Das erste Jahr ihrer Ehe
Gletscher und erreichte am 13. September mittags mit seinen Begleitern den Batian, einen der Gipfel des Mount-Kenya-Massivs.
Während des Zweiten Weltkriegs flohen drei italienische Kriegsgefangene unter Führung von Felice Benuzzi aus dem Lager in Nanyuki, um den Mount Kenya zu bezwingen. Sie taten es, weil Benuzzi unbedingt auf den Gipfel des Berges wollte, den er monatelang angestarrt hatte. Später »flohen« sie ihrem ursprünglichen Plan gemäß zurück ins Gefangenenlager.
A uf der Probewanderung gingen sie hintereinander: Willem voraus, gefolgt von Saartje; dann Diana mit Arthur; und zum Schluss Margaret und Patrick. Sie hatte Patrick gebeten, sie als Letzte gehen zu lassen, da sie wahrscheinlich die Langsamste sein würde, aber er erklärte, das sei zu unsicher. Bei einer Bergwanderung sei es das Beste, wenn jeweils ein Mann an der Spitze und am Schluss der Gruppe gehe. Margaret dachte daran, unter Berufung auf die Gleichberechtigung zu protestieren, fragte sich dann aber, ob Patrick vielleicht etwas wusste, was sie nicht wusste. Mit einem Blick nach vorn stellte sie fest, dass, soweit erkennbar, niemand eine Waffe trug.
Sie spürte sehr schnell ihre Grenzen. Das Atmen wurde ihr schwer in der Höhenluft, und ihr Herz klopfte hörbar. Die anderen trugen alle Shorts und sahen aus wie echte Bergsteiger in ihren hohen Socken und ausgetretenen Stiefeln. Willem und Arthur waren ganz in Kaki. Patrick hatte ein abgetragenes T-Shirt an, auf dem McGovern stand.
Den leichten Beschwerden in der Brust zum Trotz verlieh Euphorie Margaret Entschlossenheit und Schwung. Auf dem Weg zum ersten Buckel bot sich ein Blick über das Rift, der alle ihre Erwartungen übertraf – weit und tief und scheinbar endlos. Die Temperaturen im Tal lagen sicher um die vierzig Grad. Den Menschen dort unten – den Massai, die auf diese Entfernung nicht zu sehen waren – musste es leichtfallen zu glauben, sie seien die einzigen Bewohner der Erde, die Auserwählten, deren Obhut, wenn nicht demütiger Würdigung, alles, was sie umgibt, anvertraut ist. Bei Geschöpfen, die solch ursprünglicher Schönheit entstammten, würde sich beinahe mit Sicherheit ein Gefühl der Überlegenheit einstellen. Margaret wusste, dass die nilotischen Massai hartnäckig an ihrem Glauben und ihren Sitten festhielten: dem Nomadenleben, den althergebrachten Ritualen und dem Brauch, sich vom Blut und von der Milch von Kühen zu ernähren, wenig beneidenswerte Kost, die sie jedoch zu beneidenswert großen, schlanken Menschen gemacht hat.
Sie gingen durch Grasland, das an englische Wiesen erinnerte, Felder voller wilder Blumen verschiedenster Art, darunter einige, die keiner von ihnen benennen konnte. Neben Euphorie brachte der stetige Anstieg einen sanften Nebel der Schläfrigkeit hervor, und manchmal wünschte Margaret sich nichts mehr, als den Weg zu verlassen und sich mitten in diesen Blumen niederzulegen. Es schien Belohnung genug. Warum weiter hinaufsteigen nach diesem Paradies? Nur um sagen zu können, dass sie es geschafft hatte? Sie nahm sich vor, nach der Mount-Kenya-Tour mit Patrick hierher zurückzukehren und zu verweilen.
Es war grünes, fruchtbares, hügeliges Land, und sie verstand sofort, warum die Briten sich hier niedergelassen hatten. Sie kamen an den Überresten alter Farmen vorbei: Fundamente, Steinmauern und Pfade, die von Tieren ausgetreten schienen. Patrick holte sie ein und legte seinen Arm über ihre Schulter.
»Wie geht es?«
»Es ist wunderbar.« Sie merkte, wie atemlos ihre Worte klangen.
»Halt an, wenn du rasten willst. Wir holen die anderen schon wieder ein. Auf dem Weg hier kann man sich nicht verlaufen.«
Am liebsten hätte Margaret gesagt, ja, lassen wir die anderen gehen und genießen das allein, aber irgendetwas – Angepasstheit? Der Widerwille, eine Szene heraufzubeschwören? Stolz? – zwang sie, lächelnd den Kopf zu schütteln.
»Mir geht’s gut«, sagte sie.
Als sie endlich Rast machten, hatte Margaret das Gefühl, keinen Fuß mehr vor den anderen setzen zu können. Mit jedem Schritt in die Höhe war das beständige Hämmern in ihrer Brust nachdrücklicher geworden. Sie brauchte Wasser, und sie brauchte es schnell. Sie hatte vergessen, wer das Wasser hatte. In ihrem eigenen Rucksack trug sie eine Flasche Wein und einen Laib frisch gebackenes Brot – köstlich unter anderen Umständen, aber jetzt wenig hilfreich.
Sie setzte sich nieder, wo sie stand. Das schöne Gras war trügerisch: nicht weich, sondern scharf
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