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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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zu lassen. Heute Abend, so schien es mir, wurde dem Alkohol mehr zugesprochen als an den letzten beiden Abenden zusammen.
    Wir sahen zu, wie Janos seinen Becher Wein leerte. Ein Schwall des Getränks lief ihm aus den Mundwinkeln über seine Kleidung und vermischte sich dort mit Dreck, Staub und Blut. Ich erinnerte mich, mit welchem Genuss er sich ins Wasser gestürzt hatte; manches passte nicht ganz zusammen bei unserem Räuberhauptmann.
    »Sag«, Leandra lehnte sich an mich, »ist es kälter geworden oder bilde ich mir das nur ein?«
    »Vielleicht weil wir aus der Wärme kommen«, sagte ich. Aber sie hatte Recht, auch ich hatte das Gefühl, dass die Kälte zugenommen hatte. Ich konnte die Hitze der Kamine bis hierher spüren, ab und zu, ohne dass man darüber nachdenken musste, warf einer der Gäste ein Scheit ins Feuer. Die Flammen loderten nun schon seit fast drei Tagen ununterbrochen, und der Kamin war schon lange zu heiß zum Anfassen, aber die Gaststube selbst erschien mir kälter als zuvor.
    Aber Janos forderte wieder unsere Aufmerksamkeit. Er breitete die Arme aus und wartete, bis es im Raum still war, lachte erneut und fing an zu erzählen.
    »Die Geschichte, von der ich euch berichten will, handelt von der Rettung der Stadt Kelar. Kelar war eine stolze Stadt, eine freie Stadt, frei vom Königreich Illian. Das passte Herzog Golvar vorzüglich, denn so brauchte er keinen Ärger zu befürchten, wenn er sie nach erfolgreicher Belagerung für sich nahm!« Er machte eine übertriebene Verbeugung. »Herzog muss man sein, dann kann man Städte plündern. Unsereins wird gleich gehängt, klaut er einem fetten Händler eine Börse! Ich frage euch, ist das gerecht?«
    Wieder hatte er das Gelächter auf seiner Seite.
    »Was ich berichten will, trug sich im achtzehnten Jahr der Belagerung zu. Wisst ihr, es gab dort einen Schweinehirten, geboren an dem Tag, an dem die Stadt ihre Tore vor Herzog Golvars Truppen schloss. Nur gab es nach den Jahren der Belagerung irgendwann keine Schweine mehr. Unser Held, seiner Schweine beraubt, half also auf den Wällen. Er schleppte die Toten fort, wusch sie und brachte sie auf den Leichenacker. Er reparierte Kettenhemden und schliff Schwerter nach, brachte das Essen auf die Zinnen und, viel wichtiger, den Wein!« Er hob seinen Becher an und trank. »Prost auf unseren Helden!«
    Alle lachten. Ich stimmte nicht mit ein. Ich kannte diese Geschichte schon, ja, ich kannte sie besser als sonst jemand.
    »Nun, nachdem achtzehn Jahre vergangen waren, war es jedem Idioten in der Stadt, also auch den Ratsherren, klar, dass sie nicht bestehen konnten. Die hohen Speicher waren leer, jedes Vieh aufgefressen, so dass manch ein Bürger seine fette Frau auch schon mal gierig ansah … Anders als ihr lieb war, meine ich! Aber die Ratsherren wussten, dass Golvar seinen Truppen die Erlaubnis zur Plünderung gegeben hatte, und sie wollten doch die hübschen Frauen behalten und selbst bei ihnen liegen!« Er zog Sieglinde zu sich heran und griff ihr derb an den Hintern. »Spiel eine Weise zu meinen Worten, Mädchen!« Er hob den Becher an. »Also, die Leute aus Kelar, die hohen Herren, sahen nun ein, dass sie besser unter dem Schutz des Reichs aufgehoben waren als unter des Herzogs Knute. Das musste man dem König doch sagen, sonst würde er noch dasselbe tun wie die letzten Jahre: Er saß mit seinem Heer auf seinem fetten Hintern und tat – nichts! Also musste ein mutiger Mann gefunden werden, der die Nachricht an den König überbrachte. Diesen mutigen Männern versprach man viel Geld, Land, schöne Frauen, und so folgten sie dem Aufruf, schlichen sich des Nachts aus der Stadt hinaus, um am Tage in zwei Teilen zurückzukehren, die Körper mit einem Katapult des Herzogs, die Köpfe auf der Spitze eines Ballistenbolzens. Alsbald herrschte Mangel an mutigen Gesellen, und so wurde die Nachricht nicht überbracht. Allein der Herzog besaß jetzt zehn Ausfertigungen von dem Wisch, wollte sie aber wohl nicht weiterreichen! Spiel schon auf, Mädchen!«
    Sieglindes Geige brachte eine Melodie hervor, die mich frösteln ließ. Es war, als ob die Saiten die Stimmen der Trompeten und Langhörner, das Surren der Bogensehnen und die Einschläge der Katapultsteine wieder auferstehen ließen, eine Melodie, die Janos’ ironischen Worten den Biss nahm und die Tragödie deutlich machte. Selbst Janos schien das zu bemerken; er war nicht ganz mit ihrer Spielweise zufrieden, aber auch er war wohl von der Musik berührt, denn er

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