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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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änderte seinen Ton und sprach leiser, eindringlicher, als ob auch er nun jene Stadt vor seinen Augen sehen könnte.
    »In ihrer Verzweiflung baten die Ratsherren die Götter um Hilfe, opferten in ihren Tempeln und fragten die Priester um Rat. Die Priester vollführten ihre Augurien und traten dann vor, um ihr Unheil zu verkünden. Alle sahen auf die Hohepriesterin der Astarte oder den obersten Streiter Borons, aber es war der Hohepriester des Soltar, der vor die versammelten Ratsherren trat. Dass der Gott des Todes die erhoffte Lösung bringen sollte, ließ die hohen Herren in ihren Stühlen erzittern!« Janos machte eine Pause und nahm einen Schluck Wein, während Sieglindes Geige diese längst vergangene Szene heraufbeschwor.
    »Aber dann«, fuhr Janos fort, »fasste der oberste Ratsherr Mut. ›Sprecht, Priester, welcher Rat wird uns von Euch gegeben!‹, rief er, und nicht nur er war bleich, als der Priester antwortete. ›Es gibt einen, der hier ruht, einen Streiter des alten Reichs. Er ist begraben in unserem Tempel, liegt dort mit seiner Klinge. Mein Gott sagte mir, dass derjenige, der diese Klinge aufnehmen würde, derjenige wäre, der die Nachricht an den König übermitteln könnte. Doch dieser Krieger müsste selbst durch das Tor des Todes gehen, um die Nachricht zu überbringen.‹« Janos’ Stimme senkte sich. »Schaudern erfüllte die Zuhörer. Das Tor des Todes war auf eine Klippe gebaut, und die war einhundert Mannslängen hoch. Durch dieses Tor traten die Verurteilten ihren letzten Gang an, um am Fuß der Klippen zu zerschellen und den Fischen ein Mahl zu bereiten. Verzweifelt rief der Ratsherr nach Freiwilligen, die das Schwert des Todes tragen wollten und durch das Tor in die Ewigkeit gehen würden, um dem König den Hilfeschrei der allzu stolzen Stadt zu übersenden. Aber niemand meldete sich. ›Gibt es denn niemanden hier, der diese Stadt mehr liebt als sein Leben? Der sich für seine Nächsten und Lieben opfern will?‹ So verzweifelt war der Ruf des Ratsherrn, dass er auch den Schweinehirten erreichte, der die Ratshalle aufgesucht hatte, um etwas Wärme zu finden. Also stand der Schweinehirte auf, löste sich aus der Menge und trat vor den hohen Rat und die Priester der Dreieinigkeit. Er kniete nieder vor dem Priester Soltars. ›Gebt mir die Klinge des Todes, ich werde sie durch das Tor tragen, denn diese Stadt gebar mich, nährte mich, beschützte mich, gab mir eine Heimat. Sie ist der Wall, der meine Lieben schützt, die Stadt in der meine Schwester lebt.‹
    ›Ihr sollt reich belohnt werden‹, sagte der Ratsherr und bot dem Schweinehirten dasselbe an, was er anderen zuvor versprochen hatte, nur diesmal war er noch freizügiger, wohl wissend, dass noch niemand sein Vermögen durch jenes Tor getragen hatte. Doch der Schweinehirte schüttelte den Kopf. ›Lasst mich meine Wünsche nennen. Meine Schwester ist jung, erst sechs. Sie soll eine feine Dame werden, hoch geachtet, in den Tempeln unterrichtet und vermählt werden mit einem jungen Mann, von dem Gutes gesprochen wird und der den Göttern ein Wohlgefallen ist. Da ich es nicht mehr tun kann, baut vor der Stadt ein Haus, in dem die Gäste der Stadt eine Nacht umsonst nächtigen und speisen können, dies sei mein Haus, das ein Mann erbauen soll. Pflanzt einen Apfelbaum im Hof, seine Früchte sollen denen gehören, die ärmer leben, als ich es tat, dies soll mein Baum sein, den ein Mann pflanzen soll. Solange die Mauern der Stadt stehen, nehmt fünf Mädchen und fünf Jungen ohne Oheim, Mutter und Vater, gebt ihnen ein Heim, eine liebende Familie und einen Beruf, dies sollen meine Kinder sein, die ein Mann im Leben zeugen soll.‹ Der Schweinehirte erhob sich, stand gerade und stolz vor dem Ratsherrn, als wäre dieser nicht ein hoher Herr und er nicht ein Hüter der Schweine. ›Für mich ein Paar Stiefel, eine Hose, Wams und Ranzen mit vier Mahlzeiten darin und einen warmen Umhang.‹ Vor all den hohen Herren der Stadt wurde das Geschäft getätigt. Der Junge wurde gewaschen und gesalbt, schlief diese letzte Nacht in einem weichen Bett, erhielt Stiefel, Jacke, Hose, Ranzen und Umhang. Er wurde in der Stunde der tiefsten Nacht, gesäumt von zahllosen Fackeln, unter Glocken und Trompetenklängen, zu dem hohen Tor des Todes geführt, entlang des Pfades, den so viele arme Büßer vor ihm gegangen waren. Doch noch nie war eine derartige Prozession einem Jüngling gefolgt, nein, einem Mann, der mit hoch erhobenem Haupt diesen Weg ging. Ihm

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