Das erste Jahr ihrer Ehe
Margaret sofort von sich.
Sie dachte an Arthurs Blick und wickelte das Handtuch wie eine Khanga um ihre Hüften. Sie zog die Wanderstiefel an, die Patrick so akribisch inspiziert hatte. Beim Weitergehen war sie ungeheuer vorsichtig, blickte niemals auf, immer auf der Hut vor dem Biss einer versteckten Ameise. Ihre Lippen schwollen an, sie mussten anhalten, damit Patrick sie sich ansehen konnte. Er fragte, ob jemand Benadryl mithätte, aber niemand hatte an so etwas gedacht. »Setzen Sie es auf die Liste«, sagte Willem. Margaret konnte nur nicken, sprechen war zu schmerzhaft. Patrick stützte sie, als sie zum Rover zurückgingen. An diesem Tag blieb Denys Finch Hattons letzte Ruhestätte unbesichtigt.
Diana war schweigsam, als sie sie den Berg hinunterführte. Arthur ging, wie Margaret bemerkte, am Schluss.
Später wurde erwogen, die große Tour aufzuschieben. Aber davon wollte Margaret nichts hören. Sie würden gehen. Auch Diana bestand darauf. »Bis dahin ist sie wieder wie neu«, prophezeite sie.
Nach der Heimkehr fielen Ameisen in Margarets Träume ein wie bei einem Mittagessen im Freien: Der gigantische braune Euphorbiabaum vor ihrem Schlafzimmerfenster schien durch das Fliegengitter zu stoßen und sie von Zeit zu Zeit anzustupsen. Patrick gab ihr Tabletten. Die Quaddeln begannen zuerst zu jucken und dann zu bluten, als sie kratzte. Patrick wickelte sie in Verbände ein, um zu verhindern, dass sie weiterkratzte und die Quaddeln sich entzündeten. Nachts fürchtete sie sich halb zu Tode vor dem, was unter dem Bett lauern könnte. Sie trug nur noch Schuhe mit Plateausohlen und schaute unablässig auf ihre Füße, als sie begann, sich wieder aus dem Haus zu wagen. Sie würde den Gipfel des Mount Kenya nie zu sehen bekommen, dachte sie, weil sie es nicht wagen würde, den Blick vom Boden zu heben.
Am Mittwochabend, als Margaret, wie Diana vorhergesagt hatte, wieder »wie neu« war, klopfte es laut an der Tür. Patrick holte sich einen dicken Stock, den er im Schrank stehen hatte. Er sagte Margaret, sie solle ins Schlafzimmer gehen und die Tür abschließen, aber das tat sie nicht. Wie sollte Patrick mit heiler Haut davonkommen, wenn sie ihn aussperrte? Patrick rief durch die Tür, und selbst hinten im Haus konnte Margaret Dianas Stimme erkennen. Diana trat im selben Moment ins Wohnzimmer, als Margaret um die Ecke kam. Sie war in Begleitung von Adhiambo, der Ayah der Kinder, die sich ein Tuch vor Mund und Nase hielt, vergeblich bemüht, ihr Gesicht zu verdecken.
»Sie sagt, sie sei vergewaltigt worden«, erklärte Diana. Man brauchte die junge Afrikanerin nur anzusehen, um zu wissen, dass ihr etwas Grauenvolles zugestoßen war. Ihre Bluse war zerrissen, und über ihre Khanga in Rot und Rosé zog sich vom Fuß bis zur Hüfte hin ein langer Schmutzstreifen.
»Sie hat uns um Hilfe gebeten«, sagte Diana. »Aber ich kann sie nicht im Haus behalten. Wegen der Kinder. Das geht einfach nicht. Bei ihrem Zustand. Ich würde sie gern hier bei Ihnen lassen, wenn es möglich ist. Ich meine, anders geht es nicht. Morgen bringt James sie nach Hause und sorgt dafür, dass ihre Hütte richtig gesichert wird.«
»Aber natürlich«, sagte Margaret. Sie bot Adhiambo die Hand, um sie hereinzubitten, und hielt inne, als ihr einfiel, welche Angst Adhiambo vor der Berührung einer fremden Person haben musste. Oder wäre die Berührung einer Frau vielleicht willkommen?
Diana rieb sich die Stirn. »Ein Unglück kommt selten allein«, sagte sie.
Erst als Margaret die Tür geschlossen hatte, fragte sie sich, wie Diana das genau gemeint hatte.
Adhiambo sprach nicht. Patrick wollte sie in ein Krankenhaus bringen, aber sie lehnte mit heftigem Kopfschütteln ab, als er es vorschlug. Das Tuch, hinter dem sie ihr Gesicht zu verstecken suchte, war blutig, und Margaret bemerkte eine Schwellung an ihrer Augenbraue, fast eine Beule. Sie gab Adhiambo ein Glas Wasser. Sie hätte sie gern gefragt, was passiert war, aber sie wusste schon, dass die Frau nicht bereit war, darüber zu sprechen. Patrick griff frustriert zum Telefon.
»Nein«, sagte Margaret, und er legte wieder auf.
»Dann lass mich wenigstens mal nachsehen.«
Margaret erklärte Adhiambo, dass Patrick Arzt war. Sie sagte, er wolle sie nur vorsichtshalber untersuchen. Wie-der schüttelte Adhiambo den Kopf und wandte sich zur Tür.
Margaret lief um sie herum und schnitt ihr den Weg ab. »Niemand rührt Sie an«, versicherte sie. Sie drehte sich um und ermunterte, während sie
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