenzposten hinüber. »Nur die stärksten Konfessoren sind dazu in der Lage. Und eigentlich dürfte sie es überhaupt nicht können.«
Chase runzelte die Stirn. »Wieso nicht?«
»Weil es von ihrer richtigen Mutter gelehrt werden muß, nur die Mutter kann einem beibringen, wie es ausgelöst wird, wenn das Verlangen stark genug ist. Es handelt sich um einen uralten Zauber, so alt wie die Magie der Konfessoren, wird jedoch selten benutzt. Er kann nur gelehrt werden, wenn die Tochter ein gewisses Alter erreicht hat. Kahlans Mutter starb, bevor sie es ihr beibringen konnte. Das hat Adie mir erzählt. Kahlan dürfte das eigentlich gar nicht können. Und doch hat sie es getan. Daß sie dazu allein durch Instinkt und ihren Willen in der Lage war, spricht in den Prophezeiungen für große Gefahr.«
»Aber warum hat sie es dann nicht schon vorher getan? Warum hat sie nicht schon vorher all dem ein Ende gemacht?«
»Kein Konfessor kann den Zauber für sich allein beanspruchen, sondern nur für einen anderen. Sie hat ihn in Richards Namen erfleht. Aus Zorn über seine Ermordung. Wir stecken in größten Schwierigkeiten.«
»Wieso?«
»Der Con Dar wird aus Rache eingesetzt. Konfessoren überleben ihn nur selten, sie verschreiben ihr Leben einem Ziel, damit die Rache ausgeführt werden kann. Kahlan setzt ihre Macht gegen Darken Rahl ein.«
Chase war schockiert. »Du hast mir erzählt, ihre Macht kann ihn nicht erreichen, kann ihm nichts anhaben.«
»Bislang war es so. Ich weiß nicht, ob es sich jetzt geändert hat, aber ich habe meine Zweifel. Sie wird es nichtsdestotrotz versuchen.
Der Con Dar, der Blutrausch, hat sie in seiner Gewalt. Es ist ihr egal, ob sie dabei draufgeht. Sie wird es versuchen, sie wird Darken Rahl berühren, selbst wenn es sinnlos ist und sie dabei stirbt. Sie wird jeden umbringen, der sich ihr in den Weg stellt. Ohne zweimal nachzudenken.« Er beugte sich hinüber zu Chase, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Das gilt auch für uns.«
Kahlan hatte sich auf dem Boden zu einem Ball zusammengerollt, den Kopf eingezogen, die Hände auf die gegenüberliegenden Schultern gelegt. Das fahlblaue Licht hüllte sie ein. Sie streckte sich langsam, erhob sich und schälte sich aus dem Licht wie aus einer Schale. Frisches, noch feuchtes Blut rann ihr über die Brust und tropfte von ihrem Kinn. Doch ihr Gesicht war von anderen als körperlichen Schmerzen gezeichnet. Dann verschwand auch dieser Ausdruck, und übrig blieb nichts als das typische Gesicht eines Konfessors.
Kahlan drehte sich ein Stück zu einem der beiden Männer, die sie festgehalten hatten. Der andere war nirgends zu sehen. Ruhig hob sie eine Hand in seine Richtung. Er befand sich gut vier Meter entfernt.
Ein Aufprall in der Luft, der Donner ohne Hall. Zedd spürte den Schmerz bis in die Knochen.
»Herrin!« schrie der Mann und sank auf die Knie. »Wie lautet Euer Befehl? Was verlangt Ihr von mir?«
Sie musterte ihn kühl. »Ich will, daß du für mich stirbst. Jetzt.«
Er zuckte zusammen und stürzte mit dem Gesicht nach vorn in den Staub – tot. Kahlan drehte sich um und ging auf Demmin Nass zu. Er hatte ein Grinsen im Gesicht, die Arme verschränkt. Kahlans gebrochener Arm hing herab. Sie schlug ihm den anderen mit einem
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