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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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und stachelig, unangenehm. Sie zog die Knie hoch und senkte den Kopf auf sie hinunter. Es war eine niedergedrückte Haltung, die ihr peinlich war, aber zu mehr reichte ihre Kraft nicht. Patrick berührte ihren Rücken.
    »Wasser«, flüsterte sie.
    Er reichte ihr eine Feldflasche. Sie hielt sie mit beiden Händen und ließ das Wasser in ihren Mund stürzen.
    »Langsam, Margaret«, mahnte er. »Das muss für die ganze Wanderung reichen.«
    Sie setzte ab und hielt die Feldflasche aufrecht. Sie hatte vielleicht zwei Drittel des Wassers getrunken. Das Schlimmste, sagte sie sich, war vorbei, sie hatten den langen Aufstieg zur Höhe der Ngong Berge geschafft und wenigstens einen Gipfel bezwungen. Sie dachte an ihre hochtrabende Bemerkung zu Arthur, als sie bei ihm im Auto gesessen hatte.
    Ich bin nicht hergekommen, um etwas zu bezwingen.
    Arthur und Willem, die mit breiteren Rucksäcken unterwegs waren, zauberten Falthocker hervor.
    »Sie sollten sich nie direkt ins Gras setzen«, sagte Arthur, als er Margaret den ihren brachte. Er half ihr auf die Beine und stützte sie, als sie sich setzte. Beinahe konnte sie ihm seine prätentiöse Kaki-Montur verzeihen. Warum sie sich nicht direkt ins Gras setzen sollte, erklärte er ihr nicht.
    Ein Stück entfernt hatten Diana und Saartje einen Campingtisch aufgestellt, auf dem nun alle ihren mitgebrachten Proviant ausbreiten sollten. Unter dem Tisch war ein blau und rot gemustertes Stück Öltuch von der Größe eines Bettüberwurfs ausgebreitet. Niemand ließ sich darauf nieder. Margaret rückte ihren Hocker näher, um sich in den Kreis der anderen einzugliedern, und setzte sich wieder, dankbar für die nachgebende Leinenunterlage. Saartje und Diana tischten ein Picknick auf, das einer Safari-Expedition der Luxusklasse würdig gewesen wäre: vier Sorten Sandwiches ohne Rinde; Scones mit Butter und Brombeermarmelade; Tee für sechs Personen; frisches Brot wie das, das Margaret aus ihrem Rucksack gezogen hatte, und Käse dazu; mehrere Flaschen Wein; und eine Ananas, die Arthur gekonnt aufschnitt.
    Margaret nahm ein wenig von allem, aber am besten schmeckte ihr die Ananas: saftig und süß, die köstlichste Frucht, wie ihr schien, die sie je gegessen hatte. Das ausgehungerte Tier in ihr beruhigte sich ein wenig. Sie trank eine Tasse Tee und aß ein Gurkensandwich dazu und danach etwas von dem frischen Brot mit Käse, einem Caerphilly, wie ihr jemand erklärte. Importiert. Die Holländer und die Briten öffneten beinahe unverzüglich den Wein und tranken ihn ganz schlicht aus Plastikbechern. Margaret lehnte den ihr angebotenen Wein aus Vorsicht ab. Sie glaubte alles, was Arthur und Willem über die Wirkung von Alkohol in Höhenluft gesagt hatten. Sie nahm nur den kleinen Schluck, den Patrick ihr aus seinem Becher bot. Sein Verhalten und sein Verständnis für ihre physischen Möglichkeiten und Begrenzungen waren untadelig.
    »Ich denke, die Frage – na ja, das ist wohl immer die Frage – ist, ob wir überhaupt versuchen sollten, die Massai ins zwanzigste Jahrhundert zu holen.«
    Willem legte das Dilemma auf den Tisch, da konnten sie es alle bestaunen und sich, wenn sie wollten, die Zähne daran ausbeißen.
    »Ich bin der Meinung, dass es unerlässlich ist«, sagte Arthur. »Sie sehen ja königlich aus in ihren Gewändern und ihrem Maridadi, aber ihr wärt entsetzt, wenn ihr mal in die Enkangs reisen würdet, wie ich das getan habe. Um die Augen der Säuglinge schwirren Fliegenschwärme in der Größe von Tennisbällen. Der Qualm in den Hütten erstickt einen fast. Die medizinische Versorgung ist so primitiv, dass sie mehr schadet als nützt.«
    Margaret fragte sich, was Arthur veranlasst hatte, die Enkangs zu besuchen. Hatte er den Massai Zahnpasta verkaufen wollen?
    »Aber sie wissen, wer sie sind«, hielt Patrick dem entgegen. »Sie leben in einer uralten Nomadengesellschaft, die seit Jahrhunderten größtenteils intakt geblieben ist. Sie nehmen die Aufgabe sehr ernst, das Ihre zu beschützen, aber sie sind zufriedene Menschen. Sie sind weder teilnahmslos noch faul oder gelangweilt. Sie haben einen tiefen Glauben an ihre Gottheiten, Rituale und Zeremonien.«
    »Sie haben keine Bildung«, rief Arthur.
    »Nicht unsere, das ist wahr. Aber innerhalb ihrer eigenen Kultur und Lebensweise sind sie gebildet.«
    »Aber wir leben im zwanzigsten Jahrhundert und nicht im sechzehnten, verdammt noch mal. Der Mensch muss sich anpassen, auf die Gegebenheiten einstellen, wenn er sich

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