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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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mir leid«, sagte Patrick auf seine besondere Art. Keine Diskussion.
    Margaret gab ihrem Mann schnell einen Kuss. Er hatte ihr etwas Nettes gesagt, und sie hatte ihn gerüffelt. Nicht die beste Methode, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
    Sie stemmte ihren Wanderstock in den Boden. »Ich wollte, ich hätte beim ersten Mal auch schon so ein Ding gehabt.«
    »Im Sumpf hattest du doch einen Stock«, sagte Patrick.
    »Da war’s schon viel zu spät«, entgegnete Margaret.
    Als auf dem Weg zur Met Station die Sonne herauskam, war Margaret überglücklich. »Es ist nicht zu fassen«, sagte sie zu Everdene. »Als wir das letzte Mal hier waren, steckten wir mitten in den Wolken und sahen überhaupt nichts. Und jetzt sehen Sie sich das an.«
    Sie standen hoch am Berg und konnten unter sich das in Terrassen angelegte Land auf den unteren Hängen erkennen, die zu der fruchtbaren Ebene abfielen. Auf der Suche nach Nairobi schweifte Margarets Blick über viele kleinere Orte, aber die Stadt war nicht zu finden. Auf der Seite des Berges, die ihnen den weiten Blick bot, war der Himmel wolkenlos. Aber hinter ihnen hing ein schwarzgrauer Wolkenwall über dem Bergmassiv und verhüllte seine Spitzen.
    »Bitte, lass uns nicht da hineingeraten«, sagte Margaret laut.
    »Hm, wir sind Wolken gewöhnt«, bemerkte Everdene.
    Margaret hätte ihr gern gesagt, wie sehr sich ein dunkler Himmel während eines anstrengenden Aufstiegs aufs Gemüt legen und die Willenskraft schwächen konnte, die man brauchte, um durchzuhalten. Das sonnenfunkelnde Panorama, das vor ihnen ausgebreitet lag, erschien mit Blick auf das, was voraussichtlich in den nächsten Tagen auf sie zukommen würde, umso kostbarer.
    Um drei Uhr erreichten sie die Met Station und saßen eine halbe Stunde später bei einem warmen Essen. Danach stieg Margaret das kurze Stück zu einem Grat hinauf, um den Blick und den blauen Himmel genießen zu können. Sie hob ihr Gesicht in die Sonne. Wer hatte es gesagt? Arthur oder Willem? Dass die Sonne hier oben trotz der eisigen Temperaturen noch stärker sei als unten in der Ebene. Sie hatte ihre Sonnenbrille auf, aber sie wusste, dass sie einen Sonnenbrand riskierte.
    Als sie zurückkam, spielten die anderen Gin Rummy. Sie erinnerte sich an die letzte Tour, als alle zu erschöpft oder zu lustlos gewesen waren, ein Kartenspiel in die Hand zu nehmen. Margaret setzte sich dazu, als Kevin gerade Patrick fragte, ob er etwas von einer neuen Krankheit gehört habe, die zum Hungertod der Erkrankten führte. Einige Fälle waren in Naivasha und Nakuru gemeldet worden. Die Einheimischen waren ratlos und verängstigt.
    Patrick sagte, nein, darüber wisse er nichts, aber die Sache interessiere ihn, er werde ihr nachgehen.
    Während die drei mit viel Prahlerei und Gejammer eine weitere Partie beendeten, ging Margaret zum Führer hinüber, der etwas abseits von den gemeinsam essenden Trägern saß. Sie fragte sich, ob er immer Abstand hielt, um keinen Zweifel an der Hierarchie zu lassen. Die Wärme des Feuers tat gut. Margaret hockte sich neben Njoroge nieder.
    »Jambo.«
    »Jambo.«
    »Habari yako?«
    »Nzuri. Nzuri sana.«
    »Ich würde Sie gern um etwas bitten«, sagte Margaret.
    »Memsahib.«
    »Wenn wir den Gletscher überqueren, möchte ich gern in der Mitte einen Moment anhalten. Nur ein halbe Minute vielleicht. Als ich das letzte Mal auf dem Gletscher war, habe ich mich nicht getraut, hinunterzuschauen. Ich möchte diese Angst diesmal überwinden.«
    »Sie waren schon einmal auf dem Berg«, sagte er.
    »Vor einem Jahr, ja.«
    »Und sind Sie bis auf den Gipfel gekommen?«
    »Nein. Ein paar von uns sind krank geworden«, antwortete Margaret. Es schien ihr die einfachste Antwort zu sein.
    »Sie müssen auf den Gipfel steigen«, sagte der Führer. Obwohl ihm die Sonne in die Augen schien, trug er keine Sonnenbrille.
    »Ich hoffe, dass ich es schaffe«, sagte sie.
    »Ja, ja«, insistierte er heftig. »Wenn Sie nicht wieder die Krankheit bekommen, müssen Sie es tun.«
    »Ist es schwierig?«
    »Der Anstieg zum Gipfel ist steil. Aber er ist kurz.«
    Margaret hob einen Stock auf und scharrte damit in der Erde vor ihren Füßen. Ein Windstoß fegte den Rauch vom Feuer in ihre Richtung. Margaret versuchte, ihn wegzuwedeln. Die Träger schien ihre Anwesenheit unter ihnen nicht im Geringsten zu stören.
    »Wie lange machen Sie das schon?«, fragte Margaret den Führer.
    »Fünf Jahre«, antwortete er nickend. Er trug die relativ dünne blaue Jacke, die alle

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