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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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gab es noch eine Handels- und eine Zollstation an einem Pass, über den eine Handelsstraße lief. Dort befand sich auch noch ein Wehrturm. Diese Straße kontrollierte das ganze Tal, und dorthin wurde ich entsandt. Ich und zehn Männer, ein Zeichen dafür, dass der Herr Graf auch mit Gewalt das halten wollte, was er sein Eigen glaubte.«
    »Kam es zum Kampf?«
    »Ja. Später. Aber das ist nicht der Kern meiner Geschichte. Ähnlich wie hier lag dieser Wehrturm am Fuß eines Passes.«
    »Ihr erwähntet es schon.«
    »Ja. Mit dem Unterschied allerdings, dass dieser Wehrturm lange nicht benutzt worden war. Als ich dort mit meinen Kameraden eintraf, musste erst noch viel gerichtet werden. Keine Tür und kein Fensterladen waren noch an ihrem Platz, das Dach der Stallanlagen war undicht, und ein Boden im Turm war zusammengebrochen. Tauben nisteten dort, der Vogelmist bedeckte den Grund knöcheltief. Es stank, aber nicht sehr, denn es war kalt. Später Herbst. Drei Wochen schufteten wir dort. Die Einheimischen, die wir mit unserer Waffengewalt beeindrucken sollten, erschienen ab und an und sahen uns bei unserer Arbeit zu, in etwa so, wie man exotische Tiere ansieht. Eines Tages kam eine junge Frau den Pfad zum Turm hoch und teilte uns mit, dass wir den Turm noch heute verlassen sollten. Der Feldwebel, der diese Expedition leitete, lachte nur. Er fragte sie, ob sie ihm drohen wollte. Das Mädchen schüttelte nur ernsthaft den Kopf. Es wäre ein Rat und keine Drohung. Der Feldwebel sah es anders. Er gab sie der Mannschaft zum Spiel.«
    Sie sah mich an. »Ihr wart Teil der Mannschaft?«
    Ich nickte. »Ja. Und auch ich hatte lange keine Frau mehr gehabt. Ich wollte, ich könnte nun sagen, ich hätte mich nicht beteiligt, aber das wäre eine Lüge.«
    Nichts war in ihren Augen zu lesen, als sie mich bat, fortzufahren.
    »Am Morgen danach fragte der Feldwebel, ob die Frau noch lebte.« Ich sah auf meine Hände hinunter. »Wir waren vielleicht ausgehungert, aber keine Mörder. Tatsächlich ließen wir bald von ihr ab, und den Rest der Nacht verbrachten wir damit, sie trösten zu wollen.« Ich lächelte bitter. »Manchmal verstehe ich uns Männer auch nicht. Ja, sie lebte und es ging ihr nicht schlecht, sie hatte vielleicht den einen oder anderen blauen Fleck, das war alles.«
    »Nicht ganz«, hörte ich Lea.
    »Nicht ganz. Ja. Auf jeden Fall suchte der Feldwebel einen anderen Soldaten aus, der sie zurück ins Tal bringen sollte, aber sie weigerte sich. Sie sagte, sie wolle mit mir gehen. Der Feldwebel war überrascht, wie wir alle. Allerdings war es ihm auch einerlei. Also stimmte er zu, und ich erhielt den Auftrag, sie zurückzubringen. Der Turm war einige Wegstunden von der Siedlung entfernt, und der Pfad führte durch einen Wald. Im späten Herbst waren hier verstärkt Wölfe und auch Bären gesichtet worden. Vielleicht hatte auch der Feldwebel Gewissensbisse, wer will das sagen?«
    »Warum wählte sie Euch?«
    »Ich fragte sie das später auch. Ich war nicht brutal zu ihr gewesen, ließ sie anschließend in meinem Bett in Ruhe schlafen. Ich dachte, das wäre es gewesen, aber nein. Die Antwort ist einfach. Es war die Tatsache, dass ich ihr Wasser, Tuch und Seife zum Waschen gebracht hatte und sie hielt, als sie weinte.«
    Sie nickte langsam. »Wie ging es weiter?«
    »Noch an diesem Tag, während wir durch den Wald unterwegs waren zum Dorf, zogen die Wolken auf. Dichter Schnee hinderte schon im Wald unser Vorankommen, und erst am Abend erreichten wir die Siedlung, völlig erschöpft. Ich trug sie den größten Teil der Strecke, und ich sage Euch, dass ich selten so erfreut war, einen warmen Raum zu betreten, als ich den Bauernhof erreichte, der ihr Heim war. Auch wenn ich nicht willkommen war. Die Bauern wussten, was ihrer Tochter widerfahren war, aber sie half mir, sie sprach nur von den anderen. Abgesehen davon trug ich Rüstung und Schwert. Sechs Tage blieb ich auf dem Bauernhof, dann machte ich mich wieder auf zum Wehrturm.«
    »Was war geschehen?«
    »Als ich dort ankam, fand ich sie alle. Der Feldwebel hielt ewige Wache auf den Zinnen des Turms, er war hart wie ein Stein, als ich ihn fand. Die anderen … Sie hatten sich gegenseitig angefallen, fast zerfleischt. Einer, des Lesens und Schreibens kundig, hatte mit seinem eigenen Blut eine Warnung an die Wand geschrieben: Es kommt, es sucht, es frisst .«
    »Sie haben sich gegenseitig umgebracht?«
    Ich fuhr mir über die Stirn. »Ich weiß es nicht. Ich sage mir, dass es so

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