Das erste Jahr ihrer Ehe
Aufforderungen, wiederzukommen, wurden sie verabschiedet, als sie die Shamba wieder verließen. Margarets Einladung an die Familie, sie in Karen zu besuchen, wurde mit gedämpftem Enthusiasmus aufgenommen. (Am vierten Juli empfingen Patrick und Margaret Munira mit seiner Großfamilie zu einem typisch amerikanischen Essen in ihrem Haus. Es gab Hamburger, Kartoffelsalat, Krautsalat und, zum Nachtisch, Erdbeertörtchen. Die Afrikaner rührten die Speisen kaum an. Sie waren nicht dazu zu bringen, die Hamburger aus der Hand zu essen, obwohl Margaret und Patrick ihnen zeigten, wie man es machte. Sie stocherten im Krautsalat herum, aßen den Kartoffelsalat – meinten allerdings, er schmecke sauer – und kosteten nur von den Erdbeertörtchen. Zu süß, erklärten sie.)
Kurz bevor Margaret und Patrick in Muniras Wagen stiegen, um wieder nach Hause zu fahren, übergab Muniras Schwester Margaret einen Korb mit Papayas und den Teppich, den sie bei ihrem Besuch in der Hütte so ausgiebig bewundert hatte. Margaret war erschrocken über dieses selbstlose Geschenk und erklärte, sie könne den Teppich unmöglich annehmen, dann werde der Familie ja nur der nackte Lehmboden bleiben. Am Ende wurde der Teppich durch das hintere Fenster hineingeschoben, ihnen direkt auf die Knie. Margaret war die ganze Sache ungeheuer peinlich, aber sie dankte ihnen überschwänglich für das großzügige Geschenk. Sie wusste, sie würde nie wieder den Fehler begehen, ein Stück zu bewundern, das einer anderen Frau gehörte.
Einmal unternahm Margaret einen Ausflug ohne Patrick. Aarya und Karim, ein pakistanisches Ehepaar, das bei der UNICEF tätig war, und bei Margaret und Patrick in Karen direkt nebenan wohnte, hatten die Genehmigung erhalten, einer Zeremonie der Massai beizuwohnen, die nur einmal alle zwanzig Jahre abgehalten wurde. Aarya fragte Margaret, ob sie Lust habe mitzukommen. Sie könne bei der Gelegenheit vielleicht ein paar Aufnahmen machen, die Aarya und Karim zur Dokumentierung des Siku Kuu verwenden könnten.
Auf einer tückischen, gewundenen Straße fuhren sie zum heißen, staubigen Grund des Rift Valley hinunter. Der Ort, an dem die Feierlichkeiten stattfinden sollten, war leicht zu finden: Zweihundertfünfzig Hütten bildeten dort einen Kreis von etwa achthundert Metern Durchmesser. Margaret war, als reisten sie durch die Zeit zurück zu einer uralten Stätte. Nachdem sie den VW Kombi, den Aarya von der UNICEF ausgeliehen hatte, in der Nähe der Kreisöffnung geparkt hatten, kletterten sie auf das Wagendach. Ein Wind kam auf und schlug Margaret Staub ins schweißfeuchte Gesicht. Sie hatte zum Glück einen Hut und eine Sonnenbrille mitgenommen. Ohne sie hätte sie wahrscheinlich einen Hitzschlag bekommen.
Es war eine Zeremonie der Frauen, die sie an diesem Tag vom Dach des Kombi aus miterleben würden. Die Männer hatten schon zwei Tage vorher ihr Ritual abgehalten, bei dem eine Gruppe junger Männer den Übergang aus der Altersklasse der Krieger in die der jüngeren Ältesten vollzogen hatte.
Es ging bei dieser Zeremonie um ein Ritual, das den teilnehmenden Frauen Fruchtbarkeit garantieren sollte. Zweitausend Massai, die von so weit entfernten Orten wie Kajiado gekommen waren, wohnten den Feierlichkeiten bei, die den ganzen Tag dauerten.
An die fünfhundert Frauen versammelten sich in der Mitte des Hüttenkreises und begannen zu singen und zu tanzen. Sie sahen prächtig aus, jede eine Königin in ihrem perlenglänzenden Maridadi und ihrem roten Tuch. Die Köpfe der Frauen waren kahl geschoren, von ihren langgezogenen Ohrläppchen fielen schwere Schmuckgehänge (manchmal Filmdosen) herab. Immer wieder warfen sich mehrere Frauen zu Boden und schlugen sich laut klagend auf die Brüste.
»Das sind die Frauen, die keine Kinder geboren haben«, erklärte Aarya, die neben Margaret auf dem Dach des Kombis saß.
Der Tanz fand seinen Höhepunkt in einem Ritual, das in vier Schritten ablief. Eine nach der anderen traten die Massai-Frauen zu einem Bad aus Honigbier, das in einem Trog aus Dung angerichtet war. Sie tauchten die Hand in die Flüssigkeit und verrieben diese auf den Innenseiten ihrer Oberschenkel. Dann gingen sie weiter zu einem anderen, aus Tierhaut gefertigten Gefäß mit Honigbier und knieten nieder, um daraus zu trinken oder von den Männern leichte Schläge mit einem mit der Flüssigkeit benetzten Laubzweig versetzt zu bekommen. Die Behandlung hing jeweils vom Familienstand der Frauen ab. Von da begaben sie sich zu einer
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