Das erste Jahr ihrer Ehe
Schritt für Schritt rückwärts durchs Wohnzimmer ging, Adhiambo ihr zu folgen, bis sie das Schlafzimmer erreichten.
»Ich lasse Ihnen ein Bad einlaufen«, sagte sie. Adhiambo blieb stehen. Sie hatte eine Spur von Blutflecken auf dem Boden hinterlassen. Margaret sah die Szene vor sich: das zerbrochene Glas, die Scherben auf dem Fußboden.
»Bitte schauen Sie sich Ihre Füße genau an, bevor Sie in die Wanne steigen. Vielleicht sind Sie in Glas getreten. Warten Sie bis es zu bluten aufhört, ehe Sie ins Wasser steigen. Wenn Sie für hinterher Pflaster brauchen, im Apothekerschränkchen liegen welche.«
Margaret trat ins Badezimmer und drehte die Wasserhähne der Wanne auf. Von einem Bord nahm sie zwei frische Handtücher und legte sie auf eine Kommode. Bevor sie Adhiambo hereinließ, suchte sie frische Unterwäsche, eine Khanga und eine Bluse heraus. Adhiambo hatte etwa ihre Konfektionsgröße. Die Kleidungsstücke legte sie ebenfalls auf die Kommode. Dann nickte sie, und Adhiambo trat ins Bad. Margaret kam der Gedanke an Selbstmord. Sie nahm Patricks Rasierer und die Schere aus dem Schränkchen und murmelte etwas davon, dass er die Sachen brauche. Adhiambo schien zu tief erschöpft, um die Energie aufzubringen, Hand an sich zu legen. Margaret ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Sie zog das Bett ab und machte es frisch. Sie nahm einige persönliche und möglicherweise gefährliche Dinge von sich und Patrick aus den Schubladen und gab sie Patrick, damit er sie weglegte. Sie bat ihn, die Luftmatratzen zu holen, die sie für die Tour gekauft hatten, und sie aufzublasen. Dann setzte sie sich aufs Bett, stand aber nervös gleich wieder auf und drückte ihr Ohr an die Tür. Sie hörte kein Weinen. Nur das gelegentliche Plätschern des Wassers. Sie konnte sich nicht vorstellen, was der Frau durch den Kopf ging.
Als Adhiambo in Margarets Kleidern und mit einem Frottiertuch um die Haare aus dem Bad kam, trug sie ihre eigenen beschmutzten Sachen in einem ordentlichen, in ihre Bluse geknoteten Bündel. Margaret streckte die Hand aus, um es ihr abzunehmen, aber Adhiambo wich ihr hastig aus. Margaret wies zum Bett. Sie legte ihre Hand auf die stramm gespannte Decke. Adhiambo nickte, unfähig, Einwendungen zu erheben oder abzulehnen. Sie war jenseits aller Höflichkeiten.
Bevor Margaret ging, schlug sie das Bett auf. Sie konnte sich vorstellen, dass Adhiambo sich, um das Bett möglichst wenig in Unordnung zu bringen, nur auf die Decke und nicht darunter legen würde. Dabei zitterte sie schon jetzt. Margaret wollte, dass sie unter die Decke kroch.
Als sie hinauskam, blies Patrick gerade die zweite Luftmatratze auf. Er war rot im Gesicht. Er drückte das Ventil zusammen und holte tief Luft. »In der Höhe wird das verdammt anstrengend werden«, sagte er. »War vielleicht keine so glänzende Idee.«
Margarets Hände begannen zu zittern, immer das erste Anzeichen von Schock.
»Hättest du mich mal Hilfe holen lassen«, sagte er.
»Sie wäre nicht mitgekommen.«
»Vielleicht hat sie innere Verletzungen. Ich hätte sie untersuchen können.«
»Du hast sie doch gesehen. Sie wäre beinahe davongelaufen. Was wäre dann jetzt mit ihr? Wo wäre sie gelandet?«
»So ein Mist«, sagte Patrick.
»Lassen wir sie einfach schlafen. Morgen kommt James, mit dem wird sie sicher reden. Dann kann er uns sagen, was passiert ist. Und vielleicht können wir sie dann in ein Krankenhaus bringen.«
»Glaubst du das wirklich?«, fragte er.
»Nein. Sie wird niemals jemanden beschuldigen. Sie würde geächtet werden, vielleicht von ihrer Familie ausgestoßen. Du hast doch gesehen, wie sie sich fühlt.«
»Sie schämt sich.«
»Genau. Sie schämt sich. Es ist nicht so wie bei uns zu Hause.«
Patrick schüttelte den Kopf. »So«, sagte er, als er die zweite Matratze fertig aufgeblasen hatte, und ließ sich rückwärts darauf niederfallen.
Sie rollten die Schlafsäcke aus. Kissen hatten sie keine. Patrick kramte ihre Daunenjacken heraus und drückte sie zu Kopfkissen zusammen. Nicht gerade ideal, aber annehmbar.
»Ich muss pinkeln«, sagte Margaret, »aber ich möchte sie nicht stören. Sie könnte einen Riesenschrecken bekommen, wenn sie jemanden die Tür aufmachen sieht.«
»Nimm einen Eimer.«
»Haben wir einen Eimer?«
»Wir haben einen Kochtopf.«
»Einen Kochtopf nehme ich bestimmt nicht. Dann muss ich eben rausgehen.«
Margaret schlüpfte in ihre Sandalen. Die Quaddeln sahen hässlich aus, aber sie juckten nicht mehr. Sie
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